Omas Wissen im Online-Zeitalter Jetzt geht’s aber ans Eingemachte

Homburg/Kreis Neunkirchen · Das Ehepaar Sylvia und Rainer Schumacher aus Homburg hat eine Facebook-Gruppe rund ums Einmachen und Einkochen gegründet. Inzwischen hat die Gruppe 14 000 Mitglieder in der ganzen Welt.

 Rainer Schumacher

Rainer Schumacher

Foto: Schumacher

Einkochen, einmachen – das ist doch nur etwas, was unsere Omas gemacht haben!? Dann sind die Omas derzeit aktueller denn je. Im Zuge eines gestiegenen Umwelt- und Ernährungsbewusstseins bei vielen liegt Einmachen wieder im Trend. Wie sonst ließe sich der Riesen-Erfolg erklären, den die Homburger Sylvia und Rainer Schumacher mit ihrer Facebookgruppe haben. „Einkochen und leckere Küche mit Sylvia“ heißt die Gruppe, die im September 2018 gegründet wurde. In 14 Monaten hat die Gruppe 14 000 Mitglieder auf der ganzen Welt gewonnen, wie die beiden nicht ohne Stolz berichten.

Sylvia Schumacher, liebevoll „Gruppen-Muddi“ genannt, hat schon in ihrer Jugend eingekocht. Sie wuchs bei ihrer Oma auf, „da war das ganz selbstverständlich: Marmelade, Kompott, Sauerkraut, Fleisch, Fisch, alles wurde eingemacht“, erzählt sie. Richtig Eingekochtes halte sich jahrelang, sagt sie.

Dass sich heute wieder so viele – auch junge – Menschen fürs Einmachen und Konservieren von Lebensmitteln interessieren, habe wohl mit einem veränderten Ernährungs- und Konsumverhalten zu tun. Wer zum Beispiel über Foodsharing Lebensmittel „rettet“, will sie ja auch sinnvoll verwerten. Da sprechen die Schumachers aus Erfahrung, sie sind selbst Mitglied in der Foodsharing-Gruppe Homburg. Und oft sind die geretteten Mengen zu groß, um sie in kurzer Zeit selbst zu verbrauchen. Aber auch ganz praktische Erwägungen spielen eine Rolle: Wer einkocht, weiß, was im Glas drin ist, ohne Zusatzstoffe – für Allergiker zum Beispiel ein Vorteil. Berufstätige bereiten sich so am Wochenende die Pausen-Mahlzeiten für unter der Woche vor. Selbstversorger verarbeiten die Erzeugnisse aus Garten oder Feld. Camper nehmen ihr Lieblingsessen mit auf Reisen – das sind nur ein paar Beispiele, die das Ehepaar Schumacher aus den Gesprächen in der Gruppe erfahren hat.

„Und es ist natürlich ein gutes Gefühl zu wissen, man hat einen Vorrat da, falls überraschend Besuch kommt“, sagt Rainer Schumacher. Oder Blitzeis – und das nächste Geschäft ist fünf Kilometer weg und nur mit dem Auto zu erreichen. Da sei man froh um jedes Glas Chili con Carne, Tomatensauce oder Hühnersuppe im Vorratskeller. Klar könne man manches auch einfrieren – aber der Platz in der Tiefkühltruhe sei auch begrenzt.

Abgesehen davon „macht es einfach Spaß, auch wir lernen immer noch dazu“, sagt Rainer Schumacher, der leidenschaftlicher Hobbykoch ist und darüber zum Einkochen kam. Und zum Beispiel zu Weihnachten oder auch als Mitbringsel seien Geschenke aus der eigenen Küche wunderbar.

Die Gruppenmitglieder tauschen Rezepte aus, man gibt sich gegenseitig Tipps. Ob Schraubdeckel-Gläser oder das klassische Bügelglas mit Gummiring, wie viel Gelierzucker in die Marmelade, welche Kochzeit und Temperatur, welcher Dampfgartopf ist der beste? Was macht man mit 20 Kilogramm Mandarinen? Der Austausch ist ebenso rege wie die Vielfalt der Themen. Es gibt Experten für Essig, andere für Nudeln, Süßes oder Brotbacken. Inzwischen haben sie das reine Einkochen erweitert auf verschiedene Arten der Konservierung: Räuchern, fermentieren, dörren gehören nun zum Repertoire. Außerdem alles rund um „leckere Küche“.

Das Betreuen der Gruppe ist recht zeit- und arbeitsintensiv, da fügt es sich gut, dass Sylvia in Rente und Rainer in Frührente ist, denn die meisten Ratsuchenden erwarten zügig eine Antwort. Und auch wenn nachts um ein Uhr jemand fragt, wie Reis eingekocht wird, ist die Chance hoch, dass die Schumachers oder einer der Moderatoren schnell eine Antwort parat hat. Sie kümmern sich um die Anfragen und darum, dass die Gruppenregeln eingehalten werden: „Die Atmosphäre und der Umgangston sind sehr freundlich und familiär, Humor wird groß geschrieben“, erklärt Rainer Schumacher. Regelmäßig postet Sylvia Beiträge zu verschiedenen Themen, wie Grundwissen zum Einkochen, Aufläufe oder Eingelegtes.

 Wenn die Quittenernte reichlich war, müssen die Früchte auch verarbeitet werden – kein Problem, wenn man weiß, wie’s geht.

Wenn die Quittenernte reichlich war, müssen die Früchte auch verarbeitet werden – kein Problem, wenn man weiß, wie’s geht.

Foto: gms/CMA
 Sylvia Schumacher

Sylvia Schumacher

Foto: Schumacher

Menschen aus 100 verschiedenen Ländern seien in der Gruppe – „sie alle helfen mit, dass altes Wissen rund ums Bewahren von Lebensmitteln nicht verloren geht. Die Gruppe bringt Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen, mit verschiedenen Religionen und Ernährungsweisen zusammen“, sagt Rainer Schumacher. Neulingen in Sachen Einkochen und Einmachen rät Sylvia Schumacher, es „zuerst mal in einem großen Topf zu probieren, bevor man teures Equipment anschafft, zum Beispiel mit Suppe, Eintopf oder Marmelade. Nur keine Scheu, ran ans Einmachen.“

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