Top-Kickerin am TischAlles begann bei einem Mitarbeiter von Citroën

Homburg/Paris. Fallrückzieher, Flugkopfball, Seitfallzieher, lange Pässe, Doppelpässe, eisenhartes Tackling oder Elfmeter: All das beherrscht Sonja Breuer. Nicht auf dem grünen Rasen im Fußballstadion, sondern auf einer Linoleum-Holzfläche auf einem Tisch. Die 48-Jährige ist Tischfußball-Sportlerin. "Ich spiele am liebsten an einem Bonzini-Tisch aus Frankreich", sagt sie

 Für Sonja Breuer ging 2006 ein Traum in Erfüllung. Sie wurde in Hamburg Weltmeisterin im Tischfußball-Sport. Foto: S. Freiler/SZ

Für Sonja Breuer ging 2006 ein Traum in Erfüllung. Sie wurde in Hamburg Weltmeisterin im Tischfußball-Sport. Foto: S. Freiler/SZ

Homburg/Paris. Fallrückzieher, Flugkopfball, Seitfallzieher, lange Pässe, Doppelpässe, eisenhartes Tackling oder Elfmeter: All das beherrscht Sonja Breuer. Nicht auf dem grünen Rasen im Fußballstadion, sondern auf einer Linoleum-Holzfläche auf einem Tisch. Die 48-Jährige ist Tischfußball-Sportlerin. "Ich spiele am liebsten an einem Bonzini-Tisch aus Frankreich", sagt sie.Sie ist Birgit Prinz und Mesut Özil in einem als Spielgestalter und zugleich Inka Grinks und Mario Gomez als Torjäger.

Sonja Breuer, die als Verwaltungsangestellte seit 1995 bei der IG Metall Homburg arbeitet, ist eine der weltbesten Tischfußball-Spielerinnen.

Wie kam Sie, die als gebürtige Scherer auf dem Altbreitenfelderhof groß wurde, zu diesem Sport, der ja eigentlich hauptsächlich den Männern zu spricht? "Durch einen Motorradunfall, den ich im Juni 1986 hatte, musste ich meine Hobbys Laufen und Tennis aufgeben. Ende der 80er kam ich durch Bekannte auf den Tischfußball." Ihre Begeisterung für den Tischfußballsport ist geprägt durch "die komplexen Anforderungen, den er an die Physis sowie an die Psyche stellt". Tischfußball auf gehobenem Niveau sei eine Mischung aus Schnelligkeit und Taktik, ein ständiger Wechsel zwischen Defensiv- und Offensivbemühungen.

Tischfußball sei ein Sport, der jedem Spieler durch die in kurzen Abständen fallenden Tore "ein permanentes Auf- und Ab in der Gefühlswelt beschert". Die Top-Kickerin am Tisch sagt: "Tischfußball ist ein Sport für die Masse, obwohl es dort nicht als Sport sondern mehr als Spiel wahrgenommen wird, bei dem man mit Freunden jede Menge Spaß haben kann."

Hinzu kommt, dass Tischfußball in den vergangenen Jahren wieder 'in' geworden ist und einen echten Boom erlebt, was man in der letzten Zeit vermehrt in Werbespots erkennen kann, die dieses Thema aufgreifen. Grund dafür ist die Weltmeisterschaft 2006, die die Medien darauf zugreifen ließ." Gemeint sei nicht die WM im Fußball sondern die WM im Tischfußball, die im Mai 2006 in Hamburg stattfand. Damals wurde sie Weltmeisterin. "Ein tolles Gefühl", sagt sie mit einem Lächeln im Gesicht. Im gleichen Monat wurde sie in Hamburg auch noch im Doppel Vize-Weltmeisterin.

Ihre Titel, die man gar nicht alle aufzählen kann, reichen von Weltmeisterin, Vize-Weltmeisterin, Doppelweltmeisterin und Team-Weltmeisterin bis zu unzähligen nationalen Titeln.

Ohne Fleiß kein Preis oder Titel: "Schon jetzt trainiere ich täglich in der Woche mindestens eine Stunde und am Wochenende drei bis vier Stunden", sagt die Top-Kickerin, die sich am Anfang ihrer Karriere in einer reinen Männerdomäne durchsetzen musste. "In meinem Keller in meinem Haus habe ich einen Tisch stehen. Dort trainiere ich auch allein, vor allem übe ich Griffe und Pässe in der Fünfer-Reihe und in der Dreier-Reihe", sagt das Tischfußball-Ass. Sie wohnt in Schoeneck in Lothringen.

Ein Spiel geht über fünf Sätze. Gespielt wird nach den Regeln "Best of Five". Um ein Tor zu erzielen, habe man zehn Sekunden in der Fünfer-Reihe, dem Sturm. 15 Sekunden in der Dreier-Reihe, dem Mittelfeld. Ein schnelles, rasantes Spiel. Sonja Breuer erklärt: "In jedem Spiel hat man aber auch zwei Mal Time-Out zu je einer Minute, zum Entspannen und zu taktischen Überlegungen." Zu den Regelsatzungen gehört auch das absolute Rauch- und Alkoholverbot und Schiedsrichter, die prinzipiell ab den Halbfinalspielen auf nationaler als auch auf weltweiter Ebene eingesetzt werden. "Fair-Play ist in unserem Sport ein hohes Gut", meint die Top-Sportlerin, die bei den drei besten saarländischen Vereinen TFC Braddock Burbach, TFC Kickers Neunkirchen und OTF Ottweiler spielte. In Ottweiler ist sie gegenwärtig im Einsatz. "Das Saarland ist eine Hochburg des Tischfußballs in Europa." Sie war in der Bundesliga und der Landesliga aktiv. Aktuell trete sie etwas kürzer. Sie habe in diesem Jahr nur an drei großen Turnieren in Straßburg, Bübingen und Paris teilgenommen. Doch für 2013 hat sie wieder hohe Ziele. Im Einzel unter die ersten Vier kommen und im Doppel, bisher mit Susanne Brückner, unter die Top Ten. Dann spielt sie wieder mit ihrer Partnerin Samantha Di Paolo, die mehr offensiv spielt. Sonja Breuer: "Man muss nicht immer Erster werden. Mein Mann und mein 31-jähriger Sohn sind immer stolz auf mich." Homburg. Der erste Tischfußballtisch in Europa wurde von dem Franzosen Lucien Rosengart Ende der 1920er entwickelt. Er war damals ein Mitarbeiter des Automobilherstellers Citroën. In Anlehnung an diesen "Urtisch", bei dem die Stangen noch an den Kopfenden waren, baute die schweizerische Firma "Kicker"in Genf, ihre Tische. Die Tische waren in der Schweiz, in Deutschland und Belgien so beliebt, dass das Wort "Kicker" in Deutschland zum Synonym für Tischfußball wurde. Das erste Patent auf einen Kickertisch sicherte sich der Spanier Alejandro Finisterre im Jahre 1937. Belegbare Patente weisen einen Engländer als den eigentlichen Erfinder des Tischfußballs aus: Harold S. Thornton meldete am 14. Oktober 1922 ein Gerät mit Drehstangen beim Patentamt an. Sogar der grobe Aufbau des Urtisches entspricht den heutigen Tischen. Allerdings dauerte es bis in die 1960er bis sich das Spiel auch in Deutschland etablierte. Erst im Jahre 1967 wurde die erste Deutsche Meisterschaft ausgetragen. jkn

Hintergrund

 Der Tischfußball-Sport zieht an jedem Bundesliga-Spieltag und vor allem bei großen Welt-Turnieren, wie jetzt in Paris, die Massen an. Sonja Breuer und ihre Partnerin (Bildmitte am Tisch) werden, so scheint es, von den Zuschauern erdrückt. Foto: S. Freiler/SZ

Der Tischfußball-Sport zieht an jedem Bundesliga-Spieltag und vor allem bei großen Welt-Turnieren, wie jetzt in Paris, die Massen an. Sonja Breuer und ihre Partnerin (Bildmitte am Tisch) werden, so scheint es, von den Zuschauern erdrückt. Foto: S. Freiler/SZ

 Große Freude herrscht nach jedem Sieg bei Sonja Breuer (links) und dem Team-Coach Sylvia Freiler. Foto: S. Freiler/SZ

Große Freude herrscht nach jedem Sieg bei Sonja Breuer (links) und dem Team-Coach Sylvia Freiler. Foto: S. Freiler/SZ

 Bei der Weltmeisterschaft in Paris vom 15. bis 18. Juli diesen Jahres spielte Sonja Breuer im Einzel und im Doppel mit Susanne Brückner. Im Einzel wurde sie Fünfte. Im Doppel Vierte. Foto: S.Freiler/SZ

Bei der Weltmeisterschaft in Paris vom 15. bis 18. Juli diesen Jahres spielte Sonja Breuer im Einzel und im Doppel mit Susanne Brückner. Im Einzel wurde sie Fünfte. Im Doppel Vierte. Foto: S.Freiler/SZ

Tischfußball ist eine Sportart, die auf einem Spielgerät gespielt wird, das Kicker, Kickertisch, Tischfußball(tisch), Kickerkasten oder auch Wuzzler genannt wird. Ziel des Spiels ist es, mit an drehbaren Griffstangen über einer rechteckigen Spielfläche angebrachten (Fußball)spielerfiguren (aus Holz, Kunststoff oder Metall), eine oft vorgegebene Anzahl von Bällen ins gegnerische Tor zu schießen. Spielfläche und Anordnung der Spielfiguren sind dabei dem Fußballspiel nachempfunden. Ein Kickertisch hat normalerweise je 4 Griffstangen an den beiden Längsseiten der Spielfläche, an denen jeweils 11 Spielfiguren verteilt angebracht sind. Kickertische werden häufig in Gaststätten aufgestellt. Weltweit gibt es 40 000 Spieler. In Deutschland spielen 6500 Männer und Frauen, darunter 2000 aus dem Saarland in 62 Vereinen. jkn

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