Bundes-Linke gegen Saar-Linke Nächster Akt in der Kimmich-Impfdebatte: Linke streiten in sozialen Medien über Lafontaines Impf-Äußerungen

Saarbrücken/Berlin · Die Aufregung um die Äußerungen des Fußballers Joshua Kimmich zur Corona-Impfung geht in die nächste Runde – und schlägt in den sozialen Medien Wellen, die einen Konflikt zwischen den Linken auf Landes- und Bundesebene auslösen könnten. Ein virologischer Social-Media-Konflikt in vier Akten.

 Der saarländische Linken-Politiker Oskar Lafontaine pflichtet den Impfbedenken des Fußballers Joshua Kimmich auf Facebook bei, die Landtagsfraktion pflichtet ihm wiederum auf Twitter bei – und Linke außerhalb des Saarlands halten ebenso vehement dagegen.

Der saarländische Linken-Politiker Oskar Lafontaine pflichtet den Impfbedenken des Fußballers Joshua Kimmich auf Facebook bei, die Landtagsfraktion pflichtet ihm wiederum auf Twitter bei – und Linke außerhalb des Saarlands halten ebenso vehement dagegen.

Foto: dpa/Martin Schutt

Es begann mehr oder weniger harmlos und schlug in den sozialen Medien Wellen, die zu einem Streit zwischen den Linken auf Landes- und Bundesebene führen könnten: Mit den Äußerungen des Bayern-Fußballers Joshua Kimmich begann ein virologischer Social-Media-Konflikt in vier Akten.

Akt 1: Welches mediale und politische Interesse seine Äußerungen auf sich ziehen würden, konnte Kimmich natürlich nicht ahnen, als er am Samstag einräumte, dass er sich bislang nicht gegen Corona impfen gelassen habe. Er habe „persönlich noch ein paar Bedenken, gerade, was fehlende Langzeitstudien angeht“.

So hatte er den Stein ins Rollen gebracht. Zunächst äußerte sich der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens: „Joshua Kimmich ist sicher ein ausgewiesener Fachmann in Fragen des Fußballs, aber kein Fachmann in Fragen der Impfung und der Impfstoffe“, sagte er in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Akt 2: Damit zog der Virologe – erneut – den Zorn des saarländischen Linken-Politikers Oskar Lafontaine auf sich: „Kimmich kann klar denken und hat Recht!“, verkündete dieser per Facebook. In dem Post polemisiert Lafontaine – der schon mehrmals Impfungen und Verordnungen in der Corona-Krise kritisiert hatte – gegen „sogenannte Experten“: Er bezeichnet Mertens und Klaus Cichutek, den Chef des Paul-Ehrlich-Instituts, als „Covidioten“ und findet sogar Platz, SPD-Politiker und Epidemiologen Karl Lauterbach erneut als „Covid-Heulboje“ zu betiteln.

Lafontaine wirft ihnen vor, mögliche Langzeitnebenwirkungen der Impfstoffe nicht ernst genug zu nehmen. Ob er ihnen dabei Inkompetenz oder boshafte Motive unterstellt, lässt er offen – deutet aber mit einem Seitenhieb auf die Pharmaindustrie Geldgier als Motiv an. In dem umfangreichen Facebook-Beitrag bezieht Lafontaine sich auf einen Beitrag des Wirtschaftsjournalisten Norbert Häring, der in den NachDenkSeiten erschienen ist – einem Nachrichtenblog, der sich als „kritische Website für alle, die sich noch eigene Gedanken machen“ bezeichnet.

Akt 3: Dann geschah etwas unerwartetes: Die Landtagsfraktion der Linken im Saarland pflichtete Lafontaine bei – öffentlich auf ihrem offiziellen Twitter-Account. Kimmich könne „klarer denken als einige der sogenannten Experten“, heißt es da. Das schlug ein: mehr als 2400 Likes, mehr als 1000 Retweets, mehr als 1400 – kritische und beipflichtende – Kommentare innerhalb von zwei Tagen.

Lafontaine, der gerne mit seiner Meinung vorprescht, ist sich nicht immer mit der eigenen Partei einig. Zuletzt hatte er den Saarländern sogar empfohlen, seine Partei bei der Bundestagswahl nicht zu wählen und kündigte an, bei der Landtagswahl im März 2022 nicht mehr zu kandidieren. Und dennoch suggeriert die Linke mit einem offiziellen Tweet Einigkeit über das Thema Corona-Impfung.

Akt 4: Ob diese Einigkeit unter den Saar-Linken tatsächlich herrscht, steht selbstverständlich auf einem anderen Blatt geschrieben. Fest steht aber: Über die Grenzen des Saarlandes hinaus herrscht sie auf keinen Fall. Nur einen Tag nach dem Tweet der saarländischen Linksfraktion meldete sich Martina Renner, stellvertretende Vorsitzende der Linken und Mitglied des Bundestages, ebenfalls per Twitter zu Wort – und hielt vehement dagegen: Als „Raunen statt Wissen, Entsolidarisierung statt Schutz der Schwachen, Türöffner für Verschwörungsdenken statt Zurückweisen“ bezeichnet sie Lafontaines Äußerungen. Dass eine Fraktion der Linken dieses „Schüren von Ängsten“ verbreite, mache es noch schlimmer.

Fortsetzung folgt? Linken-Politiker aus anderen Bundesländern stimmten ihr in Kommentaren und Retweets zu. Die Linken-Vorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow und Janine Wissler meldeten sich in dieser Sache nicht zu Wort. Auch wurde vonseiten der Saar-Linken noch nicht zurückgefeuert oder nachgelegt. Es bleibt abzusehen, ob ein fünfter Akt folgt.

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