Veranstalter verweisen auf Corona-Folgen Flammender Appell auf der Alten Schmelz

St. Ingbert · Mit hell illuminierten Kultureinrichtungen machten am Montagabend bei der „Night of lights“ viele Veranstalter auf die Not ihrer Branche in Corona-Zeiten aufmerksam. Auch die „Alte Schmelz“ war in rotes Licht getaucht.

 Bei der „Night of lights“ demonstrierten in der Veranstaltungsbranche tätige St. Ingberter. Vor der in rotes Licht getauchten Industriekathedrale wollen sie die Politik mit ihrem Appell zum Handeln bewegen.

Bei der „Night of lights“ demonstrierten in der Veranstaltungsbranche tätige St. Ingberter. Vor der in rotes Licht getauchten Industriekathedrale wollen sie die Politik mit ihrem Appell zum Handeln bewegen.

Foto: Cornelia Jung

Die Branche, die Veranstaltungen organisiert, ist die zweitgrößte in Deutschland. 2,5 Millionen Menschen verdienen damit ihren Lebensunterhalt. Kein Stadtfest, keine Konzerte, kein Open Air geht ohne sie. Und doch fühlen sich deren Mitarbeiter in Corona-Zeiten von der Politik im Stich gelassen. Es gibt kaum Veranstaltungen und ein Ende der Masken- oder Abstandspflicht ist noch nicht abzusehen. Ein Zustand, der wie eine Schockstarre anmutet, von der auch niemand weiß, wann sie vorbei ist. Absagen von Veranstaltungen bis weit in den Herbst hinein schürt in der Veranstaltungsbranche Ängste und wird wohl auch zu Insolvenzen führen.

Deshalb wollten deren Beschäftigte, deren Zulieferer und Kulturschaffende bei der „Night of lights“ ein Zeichen setzen. Überall in Deutschland, dem Saarland und auch in St. Ingbert wurden am Montagabend Gebäude, die sonst mit kulturellem Leben gefüllt sind, mit rotem Licht in Szene gesetzt. Mit dabei war auch die „Alte Schmelz“ in St. Ingbert. „Wir wollen mit diesem flammenden Appell auf die schwierige Lage der Veranstaltungswirtschaft hinweisen“, sagt beispielsweise Eventmanagerin Sabine Koch. Vor der Industriekathedrale hatten sich St. Ingberter mit Plakaten versammelt, auf denen Berufe und Zweige aufgedruckt waren, die sonst mittel- oder unmittelbar zum Gelingen von Veranstaltungen beitragen.

Wie sie da standen, die Eventmanager, der Gastronom, der DJ, der Fotograf, der Hallenbetreiber, der Getränkelieferant, der Messebauer, die Veranstaltungstechniker, Künstler und Caterer, alle waren sie Teil einer Demonstration. Mit dem „verordneten“ Abstand, aber der Hoffnung, dass es nach fast 100 Tagen „Stille“ in den Hallen, Zelten und Locations noch einmal bergauf geht mit ihrer Branche. Dieser „leuchtende Hilferuf“ an die Politik zur Rettung der Veranstaltungswirtschaft muss gehört werden, meint auch Roman Hofmann, Geschäftsführer von Plan-Events mit Sitz auf dem Gelände der Alten Schmelz: „Wenn wir das heute nicht schaffen, die Politik anzumahnen und ihr zu sagen ,Hallo, wir sind auch noch da‘, dann gibt es auch irgendwann niemand mehr, der die Parteitage organisiert. Mit über 7000 Firmen, die heute deutschlandweit beteiligt sind, werden wir gehört werden müssen. Jeder Einzelne hier wird es gebrauchen können, dass sich etwas tut.“

Hofmann zählt auf, welcher „Rattenschwanz“ an seiner Branche hängt, vom Zulieferer des Klopapiers, der Toilettenfrau über die Brauerei, Bäckerei bis hin zur Bühnentechnik und dem festen Veranstaltungsteam. Sie alle brauchen die Einnahmen. Allein beim St. Ingberter Oktoberfest schaffen jedes Jahr rund 200 Leute. Während des offiziellen Fotos stehen die „Leidensgenossen“, so nennt sie Hofmann zur Begrüßung, wie bei einer Schweigeminute zusammen. Noch ist die Veranstaltungsbranche nicht tot, aber stark gefährdet. „Die Politik sagt immer, wir sollen auf Sicht handeln, doch die Perspektive für uns fehlt. Wir wissen nicht, wie lange das alles geht und haben nicht mal ein Endzeit-Szenario. Die Gaststätten dürfen wieder öffnen, doch wir sehen nicht mal ein Licht am Ende des Tunnels“, so Hofmann. Die Politik lasse sie allein. „Wir brauchen für die Organisation von Veranstaltungen normalerweise ein paar Monate Vorlauf. Wir leben von Veranstaltungen, aber welche Firma traut sich denn jetzt schon, ihre Weihnachtsfeier zu planen? Ich setze selbst hinter die Fastnacht ein Fragezeichen. Wir haben derzeit keine Perspektive und Planungssicherheit.“

Hofmann findet es traurig, dass die Politik es in den vergangenen drei Monaten nicht geschafft hat, einen Plan zu entwickeln, wie es mit der Kultur weitergehen kann. Das Autokino, das Plan-Event organisierte, sei da wie ein kleiner Lichtblick und Rettungsanker für das Event-Team gewesen, um aus der Kurzarbeit zu kommen und sich überhaupt nochmal mit Veranstaltungen beschäftigen zu können. Die in Hofmanns Branche Arbeitenden fühlen sich „von der Politik weit nach hinten geschoben“. Seine Firma habe aktuell null Euro Umsatz. Für dieses Jahr rechnet er mit Verlusten im größeren siebenstelligen Bereich Seine Hoffnung ist, „dass die Politik endlich wach wird, denn auch wir müssen unseren Lebensunterhalt irgendwie bestreiten“. Er sieht die derzeitige Situation wie ein Berufsverbot und wünscht sich eine Lösung, mit der wenigstens die Unkosten gedeckt werden.

Auch Hofmanns Kollegin Sabine Koch ist frustriert: „Unsere Branche war zu Beginn der Corona-Zeit die Erste, für die es ein Stopp gab und wir werden wohl auch diejenige sein, die am längsten damit zu tun hat.“ Ihnen bleibt nur zu hoffen, dass der Politik mit „Night of lights“ ein Licht aufgeht, welchen Stellenwert Kultur hat.

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