Bexbach Auf Umwegen zum Traumberuf

Bexbach · Richard Hinsberger aus Bexbach ist jetzt sein eigener Chef: Er hat sich selbständig gemacht und im früheren Traditionsgasthaus Funz’l in Bexbach ein Tanzlokal eröffnet.

 Gute Stimmung bei der Party: Richard Hinsberger aus Bexbach hat sich mit einem Tanzlokal selbständig gemacht.

Gute Stimmung bei der Party: Richard Hinsberger aus Bexbach hat sich mit einem Tanzlokal selbständig gemacht.

Foto: Jennifer Klein

„Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum“ – wie oft sind gerade in den vergangenen Wochen bei diversen Abschlussfeiern solche und ähnliche Sätze gefallen. Da sollen die jungen Menschen ihren Weg machen, ihr Leben in die Hand nehmen, ihre Berufung finden – glücklich, wer breit gestreute Interessen und entsprechend mehrere Jobmöglichkeiten hat. Oder sein Hobby zum Beruf machen kann. Und ob man dafür Kurvendiskussion und Kenntnisse im Sezieren einer Zwiebel braucht? Nicht unbedingt, meint Richard Hinsberger. Der 26-Jährige aus Bexbach hat sich – durchaus nach einigen Umwegen, Irrungen und Wirrungen – selbständig gemacht und sich mit seinem Tanzlokal einen Traum erfüllt.

Damit ist auch in das Traditionsgasthaus „Die Funz’l“ in der Rathausstraße, das lange leer stand, wieder Leben eingekehrt. Den Namen „Die Funz’l“ hat Hinsberger, dessen Familie in Niederbexbach lebt, behalten – „der Name ist so etabliert, wenn ich es umbenannt hätte, hätte doch nur jeder gesagt: dort, wo früher die Funz’l war“, meint er. Die langjährigen früheren Inhaber, die Familie Priester, der das Gebäude gehört, seien von der Idee eines Tanzlokals dort gleich angetan gewesen und hätten ihn sehr unterstützt. Seit Anfang Juni darf also in der Funz’l getanzt werden – die Eröffnung fiel noch in beste Baustellen-Zeiten, als in der Rathausstraße gebaggert und geteert wurde. Davon bekam man im Lokal dank der Öffnungszeiten – ab 17 Uhr – nicht allzuviel mit. „Ich finde es gut, was hier passiert in Sachen Stadtumgestaltung; wenn man sieht, was fertig ist, kann man sich schon vorstellen, dass es später gut aussehen wird“, erklärt Richard Hinsberger. „Natürlich ist jetzt noch Baustelle, aber man muss das längerfristig sehen und in die Zukunft denken.“

In die Zukunft denken, eigene Pläne und Projekte verfolgen – bisweilen auch gegen Widerstände - das ist etwas, das Hinsberger selbst erfahren hat. Und er räumt auch gerne ein, dass seine Eltern sich zeitweise gewiss auch gefragt hätten „Was soll nur aus dem Jungen werden?“. Denn der rebellierte als Jugendlicher schon früh gegen „das System“ und die damit einhergehende Erwartungshaltung – „mach‘ einen guten Schulabschluss, studier‘ oder lerne was Ordentliches, verdien‘ Geld“. Es fiel ihm leicht, sich Wissen anzueignen, aber er wollte nicht „unnütz Zeit damit zubringen etwas zu lernen, zu dem mir jeder Bezug fehlt“. So schmiss er schließlich die Schule, versuchte sich als Azubi mehr oder weniger erfolgreich in verschiedenen Berufen, zum Beispiel bei der Post oder auf dem Bau. „Und es war so gar nicht mein Ding“, gesteht er.

Er schrieb seine Erfahrungen und Überlegungen auf, unter dem schönen Titel „Was man in der Schule nicht lernt“. Das bestehende Schulsystem ziele oft nur auf die Ausbildung bestimmter Fähigkeiten ab, so Hinsbergers persönliche Meinung, die seien überwiegend kognitiver Natur – „Auswendiglernen, strukturierte Wissensaneignung, Schubladendenken, so könnte man es vielleicht zusammenfassen“. Wer in dieses Raster nicht passe, gehe unter – oder breche aus, ist Hinsbergers Meinung. „Noten oder ein bestimmter Abschluss, was sagt das denn wirklich über einen Menschen aus? – eigentlich gar nichts“, meint der Jung-Unternehmer im Rückblick auf die Schule. Dass er mit dieser Meinung polarisiert, oft auch aneckt, ist ihm bewusst. Aber Position beziehen ist ihm wichtig.

 Mr. DJ: Richard Hinsberger am Mischpult

Mr. DJ: Richard Hinsberger am Mischpult

Foto: Jennifer klein/Jennifer Klein

Wie soll man denn nun seine Begabungen finden und nutzen, sich etwas aufbauen? Ihn selbst hätten oft Vorbilder inspiriert, erklärt Richard Hinsberger. Wie der Fall eines Harvard-Studienabbrechers und späteren Professors zum Beispiel, der ein Buch geschrieben hatte mit dem Titel „Was man in Harvard nicht lernt“ – und prompt als Professor engagiert wurde. Kleine Randnotiz: Auf sein Buch hin wurde Hinsberger vom Direktor der IGS Contwig angesprochen, doch mal zu ergänzen, was denn im Lehrplan der Schule fehle, wie er mit einem Schmunzeln erzählt.

Nach seinen Berufsversuchen beschäftigte Richard Hinsberger sich mit Persönlichkeitsentwicklung, Motivation, Marketing, Teamwork, hielt Vorträge und Coachings. Merkte, dass er Menschen motivieren, für etwas begeistern kann. Und er gab Tanzkurse. Denn seine Leidenschaft fürs Tanzen hat ihn immer begleitet – „seit ich als Jugendlichen jemanden in der Disco tanzen gesehen hatte, wollte ich das auch können“. Er wollte diese Leidenschaft mit anderen teilen, arbeitete in Tanzschulen in Saarbrücken, Neunkirchen und Homburg. Und wollte auch da seinen eigenen Weg gehen. „Mir ging es weniger darum, vorgegebene Schritte und Folgen zu lernen beziehungsweise sie anderen beizubringen. Mir war  wichtig, dass die Leute gerne tanzen, sich wohlfühlen, einen entspannten Abend verbringen. Viele sagen: ‘Ich gehe erst tanzen, wenn ich es kann.’ Aber man ist nie wirklich bereit.“ Das gelte doch eigentlich bei allem im Leben: Einfach machen, nur Mut: „Man lernt immer erst, wenn man es macht.“

Er gab erste Kurse in einem Lokal in Neunkirchen, dann in Frankenholz im Bürgerzentrum. Bei einer Tanzparty in einer Kaiserslauterer Disco kamen aus dem Stand 200 Leute, nachdem er als DJ angekündigt war – „da wurde mir klar, das kann was werden. Mittlerweile mache ich das seit fünf Jahren, in denen ich mir einen Kundenstamm aufgebaut habe. Das ist die Basis.“ Die Kunden kommen teils auch von weiter her, aus Luxemburg oder Rheinland-Pfalz. Die Verkehrsanbindung in Bexbach ist günstig, die Städte Homburg, Neunkirchen, Kaiserslautern sind nicht weit weg. Soziale Medien und Internet spielen bei Kundenkontakt und Werbung eine wichtige Rolle, aber Hinsberger hat auch eigenhändig Flyer in Bexbach verteilt. „Viele, die etwas aufbauen wollen, scheitern einfach daran, dass keiner weiß, dass es sie gibt.“

Der Chef ist Gastgeber, Organisator, DJ, Entertainer; die Atmosphäre im Team ist familiär, „wir sind auch privat befreundet, jeder kann seine Ideen einbringen“. Die meisten Kunden kommen wegen des Tanzens – von Salsa über Disco Fox bis Jive – zu Kursen und Tanzpartys, aber auch zum Treff mit Freunden bei der Cocktailparty, zum „erst mal gucken“. Und so mancher traut sich dann doch auf die Tanzfläche. Wer lieber auf der Terrasse sitzen will, in entspannter Atmosphäre, bei Cocktails oder Tango-Crepes, ist gleichermaßen willkommen. Und klar: „Wenn Kurse sind, dann läuft Tanzmusik, von HipHop über Salsa bis Langsamer Walzer.“ Langweilig wird es jedenfalls nie.

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