Saar-Premiere: Einschulung zum Halbjahr

Saarbrücken. Ein bisschen aufgeregt seien sie schon, gestehen Leon Perrera und Tiark Zehle. Lauter gute Wünsche, geschrieben auf Luftballons, Kärtchen und Kieselsteinen haben ihnen die anderen Kinder aus dem Montessori-Kinderhaus in Saarbrücken-Rußhütte gerade überreicht. Denn heute heißt es für Leon und Tiark Abschied nehmen von der Kindergartenzeit

 Leon Perrera (links) und Tiark Zehle (rechts) haben ihre Schultüten mitgebracht. Ihr Einschulung steht bevor. Foto: Becker & Bredel

Leon Perrera (links) und Tiark Zehle (rechts) haben ihre Schultüten mitgebracht. Ihr Einschulung steht bevor. Foto: Becker & Bredel

Saarbrücken. Ein bisschen aufgeregt seien sie schon, gestehen Leon Perrera und Tiark Zehle. Lauter gute Wünsche, geschrieben auf Luftballons, Kärtchen und Kieselsteinen haben ihnen die anderen Kinder aus dem Montessori-Kinderhaus in Saarbrücken-Rußhütte gerade überreicht. Denn heute heißt es für Leon und Tiark Abschied nehmen von der Kindergartenzeit. Ab heute besuchen die beiden Jungen die Montessori-Grundschule, gleich neben an. Möglich macht das ein vom Bildungsministerium genehmigter Schulversuch, der der Montessori-Grundschule die vorgezogene Einschulung zum Halbjahr erlaubt. "Dadurch können wir den Übergang vom Kindergarten zur Schule flexibler gestalten, so dass er der individuellen Entwicklung der Kinder gerecht wird", erklärt die Vorsitzende des Montessori-Landesverbandes, Ernesta Backes. Leon und Tiark, die beiden ersten Kinder, die von dem Versuch nun profitieren, seien einfach "reif" für die Schule. Normalerweise hätten sie noch ein halbes Jahr warten müssen. "Das hieße aber, die Kinder in ihrer Entwicklung zu bremsen, weniger in der kognitiven, als in der sozial-emotionalen", meint Backes, die als Montessori-Erzieherin im Kinderhaus arbeitet. Das Kinderhaus, eine Kindertagesstätte und die Schule seien ihren pädagogischen Konzepten aufeinander abgestimmt. Daher sei der Übergang für die beiden Schulanfänger auch in sozialer Hinsicht fließend: Man kenne sich untereinander, sie kämen in eine Gemeinschaft, die ihnen bereits vertraut sei. Ziel sei nicht, Kinder schneller durch die Grundschul-Laufbahn zu "peitschen", betont Backes. Ob sie die Schule in dreieinhalb oder viereinhalb Jahren absolvieren, werde von ihrer Entwicklung abhängen.Zur Montessori-Pädagogik gehört es, dass Kinder in jahrgangsgemischten Klassen unterrichtet werden. Auch darin gilt die Montessori-Schule im Saarland als Schulversuch. "Ziel des Versuchs ist es auszuprobieren, ob dadurch die soziale Kompetenz gestärkt, das Helferprinzip gefördert wird, Aggressionen besser abgebaut werden und eine individuelle Förderung von starken und schwachen Kindern erreicht wird", sagt Bildungsminister Klaus Kessler. Die halbjährliche Einschulung sei Bestandteil dieses Schulversuchs, der zeitlich nicht begrenzt sei. Die Ausweitung auf andere Schulen sei vorläufig nicht vorgesehen, so Kessler. Charakteristisch für einen Schulversuch sei ja, dass etwas erst einmal ausprobiert werde. Dafür führe er, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, das Schulvorbereitungsjahr für alle ein, das "ein Stück Grundschule in den Kindergarten bringen wird, ohne dass der aber zur Grundschule wird". Meinung

Der Rahmen muss stimmen

Von SZ-Redakteurin Esther Brenner Im Sinne individueller Förderung ist es richtig, auszuprobieren, Kinder auch zum Halbjahr einzuschulen. Für die Eltern der so genannten "Kann-Kinder" - das sind die, die nach dem 30. Juni eines Jahres geboren sind und im August zwar nicht schulpflichtig sind, aber auf Antrag eingeschult werden können - wäre dieses flexible Modell hilfreich. Denn ein Jahr ist in der Entwicklung eines Kindes eine lange Zeit. So kommt es immer wieder vor, dass Fünfjährige sich im Kindergarten langweilen oder aber mit der frühen Einschulung überfordert sind. Für diese Kinder wäre die Option einer Einschulung zum Halbjahr ein Segen. Vorausgesetzt, - und da liegt das Problem - , das pädagogische Konzept ist schlüssig und die Schule personell gut ausgestattet. Was in der Montessori-Schule mit ihrem durchlässigen, altersgemischten System klappen kann, wäre an vielen anderen Schulen ein Desaster.

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