Wenn Möbel ans Herz wachsen

St. Ingbert · In St. Ingbert kursiert ein Gerücht: OB Georg Jung habe auf die letzten Tage seiner Amtszeit seine Büromöbel weggeschafft. "Stimmt nicht ganz", sagt er. Er habe die Möbel gekauft, weil sie ihm ans Herz gewachsen sind.

St. Ingbert. Eigentlich sind es doch Teppiche, die Politiker ins straucheln bringen. Wie Bundesminister Dirk Niebel jüngst oder Oskar Lafontaine einst in den 90er Jahren. Doch jetzt soll ein Volksvertreter sogar über eine ganze Büroeinrichtung stolpern. Und zwar in St. Ingbert. Aber alles der Reihe nach.Es geht um den scheidenden Oberbürgermeister der Mittelstadt Georg Jung und dessen Chefzimmer-Möbel. Genauer: ein Schreibtisch samt nachträglich eingebauter Rückwand, ein Rollcontainer, ein Beistelltisch, ein Stehpult und ein Besprechungstisch mit fünf Stühlen. Und das alles ist weg.

Das Büro des OB zieren die Möbel zumindest nicht mehr. Wo sind sie hin? "Sie stehen bei mir zu Hause in meinem Arbeitszimmer", sagt Jung. Wie bitte? "Ich habe die Einrichtung gekauft, ganz ordnungsgemäß für den Restwert." Der Kaufpreis beliefe sich nach Abschreibung auf 1664,91 Euro inklusive Steuer. Zuzüglich der Kosten für den Transport, den der städtische Bauhof durchgeführt hat. Dafür waren nochmal 127,81 Euro fällig.

Geht das so einfach, Amtsmöbel mit nach Hause nehmen? Laut Jung schon. Die Einrichtung musste schließlich angeschafft werden, als er 2003 Bürgermeister der Stadt wurde. Kaufpreis damals: 4542,60 Euro. Die Möbel auf Kosten der Steuerzahler waren notwendig, gab es ja den Posten des Bürgermeisters in St. Ingbert vor Jung nicht mehr und folglich auch keine Büroeinrichtung. Als er dann 2004 das Amt des OB antrat, habe er die Möbel mit ins OB-Zimmer genommen. Freilich gab's da schon einen Schreibtisch, auch einen Konferenztisch und auch Stühle. Doch die Büroeinrichtung gefiehl Jung nicht. "Das war alles in Mooreiche, total dunkel. So etwas macht mich depressiv", meint er. "Seine" Möbel waren buche- und ahornfarben. Also heller. Nur warum lässt er sie nicht im OB-Büro der Stadt? "Sie sind mir ans Herz gewachsen. Neun Jahre lang habe ich hier bis um neun, zehn Uhr abends gearbeitet."

Jung glaubt außerdem nicht, dass die Bürgermeister-Möbel in St. Ingbert noch gebraucht werden. "Schließlich soll die 'Zukunft bezahlbar gestaltet' werden und da passt ja eine Bürgermeisterstelle, die etwa 120 000 Euro kostet, nicht ins Konzept", meint Jung.

Übrigens: Auch die berühmte Spatensammlung des amtierenden OB ist weg aus dem Rathaus. An die 45 Stück sind es. Und auch die stehen in Jungs Wohnung. Dort kommen auch bald unzählige Ordner mit Handnotizen hinzu, die sich derzeit im Büro stapeln. Spätestens am 4. Juli seien sie raus. Dann ende seine offizielle Amtszeit. Um wieviel Uhr genau? "Mal sehen."

Und wer hat das Möbel-Gerücht gestreut? "Das interessiert mich nicht mehr. Es geht bestimmten Leuten doch nur noch darum, meinen Ruf zu zerstören. Fakt ist: Die wesentlichen Projekte der letzten acht Jahre wurden von einer breiten CDU- und SPD-Mehrheit getragen und davon wollen sie ablenken. Warum auch immer."

Sicher sind also nur zwei Dinge: OB Jungs Nachfolger muss erstmal mit der Büro-Einrichtung in Mooreiche klarkommen. Und über Möbel stolpern Politiker wohl doch nicht.

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