Werben für Wörter mit Migrationshintergrund

St. Ingbert. Die Wortkreationen unserer heutigen Zeit treiben stellenweise wahnwitzige Blüten. Solcherlei Vokabeln schleichen sich nach und nach im allgemeinen Sprachgebrauch ein, ohne dass einem dieses so richtig bewusst wird. Der Kabarettist Philipp Scharri widmet sich seit längerer Zeit diesem Phänomen. Am Donnerstagabend war der Jury-Preisträger der St

 Philipp Scharri trat in der Stadthalle auf. Foto: Martin

Philipp Scharri trat in der Stadthalle auf. Foto: Martin

St. Ingbert. Die Wortkreationen unserer heutigen Zeit treiben stellenweise wahnwitzige Blüten. Solcherlei Vokabeln schleichen sich nach und nach im allgemeinen Sprachgebrauch ein, ohne dass einem dieses so richtig bewusst wird. Der Kabarettist Philipp Scharri widmet sich seit längerer Zeit diesem Phänomen. Am Donnerstagabend war der Jury-Preisträger der St. Ingberter Pfanne von 2010 in der Stadthalle zu Gast. Im Rahmen seines aktuellen Programmes "Der Klügere gibt nach (Hilfe)" erklärte er auch, was es denn mit dem "Bürger mit Infektionshintergrund auf sich hat".Der Wortakrobat bekennt sich als Hypochonder, sieht sich quasi als "Tim Mälzer am Infektionsherd". Und diese Rolle beherrscht er perfekt. Sogar bis zum "Immunwalk" à la Michael Jackson, den er gekonnt performt. Durch das zwanghafte politisch-korrekte Sprechen (pc) sei von der deutschen Sprache ja gar nicht mehr so viel über. Es komme zu Ersatzsprachhülsen mit kurzer Halbwertzeit, wie "Amtsträger mit begrenzter Wahrheitskompetenz" für Politiker.

Und man muss dem Ganzen auch Grenzen setzen, meint Scharri. "Mähdrescher" für jemand, der Schafe misshandelt, sei wirklich unpassend. Da das auf Dauer alles nicht gut gehen kann, ruft der Moderator der St. Ingberter Pfanne seit Jahren zum "kreativen Ungehorsam" auf. Der Mann, der sich dem Stand-Up-Poetry verschrieben hat, thematisiert gerne die Beziehung zwischen Mann und Frau. Kostprobe. Die drei Aggregatzustände des Mannes: Polygam, monogam, Bräutigam. "Was is'n das jetzt mit uns beiden?" Wer kennt diesen Satz nach dem soeben vollzogenen Schäferstündchen nicht? Und dann passiert's. Sie schaut ihn voller Erwartung an und er verkrampft sich, um der Situation auszuweichen. Doch hier setzt die Hilfe von Philipp Scharri an: Er hat einen Zettel zur Analyse des Ist-Zustands entwickelt: Schwärmerei, Affäre, Romanze oder Beziehung? Wer weiß das schon? Ein paar Kreuze an der richtigen Stelle und die Sache ist geritzt.

Genüsslich wird es bei Scharri vor allem, wenn er die Reime auf die Spitze treibt, wie beim Klassiker "Kochen bei Kant". Eine philosophische Reimschlacht mit Dichtern am Herd im Hause Immanuel Kants beim kulinarischen Imperativ. Da bleibt nur ein Fazit: Auch schlechte Witze wollen leben, sagt das Energiebündel, das nie zur Ruhe zu kommen zu scheint und widmet sich den Herr-Ober-Witzen auf eine ganz andere Art und Weise - "Herr Ober, da ist eine Fliege in meiner Suppe". "Die kommt von der Dame an Tisch 14" - sind da noch die harmlosesten Kalauer. Und dann die Brandrede für die Anglizismen, die keiner mag: Die Worte kommen aus dem Ausland und erhoffen sich hier ein besseres Leben. "Wir sind doch ein weltoffenes Land", verteidigt er die Worte mit Migrationshintergrund. Und dann gab`s bei den Zugaben noch einen kleinen Vorgeschmack auf das neue Programm "Reimvorteil": Rolltreppen, da wo Prolldeppen sich voll Groll schleppen. "Herrlich unverkrampft und besser als bei seinen Moderationen bei der Pfanne", meinte Heike Westhoff aus Heiligenwald am Ende. jma

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