"Wir sind die Rentnerband. . ."

Saarbrücken. Auf Neudeutsch könnte man diese rüstigen Kerle zwischen 66 und . . . die "Old men community" nennen. Sie selbst nennen sich die "Rentnerband". Das hat nichts mit Musik, mit Rock 'n' Roll, wie er früher war, oder Western Music zu tun

Saarbrücken. Auf Neudeutsch könnte man diese rüstigen Kerle zwischen 66 und . . . die "Old men community" nennen. Sie selbst nennen sich die "Rentnerband". Das hat nichts mit Musik, mit Rock 'n' Roll, wie er früher war, oder Western Music zu tun. Die 15 grauen Kerle sind sozusagen die Eingreiftruppe, die "Special Forces" des Landesverbandes Saar des Volksbundes deutsche Kriegsgräberfürsorge in Riegelsberg. Wenn es irgendwo in einem Kriegsgräberfriedhof etwas zu reparieren gibt im Amtsbezirk des VdK Saar, aber auch im Ausland, in Frankreich in Belgien, dann sind sie da. Sie sind Pensionäre, die meisten mit handwerklichen Berufen, Zimmerleute, Schreiner, Schlosser, Mechaniker, Elektriker, Bergleute und Hüttenarbeiter. Sie arbeiten ohne Lohn, ehrenamtlich, sozusagen für Kost und Logis und ohne viel Aufhebens davon zu machen. Und das seit 1987. Inzwischen ist ihr Hauptstützpunkt auf dem Soldatenfriedhof in Bergheim im Elsass, einem Winzerstädtchen mit 1800 Einwohnern, etwa 55 Kilometer südlich von Straßburg, auf dem 5300 Tote aus den beiden Weltkriegen, Deutsche und Franzosen, liegen. Die Rentnerband hat auf dem Friedhof eine alte Hütte entrümpelt und in vielen Jahren der ehrenamtlichen Tätigkeiten sozusagen zum Hauptquartier im Elsass ausgebaut. Edmar Greff, einer der Sprecher der Band, sagt: "Wir haben jetzt alles da. Auch Nasszellen, also Duschen und WCs eingerichtet. Hier sind wir ungefähr zehn Mal im Jahr. Wir kochen. Im Winter im Haus, und im Sommer wird draußen geschwenkt. Und wir halten auch Kontakt zur Bevölkerung. Die Leute hier kennen uns." Von Bergheim aus kümmern sie sich um andere Friedhöfe der Region, reparieren Gehwege und Wasserleitungen, schneiden Hecken, verputzen zerbröckelnde Friedhofsmauern und, und, und. Es sind die Soldatenfriedhöfe im Elsass von Colmar, von Thanville/Bas Rhin, Saulcy-sur-Meuerte/Vosges, Betrimoutier/Vosges, Ste.-Marie-aux-Mines/Ht. Rhin, Munster Ht-Rhin, Breitenbach/Ht.Rhin, Strasbourg-Cronenbourg/Bas Rhin und Guebviller/Ht-Rhin, die sie pflegen, auf denen über 30 000 französische und deutsche Soldaten aus beiden Weltkriegen liegen. Sie betreuen auch den Friedhof von Spicheren, wo die Toten der Schlacht von 1870 bestattet sind. Und inzwischen waren sie auch auf den deutschen Kriegsgräberfriedhöfen in Lommel in Belgien, in Frankreich in Valognes, Tereguier, Nantes, Dagneux, Niederbronn le Bains, in Metz und in Pornichet an der französischen Atlantikküste. Pornichet ist der Patenfriedhof des VdK-Saar. Dort habe ich die Rentnerband vor fünf Jahren das erste Mal getroffen - 60 Jahre nach Kriegsende. 4944 deutsche Soldaten liegen dort. Ich war mit der VdK-Saar-Delegation unterwegs, erlebte eine emotional aufwühlende Gedenkfeier, gestaltet von französischen Kriegsveteranen. Eine französische Militärkapelle spielte erst die Marseillaise, und dann "Ich hatt' einen Kameraden". Anschließend waren wir auf dem Friedhof von Berneuil, 100 Kilometer nördlich von Bordeaux. Und ich sah und hörte, wie sie arbeiteten und lebten. Schon morgens um 7.30 Uhr ratterten eine riesige Bohrmaschine und ein elektrischer Steinhammer: Sie verputzten rissige Mauern. Sie strichen die weißen Bänke. Ein eingespieltes Team, das ohne Hast und Hektik arbeitet. Damals sagte der Friedhofsverwalter Julien Hauser: "Wenn ich die Rentnerband nicht hätte, wüsste ich nicht, wie wir den Friedhof in Ordnung halten sollten." Während ihres Einsatzes in Berneuil wohnten sie in einer Kaserne der französischen Luftwaffe. Der Kommandeur der Kaserne ließ wegen der Rentnerband sogar die deutsche Flagge neben der Trikolore setzen. Zehn Euro Aufwandsentschädigung erhalten sie pro Tag. Wir waren mit einem kleinen Bus dort. Fahrtkosten entstanden keine. Das Essen bekamen sie zum Armee-Tarif; für 80 Cent das Frühstück, das Mittagessen für 1,80 Euro, erzählt mir der damalige Vorsitzende Guido Müller: "Da bleibt ja auch noch was für ein Feierabendbierchen übrig." Es waren ein paar Feierabendbierchen, die wir auf der Terrasse der Hütte des Friedhofs von Berneuil bei Schwenkbraten und gegrilltem Gemüse tranken. Es war eine gemütliche Männerrunde grauhaariger Senioren, die gerne zusammen sind und gerne helfen, weil es um eine gute Sache geht.Fünf Jahre später nach Berneuil und Pornichet haben wir uns für diese Reportage in der VdK-Geschäftsstelle in Riegelsberg verabredet. Und Edmar Greff und Joachim Büttner, der Geschäftsführer des VdK-Saar, die beide in Pornichet und Berneuil dabei waren, erzählen, wie alles anfing mit der Rentnerband damals 1987, als der "Wanderverein Güdesweiler" in die Normandie fuhr. Dort traf die Wandertruppe Jugendliche - die meisten waren Auszubildende der Saarberg AG - die unentgeltlich auf einem deutschen Soldatenfriedhof arbeiteten. Sichtlich beeindruckt fassten die Mitglieder des Wandervereins den Entschluss: "Was die Saarberg-Azubis können, können wir auch." Fünf Rentner fanden sich nach der Rückkehr zusammen und boten ihre unentgeltliche Arbeit dem VdK-Saar an. "Seitdem stieg die Zahl der Aktiven. Einige schieden aus Altersgründen aus. Zurzeit sind wir 15. Lass uns nicht so viel darüber reden", sagt Edmar Greff, "wir helfen gerne. Und wir haben Spaß an der Sache dabei und freuen uns, wenn uns die einheimische Bevölkerung akzeptiert und besucht." Nach einer nachdenklichen Pause sagt er: "Es darf sich nicht wiederholen, was geschehen ist. Auf Französisch heißt unser Motto und das der Kriegsgräberfürsorge: Nous travaillons pour la paix. Auf Deutsch: Wir arbeiten für den Frieden."

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