Heimatgeschichte in St. Ingbert Wer weiß etwas über die „Untermühle“?

St Ingbert · Der Beschluss zum Abriss des maroden Umkleidegebäudes beim Mühlwaldstadion im Bauausschuss des Stadtrates sorgt für historisches Rätselraten.

 Das Umkleidegebäude am Mühlwaldstadion an der sogenannten „Untermühle“ in St. Ingbert ist sichtbar marode und wird in diesen Tagen abgerissen.

Das Umkleidegebäude am Mühlwaldstadion an der sogenannten „Untermühle“ in St. Ingbert ist sichtbar marode und wird in diesen Tagen abgerissen.

Foto: Manfred Schetting

Etwas Geheimnisvolles umweht so manche nicht öffentliche Sitzung. Doch als kürzlich der Bau- und Werksausschuss der Stadtrates so tagte. war es ein Begriff, der der Neugier weckte. In der Tagesordnung war nämlich von der „Vergabe der Abbrucharbeiten am Umkleidegebäude Untermühle“ die Rede. Konkret gemeint war das marode Umkleidegebäude zwischen dem Mühlwaldstadion und der ehemaligen Tischtennishalle. Dass dieses mit einer „Untermühle“ in Verbindung gebracht wurde, machte auch Heimatkundige stutzig. Denen war zwar im Zusammenhang mit dem SV-Hartplatz die „Obermühle“ geläufig. Von einer Umkleide „Untermühle“ hatten aber weder Heimatforscher noch SV-Veteranen je gehört.

Grund genug, mal nachzuhören und nachzulesen, was es mit einer „Untermühle“ in St. Ingbert auf sich haben könnte. Um das Ergebnis des Nachforschens im Zusammenhang mit dem Ausschuss kurz zusammenzufassen. Wer der Stadtverwaltung diesen historischen Bezug zugeflüstert hat, bleibt ein Rätsel. Womöglich stimmte die erste flapsige Annahme: Wo es eine Obermühle gibt, muss es auch eine Untermühle geben. Oder die andere These: Um die beiden Umkleidegebäude beim Mühlwaldstadion sicher auseinanderzuhalten, ist das eine die Umkleide am Sportplatz Obermühle, die andere halt der Einfachkeit halber die Umkleide Untermühle.

Weil aber schon St. Ingberts Stadtgeschichtler Wolfgang Krämer einst befand „Überhaupt bleiben die Nachrichten über die St. Ingberter Mühlen auch weiterhin auffallend dürftig“, lohnt sich aber dennoch, in der Dengmerter Mühlen- und Sportplatzhistorie ein bisschen zu stöbern. Das Grundlegende erläutert dabei Konrad Weisgerber, der Vorsitzende des Heimat- und Verkehrsvereins: „Den Rohrbach oder Großbach säumten einst die Rohrbacher Mühle, die Obermühle am Mühlwald, die Stadtmühle am Mühleck in der Innenstadt und die Brudermühle in Rentrisch.“ Dass die Stadtmühle auch mal ausnahmsweise als Untermühle bezeichnet wurde, stützen dabei mehrere Quellen: Josef Scholls Buch „Gutshöfe und Mühlen im Raum St. Ingbert“ von 1978 und Wolfgang Krämers „Geschichte der Stadt St. Ingbert“.

Fakt bleibt aber, dass die Mühle unterhalb der Obermühle bis heute als die Stadtmühle bekannt ist. Und deren Schicksal schildert Josef Scholl anschaulich: „Die Mühle am Großbach stellte schließlich nach mehr als zweihundertjähriger Betriebsamkeit ihr Mahlen und Schroten ein. Bald wurden Maschinenhaus und Räderwerk abgebaut. Im Jahre 1925 – die letzte Müllerin, Frau Diener, war nach Wiebelskirchen verzogen – ging der Restteil der alten Stadtmühle in den Besitz der Stadt St. Ingbert über und wurde an Minderbemittelte als Wohnung vermietet. Im Sommer 1975 verschwand auch dieses alte Gemäuer.“

Konrad Weisgerber würdigt – zu der Untermühle befragt – auch Belege, die in der Festschrift „150 Jahre Stadt St. Ingbert“ von 1979 zu finden sind. Hier ist nämlich die Rede von von einem Sportplatz am sogenannten „Paule Weiher“ in der heutigen Gustav-Clauss-Anlage. Dieser Sportplatz wurde nach dem Zweiten Weltkrieg angelegt und 1953 wieder aufgegeben, als die Bauarbeiten für das ehemalige Stadtbad begannen. Und dann ist eine Bemerkung interessant: „Auf dem Platz hat nur die Jugend des Sportvereins gespielt.“ Jetzt kombiniert Historien-Detektiv Weisgerber: „Vielleicht wurde damals die Nähe dieses Platzes zur Stadt- oder Untermühle namensgebend, weil im Anschluss der Sportplatz an der Obermühle entstanden ist.“

Für diesen Sportplatz hatte der Sportverein St. Ingbert im Juni 1953 mit der Firma Arbed ein Vertrag über die Anpachtung von 132 Ar im Wiesental an der Obermühle abgeschlossen. 1959 übernahm die Stadt diesen sogenannten Sportplatz Obermühle, auf dem dann ab 1967 ein „regulärer Spielbetrieb“ aufgenommen wurde.n Ein eigenes Umkleidegebäude für diesen Sportplatz wurde 1975 in Betrieb genommen..

Umkleidegebäude Untermühle in St. Ingbert wird abgerissen
Foto: Manfred Schetting

Doch Untermühle hin oder her: Das marode, rotgestrichene Umkleidegebäude am Mühlwaldstadion wird bald Geschichte sein. Sein Abriss ist beschlossene Sache. Und der Auftrag zum Abbruch ist auch schon vergeben. Im Übrigen an dasselbe Unternehmen, das derzeit die ehemalige Tischtennishalle abreißt.

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