Serie Per Anhalter um die Welt Die wahre Geschichte des Robinson Crusoe

Einmal alleine auf einer einsamen Insel zu übernachten — Daniel Klesen hat sich diesen Traum vor der Küste Borneos erfüllt. Doch das Abenteuer verlief anders als geplant.

 Eine Nacht zeltete der Weltenbummler alleine auf einer der Gaya Inseln vor der Küste Borneos. Sie ist als Schnorchelparadies bekannt.

Eine Nacht zeltete der Weltenbummler alleine auf einer der Gaya Inseln vor der Küste Borneos. Sie ist als Schnorchelparadies bekannt.

Foto: Daniel Klesen

Um kurz nach 17 Uhr klingelt Daniel Klesen an der Tür. Mit Jeans, Pullover und dicker Jacke bekleidet betritt er die Redaktion, die Haare ordentlich zum Zopf zusammengebunden. „Sorry, ich komme gerade von der Arbeit. Ist etwas später geworden“, sagt er. Es scheint, als wäre der Weltenbummler schon wieder voll und ganz im deutschen Alltag angekommen.

Bereits seit Ende Februar ist der 29-Jährige zurück in der Heimat. Nachdem er zwei Jahre lang per Anhalter durch die Welt getourt ist, braucht er eine Reisepause. „Ich muss mal wieder etwas Geld verdienen“, erklärt er und lacht. Statt sein Zelt am Rande des Dschungels aufzubauen, mit ausgestrecktem Daumen am Straßenrand zu stehen und durch unberührte Landschaften zu wandern, wohnt Daniel nun wieder Zuhause bei seiner Mutter in Bergweiler, hat eine Fahrgemeinschaft zur Arbeit und verbringt den größten Teil des Tages im Büro. „Bisher läuft es echt gut“, verkündet er. Dennoch steht für Daniel fest: Deutschland ist ein Land, das auf die Dauer nicht für ihn gemacht ist. Ihm fehle das Chaos, die tropischen Temperaturen und die traumhaften Strände.

Noch vor wenigen Wochen war der junge Mann in Vietnam unterwegs, ist danach durch Malaysien gereist und hat letztlich einen Stopp in Borneo eingelegt. Dort versuchte er sich als Robinson Crusoe. Eine Nacht verbrachte der Weltenbummler auf einer kleinen, einsamen Insel vor der Küste. „Die Aktion war dumm, aber lustig. Und echt unangenehm für mich“, fasst er sein Erlebnis zusammen. Dabei habe das Abenteuer zunächst vielversprechend begonnen. „Wir sind vormittags mit einem Boot zur Insel gefahren, um dort zu schnorcheln und zu chillen“, erzählt er. Nach einem Tag in der Sonne seien die anderen Touristen um 16 Uhr mit dem letzten Boot zurück auf die Hauptinsel geschippert. Daniel blieb als einziger zurück. „Das wollte ich schon immer mal machen“, sagt er.

Am Touristenstrand zu übernachten, sei ihm jedoch zu langweilig gewesen. Also ging der frischgebackene Robinson Crusoe auf die Suche nach einer kleinen Bucht, von der er im Internet gelesen hatte. „Ich musste ein wenig klettern, um an den Strandabschnitt zu gelangen. Aber das hat sich gelohnt“, schwärmt Daniel. Weißer Sand, kristallklares Wasser und im Hintergrund dichter Dschungel. Ein Paradies, das sich jedoch im Laufe des Abends zur Hölle wandelte.

Daniel hatte gerade sein Lager aufgebaut, als plötzlich ein heftiges Gewitter aufzog. „Es regnete in Strömen und stürmte. Außerdem ist die Flut gekommen und der Strandabschnitt immer schmaler geworden“, berichtet Daniel. Irgendwann sei das Wasser so hoch gestiegen, dass er auf einen Felsen flüchten musste. Zurück zum Touristenstrand zu wandern, sei in dem Moment nicht möglich gewesen. „Dazu hätte ich eine Felswand hochklettern müssen und das war im Dunkeln keine gute Idee“, berichtet Daniel.

Also setzte er sich auf den Felsen und wartete. Eine Stunde, zwei Stunden, drei Stunden. Das Meer sei immer weiter angestiegen. Um kurz nach Mitternacht musste Daniel noch einmal umziehen und seinen Rucksack auf einen noch höheren Stein verfrachten. „Hinzu kam, dass es einfach hat nicht aufgehört hat zu regnen. Ich war klatschnass und die Moskitos haben mich komplett verstochen“, erzählt Daniel. Um 7 Uhr sei es endlich hell genug gewesen, um zurück zum Touristenstrand zu laufen. „Eigentlich hatte ich erst ein Rückfahrticket für 12 Uhr gebucht. Aber zum Glück kamen schon früher ein paar Einheimische mit ihren Booten vorbei und haben mich mitgenommen“, sagt Daniel. Nach der Aktion habe er erstmal eine Nacht im Hostel verbracht – um dort in Ruhe sämtliche Kleider trocknen zu können.

 300 Kilometer hat dieser Fahrer Daniel Klesen und seine Mitreisende in Malaysien mitgenommen. Und die beiden sogar im Laster übernachten lassen.

300 Kilometer hat dieser Fahrer Daniel Klesen und seine Mitreisende in Malaysien mitgenommen. Und die beiden sogar im Laster übernachten lassen.

Foto: Daniel Klesen
 In dieser Stadt, Hanoi in Vietnam, leben die Menschen quasi auf den Gleisen. Zweimal am Tag fährt ein Zug direkt vor ihren Haustüren vorbei.

In dieser Stadt, Hanoi in Vietnam, leben die Menschen quasi auf den Gleisen. Zweimal am Tag fährt ein Zug direkt vor ihren Haustüren vorbei.

Foto: Daniel Klesen
 Der kleine Ort Sepilok im Norden Borneos ist ein Muss für Naturliebhaber. Dort hat Daniel Klesen diesen Orang Utan entdeckt.

Der kleine Ort Sepilok im Norden Borneos ist ein Muss für Naturliebhaber. Dort hat Daniel Klesen diesen Orang Utan entdeckt.

Foto: Daniel Klesen
 Weltenbummler Daniel Klesen

Weltenbummler Daniel Klesen

Foto: SZ/Steffen, Michael
 In der Nähe von Kuala Lumpur in Malaysien wanderte Daniel Klesen auf den Gipfel dieses Berges hinauf.

In der Nähe von Kuala Lumpur in Malaysien wanderte Daniel Klesen auf den Gipfel dieses Berges hinauf.

Foto: Daniel Klesen
 Abkühlung nach einer anstrengenden Wanderung in den Cameron Highlands, Malaysien.

Abkühlung nach einer anstrengenden Wanderung in den Cameron Highlands, Malaysien.

Foto: Daniel Klesen

Zurück in Bergweiler kann Daniel von solchen Abenteuern nur träumen. Trotzdem sagt er: „Mir fehlt das Reisen gerade nicht. Ich finde es angenehm, mal wieder hier zu sein.“ Er genieße es, sich mit Freunden zu treffen und Zeit mit seiner Familie zu verbringen. Besteht also vielleicht doch noch die Chance, dass der Weltenbummler im Saarland sesshaft wird? „In den nächsten Jahren mal definitiv nicht“, antwortet er, „ich könnte es mir nicht verzeihen, jetzt einfach hier zu bleiben und meinen Traum aufzugeben.“ Nächsten Sommer will Daniel daher zur finalen Etappe aufbrechen, von Kanada bis nach Chile trampen und dort eine Strandbar eröffnen. Den Arbeitstag in T-Shirt und mit zotteligen Haaren am Meer zu verbringen, sei ihm dann doch lieber als der deutsche Büroalltag.

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