Zurück ins normale Leben

St Ingbert · Leo Wagner und Daniel Noll haben sich am St. Ingberter Kreiskrankenhaus einer Adipositas-Operation unterzogen. Nachdem ihr krankhaftes Übergewicht nicht mehr in den Griff zu bekommen war, schien ihnen dies der letzte Ausweg zu sein. Bereut haben sie es nicht.

 Daniel Noll (links) und Leo Wagner (rechts) haben sich im St. Ingberter Kreiskrankenhaus von Chefarzt Dr. Matthias Schelden (im Hintergrund) operieren lassen. Sie zeigen Kleidungsstücke, die Wagner vor einem halben Jahr noch gepasst haben. Foto: Jörg Jacobi

Daniel Noll (links) und Leo Wagner (rechts) haben sich im St. Ingberter Kreiskrankenhaus von Chefarzt Dr. Matthias Schelden (im Hintergrund) operieren lassen. Sie zeigen Kleidungsstücke, die Wagner vor einem halben Jahr noch gepasst haben. Foto: Jörg Jacobi

Foto: Jörg Jacobi

Diät - Übergewicht, Diät - Übergewicht, Diät - Übergewicht. Von einem Teufelskreislauf berichtet Daniel Noll, auf Dauer schwer zu ertragen und für die Gesundheit zunehmend belastend. "Mit sechs großen Diäten habe ich insgesamt 200 Kilogramm verloren - dazwischen aber wieder 250 Kilogramm zugenommen." 154 Kilogramm habe er in den schlimmsten Tagen gewogen. Über die Jahre ging der Blutdruck hoch, vier Bandscheibenvorfälle quälten ihn, Diabetes (Zuckerkrankheit) kündigte sich an. Der 43-jährige Oberwürzbacher hat den Kampf zwischen den Polen festen Willens einerseits und großer Frustration andererseits beendet. Er hat sich im St. Ingberter Kreiskrankenhaus einer Magenverkleinerung unterzogen. Von Fress-Attacken und sich verschlimmerndem Diabetes berichtet Leo Wagner. "Das Hungergefühl war immer da", sagt der 58 Jahre alte Mann aus Friedrichsthal. Etliche Diäten seien fehlgeschlagen. Er habe sich schließlich nicht mehr wohlgefühlt in seiner Haut. Zuletzt musste er eine Insulinpumpe tragen. Das krankhafte Übergewicht von 135 Kilogramm - die Mediziner sprechen von "morbider Adipositas" - hat auch er mit Hilfe der Chirurgie in den Griff bekommen. In seinem Fall ist es ein "Magenbypass", der ihm im Kreiskrankenhaus gelegt wurde. Operiert hat die beiden Männer Doktor Matthias Schelden. Der Chirurgie-Chefarzt will im Klinikum der Mittelstadt ein Adipositas-Zentrum aufbauen. Dabei handelt es sich nicht um eine Art Schönheitschirurgie, sondern um eine Therapie für Menschen, deren Körpergewicht so groß ist, dass Begleiterkrankungen zu einem schweren gesundheitlichen Risiko werden. Die geläufigste Methode für die Bewertung des Körpergewichts ist der Body-Mass-Index (BMI). Wer in der Berechnungsformel einen Wert bis 25 erreicht, gilt als normalgewichtig. Ab einem BMI von 30 spricht die Medizin von Adipositas. Ab BMI 40 von morbider Adipositas. Und genau diese Gruppe ist es, bei der nach Scheldens Ausführungen ein chirurgischer Eingriff das notwendige Mittel sein kann. Der Chefarzt spricht um die Zweischneidigkeit des Ansatzes nicht herum: "Das Besondere bei der Adipositas-Chirurgie ist, dass ein gesundes Organ operiert wird." Medizin und Krankenkassen sähen das durchaus problematisch. Viele Hürden seien zu nehmen, ehe eine Kasse die Kostenübernahme zusichere. Unter anderem muss der Versuch professioneller Diäten dokumentiert sein, die körperliche Belastbarkeit geprüft und eine psychologische Ursache für die Fettleibigkeit ausgeschlossen sein. Voraussetzung ist auch, eine Selbsthilfegruppe besucht zu haben. Alle üblichen Wege, das Gewicht zu drücken, müssen mithin ausgeschöpft werden. Und Schelden bricht eine Lanze für die Eingriffe: Wer übergewichtig sei, müsse nicht automatisch mit Gesundheitsstörungen rechnen, räumt er ein, bei krankhafter Adipositas aber seien Folgekrankheiten zwangsläufig.

Daniel Noll und Leo Wagner gehören zu den ersten, die mit morbider Adipositas in St. Ingbert unter das Messer kamen. Sie seien im St. Ingberter Krankenhaus "hervorragend betreut" worden, sagen die beiden Männer. "Jeden Tag wieder", bekräftigt Noll. Auch früher sei er körperlich beweglich gewesen, aber jetzt empfinde er einen "Sprung nach oben". Der Berufsschullehrer erzählt, vor der OP am 12. Dezember habe er keinerlei Angstgefühl gehabt. Seine Frau habe ihm am Abend zuvor noch gesagt, er könne das Ganze auch abblasen - sie nehme ihn, wie er sei. Aber die Frage habe sich nicht gestellt. "Ich konnte irgendwann nicht mehr in den Spiegel schauen, wenn ich aus der Dusche kam." Nach der Magenverkleinerung wiegt er derzeit 106 Kilogramm, sein Blutdruck sei fast wieder normal. Sein Leidensgefährte Wagner ist runter auf 78 Kilo, die Diabetes habe sich deutlich verbessert. Beide berichten davon, wie angenehm es sei, wieder reguläre Konfektionsgrößen zu tragen. Normales Gewicht - das heißt für sie auch ein Stück weit normales Leben.

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HintergrundAuf der Internet-Seite der Deutschen Adipositas-Gesellschaft ist nachzulesen, Übergewicht und Fettleibigkeit hätten mittlerweile "das alarmierende Ausmaß einer Volkskrankheit". Chirurgie-Chefarzt Dr. Matthias Schelden will am Kreiskrankenhaus St. Ingbert ein Adipositas-Zentrum aufbauen. Seit Herbst vergangenen Jahres sind 19 Adipositas-Patienten operiert worden. Am Krankenhaus hat sich auch eine Adipositas-Selbsthilfegruppe gegründet. Sie trifft sich jeden zweiten Dienstag im Monat. Nähere Informationen gibt es in der Klinik unter Tel. (0 68 94) 10 80. mbe

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