Stadtentwicklungskonzept Wo noch gebaut und gearbeitet werden kann

St. Ingbert · Bei der Infoveranstaltung am Montag wurde der neue Stadtentwicklungsplan für St. Ingbert öffentlich präsentiert und diskutiert.

Die sogenannte Fideliswiese nahe der Südschule ist eine der Grünflächen, für deren Erhalt sich Bürger aussprachen.

Foto: Manfred Schetting

Eine schwierige Frage beschäftigt in St. Ingbert sowohl die Stadtverwaltung als auch die Bürger: Wie genau soll es in Sachen Wohnraum weitergehen? Von Investoren, die große Mehrfamilienbauten errichten wollen, war bereits vor über einem Jahr die Rede. Zudem stehen mehrere große Gebäude in der Innenstadt leer.

Der vorhandene Flächennutzungsplan der Stadt stammt noch von 1979. Die Zeit großer Baugebiete am Ortsrand ist jedoch vorbei, in der Stadt gibt es viele ungenutzte Häuser. Ein neuer Plan muss erstellt werden, doch dies bedarf mehrerer Schritte. Ein erster ist nun getan. Ein Grundlagenpapier soll dabei helfen, weiterführende Entscheidungen zu treffen. Die Forschungs- und Planungsbüros Isoplan aus Saarbrücken und MESS aus Kaiserslautern haben es erstellt. Viele Faktoren spielen bei der Stadtentwicklung eine Rolle. Allen voran die Entwicklung der Einwohnerzahlen in St. Ingbert in den kommenden Jahren und Jahrzehnten.

Karsten Schreiber von der Isoplan-Geschäftsführung berichtete im Detail, was diese erste Bestandsaufnahme ergab. Dabei lag der Fokus deutlich auf dem Thema Wohnraum. Im Saarland liege nach wie vor das Einfamilienhaus im Trend. Aber auch Eigentumswohnungen und Mehrgenerationenhäuser würden gesucht. Ebenso wie Mietwohnungen in allen Preisklassen. „Die Nachfrage, die an Wohnraum herrscht, ist sehr differenziert“, sagte Schreiber. Er prognostizierte, dass die Einwohnerzahl in St. Ingbert bis 2035 um 4800 bis 6000 Personen zurückgehen werde. Dennoch sei die genutzte Fläche pro Kopf größer und dem müsse sich die Stadtentwicklung anpassen.

Etwa 800 Häuser blieben derzeit ungenutzt, da sie nicht mehr dem heutigen Anspruch der Käufer genügten. Senioren- und behindertengerechte Wohnungen seien stattdessen gefragt. Wenn Hausbesitzer sterben, stünden die Gebäude leer. Manche würden schlicht nicht mehr benötigt, andere von den Eigentümern nicht zur Verfügung gestellt. „Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Bauland, die nicht gedeckt werden kann“, fügte Schreiber hinzu. Die Studie gehe von einem Bedarf von etwa 18 Hektar bis 2030 aus. In der Stadt gibt es zwar jede Menge Baulücken, wo die Grundstücke zwar erworben, aber nie bebaut worden sind. Genau diese Flächen solle man nutzen.

Hier spricht die Strategie-Empfehlung von Isoplan und Mess sich deutlich für verbindliche Baugebote aus: Wer in Zukunft ein Grundstück erwirbt, solle demnach vertraglich dazu verpflichtet werden, es in einer gewissen Frist auch zu bebauen. Zudem solle man den Druck auf Grundstückseigentümer erhöhen, Baulücken zu vermarkten. Im vergangenen Jahr wurden 30 neue Häuser gebaut. Es hätten allerdings 60 sein können, wären die Plätze dafür verfügbar gewesen.

Was die Flächen des alten Flächennutzungsplans angeht, hat man eine neue Überprüfung angestellt. Hierbei wurden Faktoren wie Besitzverhältnisse, bereits bestehende Versorgungsleitungen, Lage und Verkehrsanbindung, aber auch Punkte wie Lärm berücksichtigt. Zur Verfügung stünden demnach, rein theoretisch, 5,5 Hektar mit besonders hoher und 19 Hektar mit mittlerer Nutzungspriorität. Darunter einige Bereiche in Rohrbach, die meisten jedoch in St. Ingbert. Dazu zählen unter anderem das WVD-Areal, die Südschule oder die ehemalige Stadtgärtnerei. Das Ziel der Gutachter ist klar: „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“.

Obwohl Oberbürgermeister Hans Wagner (parteilos) mehrfach betonte, dass die Veranstaltung keine baurechtliche Auswirkungen habe, wurde besonders dieser Punkt von den zahlreichen anwesenden Bürgern kritisch auf den Prüfstand gestellt. Viele Anwesende legten Wert darauf, das Thema ebenso aus Sicht der Bürger zu betrachten – auch der Kinder und Senioren. Denn Grünflächen wie an der Südschule in Wohngebiete umzuwandeln, womöglich auch noch mit Mehrfamilienhäusern, könne weder im Sinne der Bürger noch für den Gedanken der nachhaltigen Biosphärenstadt zuträglich sein.

Sowohl Karsten Schreiber als auch der Oberbürgermeister standen Rede und Antwort. Zur Strategie-Empfehlung gehört auch die räumliche Verteilung von Gebäuden und Zielgruppen. Die Orientierung der Wohnbauentwicklung an Gemeinwohlzielen ist ebenso wichtig wie die passende Wahl der Gebäudetypologien und der Bebauungsdichte gemäß der umgebenden Strukturen. Es sei wichtig, keine sozialen Brennpunkte zu schaffen und ein gemeinsames Miteinander zu ermöglichen, so Schreiber.

Der vorgelegte Stadtentwicklungsplan ist also nur ein erster Schritt. Ihm folgen noch viele weitere Fachgutachten, darunter ein Grünflächengutachten. Vorausgesetzt, der Beschluss des Stadtrates fällt zu Gunsten des neuen Stadtentwicklungsplans aus. Erst dann folgt eine Abwägung aller Flächenansprüche aufgrund der verschiedenen Fachgutachten und erst danach könnte der Flächennutzungsplan von 1979 neu erstellt werden. Jürgen Berthold (Grüne) und Frank Luxemburger (CDU) sprachen sich zum Schluss der Veranstaltung von Seiten des Stadtrates für die Erhaltung der Grünflächen aus. „Wir legen Wert auf eine nachhaltige Nutzung. Dazu gehören auch die Grünflächen“, sagte Frank Luxemburger. Das letzte Wort ist also noch lange nicht gesprochen.