Vom optischen Bewahren zerfallener Gebäude

St. Ingbert. Künstler und ihre Werke gehen manchmal untypische Wege. Das sagte der Maler und Grafiker Hans-Jürgen Reichelt im SZ-Gespräch am Sonntagmorgen in der St. Ingberter Rathausgalerie bei seiner Vernissage. Im ersten Stock des städtischen Verwaltungsgebäudes erklärte der Dresdner bei der dort ersten Ausstellung für 2013, wie es dazu kam, dass gerade St

 Beigeordneter Sven Meier (links) und Hans-Jürgen Reichelt bei der Vernissage im St. Ingberter Rathaus. Foto: Jörg Martin

Beigeordneter Sven Meier (links) und Hans-Jürgen Reichelt bei der Vernissage im St. Ingberter Rathaus. Foto: Jörg Martin

St. Ingbert. Künstler und ihre Werke gehen manchmal untypische Wege. Das sagte der Maler und Grafiker Hans-Jürgen Reichelt im SZ-Gespräch am Sonntagmorgen in der St. Ingberter Rathausgalerie bei seiner Vernissage. Im ersten Stock des städtischen Verwaltungsgebäudes erklärte der Dresdner bei der dort ersten Ausstellung für 2013, wie es dazu kam, dass gerade St. Ingbert seine aktuelle Ausstellung "Der Antiquar" zeigt. Zum einen habe ein Fernsehbericht über den Kleinkunstwettbewerb "St. Ingberter Pfanne" den 1956 geborenen Künstler neugierig auf die Mittelstadt gemacht. Zum andern habe er mit einem befreundeten Maler in Radebeul gemeinsam ausgestellt. Dabei wurde immer wieder St. Ingbert genannt. Reichelt wusste damals noch nicht, dass die sächsische Kreisstadt seit einem Vierteljahrhundert mit St. Ingbert eine Partnerschaft unterhält.

Das I-Tüpfelchen war Wulf Kirsten. Der ostdeutsche Lyriker ist dem Mitglied der St. Ingberter Ausstellungskommission, Professor Gerhard Sauder, bestens bekannt und so ergaben diese Faktoren, dass Reichelt, nachdem er sich im Frühjahr 2012 beworben hatte, nun seine 82 Werke ausstellt. Sauder verwies in seiner Laudatio auch auf den ungewöhnlichen Titel. "Der Antiquar" habe in diesem Fall nichts mit Büchern zu tun, verweise aber auf den besonderen Stil von Hans-Jürgen Reichelt. So habe sich der Künstler auf Radierungen konzentriert. Diese zeichneten sich durch eine Art "optischen Bewahrens" von Bauernhäusern, zerfallenen Gebäuden und Bodenkammern aus. Die Sozialisation des in Obernhau im Erzgebirge Geborenen, der seine Kindheit und Jugend in Seiffen verbrachte, spielt hier sicherlich eine nicht unbedeutende Rolle. Man habe den Eindruck, der Maler wolle nur ja nicht modern sein, so Laudator Sauder. So orientiere sich Reichelt sehr an Altem und Abgesetzten.

Wenn man sich die Bilder ansieht, erinnern die Radierungen manchmal schon fast an Karikaturen und haben stellenweise das gewisse Etwas des Bauhausstils. Sein Werk "Das Himmelskarussell", eine Radierung aus dem Jahr 2010, könnte beispielsweise darauf hindeuten. Hier kann Reichelts frühere Tätigkeit als Kartenzeichner bei der Nationalen Volksarmee durchaus ebenso Einfluss gehabt haben, wie sein Studium der Restaurierung. Die Passion gilt jedoch eindeutig der Druckgrafik. Um das Gesehene zu transportieren, nutzt er Skizze, Foto und Gedächtnis. 2008 kamen auch Gemälde und Stillleben hinzu, wovon 14 seiner Exponate zeugen. So stellen die Werke in Öl und Aquarelle Menschen, Tiere und unter anderem Auberginen sowie Pomelos dar. Stimmungen wie Sommergewitter, Abendhimmel in ostdeutschen Regionen und natürlich Landschaften machen bilden hier den Schwerpunkt. Die Ausstellung ist bis Samstag, 5. April, zu sehen.

hans-juergen-reichelt.de

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