Wochen-Kolumne Gänsehaut-Entzündung

In der St. Ingberter Fußgängerzone schweigt die Musik, warum auch immer. Ohnehin sind die Freiluft-Darbietungen wegen des nun einsetzenden Wetters passé. Und auch die manchmal schrillen Geräusche auf Terrassen der Gastronomie.

Wochenkolumne für St. Ingbert
Foto: SZ/Robby Lorenz

Es hat ein bisschen gedauert, bis ich es bemerkt habe. Obwohl das Fenster so gut wie immer offen steht. Bis auf neulich, als im Souterrain – vis à vis zu meinem Büroraum – eine mir unbekannte Frau auf der Gasthaus-Terrasse einen bislang nicht für möglich gehaltenen Lachanfall bekam. Muss ein wahnsinnig doller Witz gewesen sein, der dem Anfall voraus ging. Minutenlang dieses irre Gekreisch, halten Sie das mal aus! Nicht möglich, es ging durch Mark und Bein und wohl auch durch Wände. Ich musste unweigerlich an die Schilderung einer Wurzelbehandlung beim Zahnarzt aus Sicht eines Patienten denken. Der über mir im zweiten Stock thronende Zahnarzt, hat mir aber noch nie weh getan. Diese Dame jedoch hat’s geschafft. Gänsehaut-Entzündung – so nenne ich mal die Krankheit, die mich überfiel. Wobei wir wieder beim Ausgangspunkt sind:

Es hat also gedauert bis ich bemerkt habe, dass seit Tagen kein Freiluft-Musiker mehr seine Künste zum Besten gab. Obwohl das Wetter ja traumhaft war. Kein Gefiedel, kein Geklampfe woran liegt’s? Ganz St. Ingbert zu geizig? Keine Ahnung. Jedenfalls ist es still geworden. Und manche (nicht schrägen) Klänge, die fehlen mir schon.

Wenn wir in dieser Wochenend-Kolumne schon mal das Wort „Krankheit“ in den Mund genommen haben, wollen wir uns noch ein bisschen mit ihr verweilen. Jedenfalls erzählte mir diese Woche eine Freundin am Telefon, dass sie todsterbenskrank sei. Also mehr als ein Wehwehchen wie Laktose-Intoleranz. Oder heißt das Laktose-Inkontinenz? Nein, sie hatte einen grippalen Infekt und klang auch so. Pflichtbewusst wie sie aber nunmal ist – und das sind doch einige Leute, die ich kenne – blieb sie nicht zu Hause, sondern eilte zu ihrer Arbeitsstelle, weil: „Ich kann diese Woche nicht krank sein. Es ist zu viel zu tun.“

Ich habe ihr gesagt, dass es schon viele dienstlich ganz unentbehrliche Menschen in ganz ungünstigen Momenten dahingerafft hat. Dass sie nicht mal gefragt wurden, ob ihnen das gerade passt. Eigentlich unerhört so was.

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