Wie aus Abfall Kunst entsteht

St. Ingbert. Bereits in der Ausschreibung des Seminars werden Künstler als "Spurensucher, Lumpensammler oder Schatzsucher" bezeichnet, weil gerade sie es häufig sind, die Weggeworfenes in ihr künstlerisches Handeln integrieren und damit dem wertlosen Material wieder einen neuen Wert geben

St. Ingbert. Bereits in der Ausschreibung des Seminars werden Künstler als "Spurensucher, Lumpensammler oder Schatzsucher" bezeichnet, weil gerade sie es häufig sind, die Weggeworfenes in ihr künstlerisches Handeln integrieren und damit dem wertlosen Material wieder einen neuen Wert geben. Tatsächlich gestehen die meisten der teilnehmenden Künstlerinnen, dass sie seit Jahren jede Menge Fundstücke sammeln, die von anderen Menschen, von Geschäften, von stillgelegten Industriezweigen weggeworfen werden. Oft entsteht gar nicht von Anfang an eine bestimmte Idee, es wird einfach gesammelt, was interessant ist: Fundstücke aller Art, Strukturen, Farbe, Sand, Stoffe, Pflanzen, altes Kartenmaterial, Telefonbücher, Kaffeefilter, Kreppband mit Rostflecken, Schnipsel von Overheadfolien, Teerreste, eingetrocknetes Fensterleder, Baumaterial, Stahlschrott und und und ... Beispielsweise arbeitet Ulla Valerius auf alten Technikplänen eines in Frankreich stillgelegten Bergwerks. Sie fand auf dem alten Grubengelände Schreiber der seismographischen Aufzeichnungsgeräte, große runde Kartonscheiben, mit blau und rot linierten Ausschlägen der Seismographen. Diese benutzt sie jetzt als Malgrundlage und integriert sie in ihre Kunstwerke, auf denen Tänzerinnen anmutige Figuren aufführen. Irmtraud Fritsch ist inspiriert von Zeitungsartikeln über Autoschrott und Abwrackprämien. Marina Ballnus-Leonhard fertigt poetische Collagen aus filigranen Algenformen, Frottagen (Abriebe) von Pflanzenschoten und mit dem Bügeleisen aufgetragenen Teerstrukturen. Barbara Würtz verwendet handgeschöpfte Papiere aus Tee, Spargel, Stroh, Lauch, Äpfeln, Bananen, Blumen, Pappen oder Fäden, die sie seit Jahren aufgehoben hat. Jedes der Papiere stellt für sich schon ein kleines Kunstwerk dar. Jetzt wird es zerschnitten und mit Fotoschnipseln in neuen Bedeutungen kommentiert. Erstaunlich ist, wie unterschiedlich der Umgang mit dem Thema bei allen 15 Teilnehmerinnen des Workshops ist. Für Anne Holtz-Stefan, im "normalen Leben" Ärztin, ist genau das Arbeiten mit anderen ein wichtiger Teil der Inspiration. "Man wird dann freier im Arbeiten und steht mutiger zu den eigenen Möglichkeiten". Manchmal komme es vor, dass man ein vorbereitetes Konzept völlig verändert, weil man sich vom Dozenten oder anderen Künstlern inspirieren lässt. "Eigentlich ist es jedes Mal eine Reise, auf die ich mich begebe und bei der ich vorher nie weiß, wo ich ankommen werden", so Nicole Bouché, die an diesem Wochenende einen ganzen Stapel von Leinwänden mit unterschiedlichen Ideen produziert. Vom 3. Mai bis zum 19. Juni wird die Künstlergruppe Steinberg eine große Werkschau in der St. Ingberter Rathausgalerie zeigen. Gerade rechtzeitig zum 20-jährigen Bestehen der Gruppe hat sie ihren Sitz nach St. Ingbert verlegt. Übrigens: die Gruppe ist durchaus offen für neue Mitglieder, wenn diese zur Arbeit der ungewöhnlichen Künstlergemeinschaft passen. red

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