Serie Museen im Saarland. Heute: Heimatstube Hassel Schuhmacher-Werkstatt und Küchen-Raritäten

St. Ingbert-Hassel · Zu Gast in der Heimatstube in St. Ingbert-Hassel: Ein bisschen mehr Platz, das wünscht sich der Heimat- und Verkehrsverein.

 Das ist Dieter Wirth in der Schuhmacher-Werkstatt. Er ist Stadtarchivar und Vorsitzender des Heimat- und Verkehrsvereins in Hassel.

Das ist Dieter Wirth in der Schuhmacher-Werkstatt. Er ist Stadtarchivar und Vorsitzender des Heimat- und Verkehrsvereins in Hassel.

Foto: BeckerBredel

Nanu, was ist denn das? Ein längst vergessener Topf mit Kurbel. Wer diese betätigt, stellt sicher, dass das Getreide im Innern des Küchenutensils umgerührt wird und damit nicht anbrennt, sondern gleichmäßig vor sich hin röstet – auf einem ebenso alten Herd, der einst von Hand mit Holz und Kohle befeuert wurde.

Dieter Wirth erklärt seinen Gästen an diesem Morgen, dass das im Topf geröstete Getreide als Kaffee-Ersatz diente. Muckefuck sagt manch ein Saarländer noch heute dazu. Wohl wissend, dass Kaffee einmal ein kostbares, für viele ein unerschwingliches Gut war.

Dieter Wirth – beruflich Leiter des St. Ingberter Stadtarchivs – ist seit dem Jahr 2002 der Vorsitzende des Heimat- und Verkehrsvereins Hassel. 1952 gegründet, sind aktuell in dem Verein rund 70 Mitglieder organisiert. Sie alle treibt eines um: der geschärfte Blick auf die Vergangenheit und deren Relikte. Und eben diese findet man in der vom Verein betreuten Heimatstube im ehemaligen Hasseler Rathaus.

Vor Eintritt in die Räumlichkeiten kann man schon auf dem Flur im ersten Obergeschoss eine ganze Reihe von interessanten Exponaten bestaunen. Unter anderem eine veritable „Siegel im Laufe der Jahrhunderte“-Sammlung und einen schweren grünlichen Brocken: „Das letzte Glas aus der ausgeräumten Schmelzwanne der Glashütte St. Ingbert“, kann man hier begleitend lesen Datum: 2. September 1975.

Und dann heißt es: Hereinspaziert in die gute Stube, die im Sommer des Jahres 1997 das Licht der Welt erblickte. Das Glanzstück der Hasseler Sammlung fällt da sogleich ins Auge: eine komplette Schuhmacher-Werkstatt mit großer Singer-Nähmaschine – weil das Leder für die Füße ja auch mit Nähten zusammengehalten wird.

Ebenfalls sehenswert und zum Schwärmen geeignet: eine Kücheneinrichtung mit vielen Details. Wobei über dem Ofen eine lange Damenunterhose baumelt. So als habe sie gerade jemand gewaschen und hier zum Trocknen aufgehängt.

Der Vorsitzende des Heimat und Verkehrsvereins bittet auch im Namen seiner Mitstreiter darum, ihn zu kontaktieren bei bemerkenswerten Funden auf Dachböden und in Kellern. Denn wer damit selbst nichts anfangen kann, könnte sie dem Verein vermachen. Dieter Wirth würde sie begutachten und gegebenenfalls in die Obhut seines Vereins übernehmen. Besonderes Interesse, so sagt er, bestehe an alten Fotografien, Festschriften, Medaillen und Anstecknadeln. Wer also mit seinem Besitz ein bisschen fremdelt, ist beim Stadtarchivar gut aufgehoben.

„Uns fehlt hinten und vorne der Platz“, sagt unser Gesprächspartner, und so müssten viele sehenswerte Exponate eingelagert bleiben. Sie sind so für die Nachwelt leider unsichtbar. Und in beengten Platzverhältnissen ist es auch kaum möglich, eine optimale Struktur in die Sammlung zu bringen. In eine Sammlung, die durch viele gespendete Gegenstände aus der Bevölkerung zustande kam.

Als wir gerade wieder im Aufbruch sind, fällt uns ein aufwendig gerahmter Brautkranz aus dem Jahr 1909 ins Auge. Mit Namen und Datum der Hochzeit. Allein dieses Exponat setzt Fantasie und Träume frei – in Richtung Vergangenheit in unserer Heimat.

Die Heimatstube Hassel ist nur nach vorheriger Anmeldung geöffnet, früher konnte man sie zu festen Terminen aufsuchen, „doch das stemmen wir nicht mehr“, sagt Dieter Wirth. Er öffnet auf Wunsch die Tür zu den Räumen, in denen das Hab und Gut unserer Vorfahren zu Hause ist. Kontakt: Tel. (0 68 94) 5 10 41 oder Tel. (0 68 94) 1 32 04.

Alle Serienteile zu den Museen im Saarland finden sich im Internet:

 Eine Rarität in der Heimatstube Hassel ist wohl dieser Topf. In ihm wurde Getreide geröstet – als Kaffeeersatz. Und regelmäßig per Kurbel oben umgerührt, damit nichts anbrennt.

Eine Rarität in der Heimatstube Hassel ist wohl dieser Topf. In ihm wurde Getreide geröstet – als Kaffeeersatz. Und regelmäßig per Kurbel oben umgerührt, damit nichts anbrennt.

Foto: BeckerBredel
 Diese leistungsstarke Nähmaschine ist Teil der Schuhmacher-Werkstatt, die die Heimatstube ihren Besuchern nicht ohne Stolz präsentiert.

Diese leistungsstarke Nähmaschine ist Teil der Schuhmacher-Werkstatt, die die Heimatstube ihren Besuchern nicht ohne Stolz präsentiert.

Foto: BeckerBredel
 Verschiedene Fleischwölfe und Mahlwerke kann man im kleinen Museum auch bestaunen und sich vom Chef erklären lassen.

Verschiedene Fleischwölfe und Mahlwerke kann man im kleinen Museum auch bestaunen und sich vom Chef erklären lassen.

Foto: BeckerBredel
 Wer Zeit hat und näher hinschaut, entdeckt wunderschöne Einzelstücke.

Wer Zeit hat und näher hinschaut, entdeckt wunderschöne Einzelstücke.

Foto: BeckerBredel
 Dies ist ein einst aufgefundener schwerer Glasblock der Glashütte St.Ingbert mit einer besonderen Vergangenheit, wie man unschwer lesen kann.

Dies ist ein einst aufgefundener schwerer Glasblock der Glashütte St.Ingbert mit einer besonderen Vergangenheit, wie man unschwer lesen kann.

Foto: BeckerBredel
 Hilfreiche Literatur aus vergangenen Zeiten findet man ebenfalls in Hassel.

Hilfreiche Literatur aus vergangenen Zeiten findet man ebenfalls in Hassel.

Foto: BeckerBredel
 Dieses schmucke Schild am Eingang des Hauses empfängt die Besucher. 

Dieses schmucke Schild am Eingang des Hauses empfängt die Besucher. 

Foto: BeckerBredel
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