Wenn der Alkohol Autofahrern den Blick trübt

Saarpfalz-Kreis · Der Blick durch die Sucht-Brille zeigt: Hände weg vom Lenkrad, wenn Alkohol im Spiel ist. Experten klärten im Homburger Forum auf.

 Alles so schön bunt hier: Wer wollte, der konnte sich gestern beim Blick durch eine sogenannte „Sucht-Brille“ davon überzeugen, dass 0,8 Promille alles andere als ein Spaß sind und zu massiven Beeinträchtigungen der Wahrnehmung führen. Foto: Thorsten Wolf

Alles so schön bunt hier: Wer wollte, der konnte sich gestern beim Blick durch eine sogenannte „Sucht-Brille“ davon überzeugen, dass 0,8 Promille alles andere als ein Spaß sind und zu massiven Beeinträchtigungen der Wahrnehmung führen. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf

Ein schöner Sommerabend, ein schöner Biergarten, ein schönes Bier oder ein kühler Wein: So stellen sich nicht wenige einen gelungenen Moment vor. Und es wäre ja auch alles gut, läge neben dem Glas nicht auch der Autoschlüssel für die Heimfahrt. Aber, so wird mancher denken, was macht schon ein Gläschen? Wahrscheinlich nicht viel. Aber es steigert beim einen oder anderen, eben durch die steigende Promille-Zahl im Blut, die Bereitschaft, dem ersten noch ein zweites folgen zu lassen - und dann vielleicht noch ein drittes und viertes. Und kaum hat man sich versehen, da hat man nicht nur sommerlich gute Laune, sondern auch noch 0,8 Promille. Verkehrsrechtlich relevant sind aber nach der Probezeit des Führerscheins schon 0,5 Promille, kommt es zu Auffälligkeiten, dann sind schon 0,3 Promille Grund für Bußgelder und Führerscheinentzug. Doch so mancher trinkt im Glauben, auch gefördert eben vom Alkohol: "Mir wird schon nichts passieren, ich kann noch Autofahren, ganz sicher." Ganz sicher nicht. Und wer das bezweifelt, der konnte sich vorgestern bei einem Aktionstag zum Thema "Alkohol im Straßenverkehr" im Foyer der Kreisverwaltung in Homburg am eigenen Leib davon überzeugen, dass mit 0,8 Promille Autofahren zur echten Gefahr wird: "Praesent", die Fachstelle für Suchtvorbeugung und Beratung der Arbeiterwohlfahrt, hatte als Teil eines umfangreichen Info-Angebotes einen kleinen Parcours aufgebaut, durch den man mit einer sogenannten "Sucht-Brille" torkelte, die einem den Seheindruck von eben 0,8 Promille vermittelte. Und es torkelten alle, auch die, die sich sicher waren, dass "0,8 Promille ja noch gehen" - aber eben nicht im Gehen und schon gar nicht hinterm Steuer.

Es galt also zu informieren und aufzuklären, dafür sorgten unter anderem Annette Blug, Sozialarbeiterin beim Gesundheitsamt des Saarpfalz-Kreises und Moderatorin des Arbeitskreises "Gemeindenahe Suchtprävention", Ralph Dejon, Anna Vogelgesang und Christine Maurer von "Praesent", Kreisjugendpfleger Ralf Dittgen sowie Manuela Lill und Sina Bell von der Fahrerlaubnisbehörde des Kreises. Anlass für den Aktionstag war die aktuell laufende Aktionswoche "Alkohol? Weniger ist mehr" der deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, 2017 mit dem Schwerpunkt "Alkohol im Straßenverkehr".

Doch wie arbeitet man in diesem Bereich präventiv? Gilt es doch, zum einen ein Kulturgut nicht zu verteufeln, auf der anderen Seite aber über seine Gefahren bei Übermaß hinzuweisen? Annette Blug grundsätzlich: "Wir wollen aufmerksam machen, wollen informieren." Genau solche Angebote hätten wohl auch die nutzen müssen, die wegen Alkoholvergehen bei Manuela Lill und Sina Bell von der Fahrerlaubnisbehörde des Kreises landen. "Es ist schon fast an der Tagesordnung, dass Menschen wegen des Missbrauchs von Alkohol im Straßenverkehr bei uns erscheinen müssen", verdeutlichte sie. Dabei, wie ihre Kollegin Sina Bell ergänzte, seien nicht alle immer auch einsichtig. Doch gerade der Entzug des Führerscheins könne ein Moment sein, in dem der eine oder andere tatsächlich zur Einsicht kommt, so Ralph Dejon. Denn: "Hier wird dann ein Schwelle überschritten, die auch nicht mehr zu diskutieren ist. Denn hier wird ja etwas vollzogen, was dem Betreffenden ein klares Signal geben könnte." Prävention, gerade im Bereich der Jugendarbeit, könnte hier die Notwendigkeit solcher drastischen Signale überflüssig machen. Doch ist eine solcher Ansatz noch nötig? Immerhin hat es das "Koma-Saufen" aus den Schlagzeilen ja heraus geschafft. Kreis-Jugendpfleger Ralf Dittgen zeichnete da ein differenziertes Bild. "Es wird statistisch gesehen weniger getrunken, aber weniger trinken mehr." Für Dittgen ist wichtig: Gerade Erwachsene sollten als verantwortungsbewusste Vorbilder agieren. "Hier muss wirklich ein vernünftiger Umgang beigebracht werden."

Zum Thema:

Die Verkehrsgesetzgebung unterscheidet zwischen "relativer" und "absoluter Fahruntüchtigkeit". Erstere liegt vor, wenn ein Verkehrsteilnehmer weniger als 1,1 Promille Alkohol im Blut hat, aber schon ab 0,3 Promille Anzeichen für fahruntüchtig vorliegen. Unterhalb von 0,3 Promille gilt relative Fahruntüchtigkeit nur bei außergewöhnlichen Umständen. Als absolut fahruntüchtig gilt, wer 1,1 Promille und mehr am Steuer hat - auch wenn keine ersichtlichen Merkmale einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit vorliegen. Grundsätzlich gilt in Deutschland die 0,5-Promille-Grenze. Wer darüber liegt (und weniger als 1,1 Promille vorweist) begeht im Mindestmaß eine Ordnungswidrigkeit. Diese wird bei einem Erstvergehen mit zwei Punkten, 500 Euro Bußgeld und einem Monat Fahrverbot geahndet. Für Fahranfänger gilt eine Null-Promille-Regelung.

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