Wandern im Kreis Neunkirchen Bergmann Emil wacht am Pingenpfad

Heiligenwald · Eine Wanderung mit Erkenntniswert. Die Tour im Wald beim Naherholungsgebiet Itzenplitz hat geschichtliche und geologische Bezüge.

 Bergmann Emil hat das Pingenfeld fest im Blick.

Bergmann Emil hat das Pingenfeld fest im Blick.

Foto: Michael Beer

Es sind schöne Strecken, die rund um den Itzenplitzer Weiher führen. Das Gewässer selbst mit seinem Pumpenhäuschen und der kleinen Liegewiese – ein wunderbares Stück Natur. Und das ganz ohne glamouröses Camping, wie in der Kommunalpolitik schon als Zusatz-Attraktion gefordert. Was der Premiumwanderweg Pingenpfad in dem Gebiet an Feinheiten zu bieten hat, sorgt für Neugier.

Auf dem Parkplatz am Weiher ist meist viel los. Am Wochenende gibt es kaum einen Platz. Das Eingangsportal zum Pingenpfad findet sich ganz am Ende – und ist selbst schon eine Besonderheit. Ein Oval aus Stahl erinnert an den Streckenausbau unter Tage und an Saarländische Industriegeschichte. Der Pingenpfad ist unter den Wanderwegen im Kreis derjenige, der sich jenseits des Naturerlebnisses stark mit dem historischen Aspekt der Gegend beschäftigt. So zum Beispiel mit den Pingen, die ehemaligen Schürfstellen des frühen Kohleabbaus. Das Wort selbst, erklärt der Duden, stammt vom mittelhochdeutschen „Binge“, einer Vertiefung im Boden. Die rund 300 Löcher, Gräben oder Mulden, die sich in dem Waldgebiet finden, erläutert der Förderverein Itzenplitz, gehen auf das 14. oder 15. Jahrhundert zurück. Schon damals gruben die Menschen nach Kohle, direkt an der Oberfläche. Und das nur so weit, wie die Luft gut war und die Mulden nicht mit Wasser vollliefen.

Der weitere Pfad führt zunächst steil bergauf. Und hält schon nach wenigen Minuten eine weitere Überraschung parat. Oben auf dem Berg gibt eine Schneise im Wald den Blick frei hinab auf den Weiher und das Pumpenhäuschen. Das ist mal eine ganz andere Ansicht des Postkartenmotives. Auf die Sitzbank hat jemand Nazi-Hakenkreuze gekritzelt. Gar nicht einladend, aber für eine Pause ist es sowieso zu früh. Also weiter auf dem schmalen Pfad, der bald wieder hinaus auf einen breiten Weg und hinunter zum Weiher führt. Es geht ein paar Meter am Gewässer und den dortigen Enten vorbei, die es sich in der Nachmittagssonne gemütlich machen. Und weg geht es von den breiten Wegen in das Tälchen, das uns bergauf ins Unterholz führt.

Im Schilf steht ein Fischreiher, lässt sich stolz begutachten. Im Wald fällt viel Licht durch die hohen Bäume. Das Gefühl des „sich fallen lassens“ kommt mit Kraft. Tief durchatmen, genießen. Keine Menschenseele ist zu sehen, wir bekommen das Gefühl, ganz alleine auf diesem Fleckchen Erde zu wandern. Es geht über das Bachbett. Die Strecke wird auch von Mountainbikern benutzt, wie die Spuren in der feuchten Erde verraten. Kurios: mitten im Wald eine Lichtung mit kleinen Tannen, als habe sich hier jemand seine Weihnachtsbaum-Plantage angelegt. Der Weg durchs Tal mit seinen kleinen Windungen findet leider auch ein Ende und der Pingenpfad trifft wieder auf eine der bekannten Strecken rund um den Weiher. Für Stirnrunzeln sorgen bei uns die Hinweise, wie viele Kilometer bereits geschafft sind. Ist das notwendig? Wir laufen schließlich keinen Marathon und würden uns auch ohne diese Angaben wohlfühlen.

Die Erklärtafeln am Wegesrand dagegen sind interessant. Wer ein Smartphone dabei hat, kann die Codes scannen und etwas zur Geschichte der einzelnen Themen hören oder lesen. Das Holzer Konglomerat (eine besondere Gesteinsschicht mit Beton-Optik) ist genauso Thema wie die rotbraun-öligen Eisenausfällungen von Waldquellen oder der Kallenbrunner Schacht. Wir schauen uns die Überreste des Wetterschachtes an. Im Jahr 1900 gebaut oder fachsprachlich „angeschlagen“, wurde er 1938 wieder verfüllt. 337 Meter führte er in die Tiefe und sorgte für frische Luft.

Zurück auf dem breiten Wanderweg geht es in Richtung des Merchweiler Windrades und wieder auf schmale Pfade. Gehört so ein Stahlkoloss wie die Windmühle an der Erkershöhe in den Wald? Darüber lässt sich streiten. Wir kommen vorbei an der Schutzhütte St. Barbara. Es gab schon einiges zu sehen auf dem Pingenpfad, aber wo bleiben denn nun die Namensgeber, die Pingen? Bald erreichen wir die Gaststätte „Alt-Steigershaus“. Grubensteiger Franz Zentz hatte an dieser Stelle vor 235 Jahren mit dem Bierausschank begonnen. Ein Familienbetrieb seit jeher. Im Sommer lässt es sich prima im Biergarten sitzen, neben dem alten Gebäude an der Landstraße zwischen Bildstock und Merchweiler.

Und endlich ist es so weit. Zurück in den Wald kommen wir zu den Pingenfeldern. Man muss erst einmal ganz genau hinschauen, um die langgezogenen Furchen im Boden als Pingen auszumachen. Aber der Blick schärft sich schnell. Der hölzerne Bergmann Emil hat sie fest im Blick. Von hier oben geht es auf gewundenen Pfaden hinab und wir wissen, dass der Itzenplitz nicht mehr weit sein kann. Die acht Kilometer des Pingenpfades sind relativ schnell gelaufen und nicht übermäßig beschwerlich.

 Die Enten haben es sich auf dem Weiher oberhalb des Itzenplitzer Weihers gemütlich gemacht.

Die Enten haben es sich auf dem Weiher oberhalb des Itzenplitzer Weihers gemütlich gemacht.

Foto: Michael Beer
 Licht und Schatten auf den verträumten Passagen des Premiumweges Pingenpfad.

Licht und Schatten auf den verträumten Passagen des Premiumweges Pingenpfad.

Foto: Michael Beer
 Das Pumpenhäuschen auf dem Itzenplitzer Weiher ist auch von der Anhöhe aus ein attraktiver Punkt.

Das Pumpenhäuschen auf dem Itzenplitzer Weiher ist auch von der Anhöhe aus ein attraktiver Punkt.

Foto: Michael Beer
 Tiefe Furchen und Mulden neben dem Weg, so erleben die Wanderer das Pingenfeld im Wald bei der Erkershöhe.

Tiefe Furchen und Mulden neben dem Weg, so erleben die Wanderer das Pingenfeld im Wald bei der Erkershöhe.

Foto: Michael Beer
 Der Kallenbrunner Schacht ist ein Relikt aus alten Bergbautagen, welches 1938 verfüllt wurde.

Der Kallenbrunner Schacht ist ein Relikt aus alten Bergbautagen, welches 1938 verfüllt wurde.

Foto: Michael Beer
 Das Portal, das auf den Pingenpfad führt, ist ein Hingucker und zeigt dem Wanderer sofort, was die Besonderheit des Pfades ist.

Das Portal, das auf den Pingenpfad führt, ist ein Hingucker und zeigt dem Wanderer sofort, was die Besonderheit des Pfades ist.

Foto: Michael Beer

Kurz bevor wir hinunter zum Weiher kommen, geht es dann noch vorbei an dem Pingenfeld, das der Förderverein Itzenplitz freigelegt hat. Er möchte Wanderern und Spaziergängern eine noch deutlichere Vorstellung geben zu den Pingen, als dies weiter oben im Wald geschieht. Wir kommen runter zum Weiher. Die Liegewiese ist leer, der schöne Herbsttag bringt nicht mehr die Temperaturen für eine kleine Runde im Weiher. Die Blätter werden schon bunt und fallen. In den Gastwirtschaften am Wasser ist viel los. Es ist eben auch schön am Itzenplitzer Weiher.

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