Teurer Jazz-Umzug auf die Schmelz

St. Ingbert. Für die einen ist es Katzenmusik, für die anderen der Höhepunkt musikalischer Ausdruckskraft. Der Jazz hat in St. Ingbert seit einem guten Vierteljahrhundert einen festen Platz im Veranstaltungskalender. Das "Internationale St. Ingberter Jazzfestival" ist allerdings jüngst unter dem Aspekt seiner Finanzierbarkeit bei den Stadtvätern und -müttern in die Kritik geraten

St. Ingbert. Für die einen ist es Katzenmusik, für die anderen der Höhepunkt musikalischer Ausdruckskraft. Der Jazz hat in St. Ingbert seit einem guten Vierteljahrhundert einen festen Platz im Veranstaltungskalender. Das "Internationale St. Ingberter Jazzfestival" ist allerdings jüngst unter dem Aspekt seiner Finanzierbarkeit bei den Stadtvätern und -müttern in die Kritik geraten. Weshalb Finanz- und Kulturausschuss im Juni kurzerhand unter Spar-Gesichtspunkten einen Zweijahresrhythmus durchsetzen wollten. So richtig bekannt wurde dieser Vorstoß erst, als der künstlerische Leiter Peter Kleiß ob der Entwicklung seinen Rückzug ankündigte. Der Kulturausschuss des St. Ingberter Stadtrates hat zwischenzeitlich seinen Beschluss überdacht und zurückgenommen, SR-Redakteur Kleiß eine weitere Mitarbeit angeboten. Der Stadtrat hat nun an diesem Dienstag ab 18 Uhr im Rathaus-Sitzungssaal das letzte Wort in der Frage, wie es mit dem Festival weitergeht.

Die Verwaltung hat für die Entscheidungsfindung interessantes Zahlenmaterial vorgelegt. Der Kostensprung datiert demnach auf das Jahr 2008. Erstmals begegneten die Jazzer ihrem Publikum damals auf der Alten Schmelz. Spricht die Stadt für 2007 von rund 73 000 Euro fürs Festival, waren es im Folgejahr 169 000 Euro. Bis 2010 kletterten die Ausgaben weiter auf 218 000 Euro, was nach Abzug der Einnahmen in jenem Jahr zu einem Minus von knapp 155 000 Euro führte. Für Honorare und Gagen gaben die Macher bis 2007 Beträge um 30 000 Euro aus. 2009 war dort ein Spitzenwert mit fast 94 000 Euro erreicht. Noch deutlicher der Mehraufwand für Technik. Lag er in der Stadthalle bei einem Betrag um die 10 000 Euro, steigerte er sich um ein Vielfaches bis auf über 63 000 Euro in 2010. Auch Hotel, Catering und Werbung wurden teurer. Interessanterweise waren die Positionen in den vergangenen beiden Festival-Ausgaben wieder um einiges geringer. Allerdings ist auch der Erlös aus dem Kartenverkauf in diesem Jahr fast auf die Hälfte eingebrochen und betrug nur noch rund 35 000 Euro. Lag der Deckungsgrad nach Auskunft der Verwaltung in der Stadthallen-Ära um die 70 Prozent, ist er danach eingebrochen auf um die 30 Prozent. Der Zuschuss pro Besucher lag zuletzt bei fast 56 Euro, 2001 waren es gerade mal vier Euro.

Der Beschlussvorschlag für die heutige Ratssitzung sieht vor, für das kommende Jahr und für 2014 die Kosten zu deckeln und insgesamt 160 000 Euro bereitzustellen. Zugleich könnte sich ein Arbeits- und Förderkreis mit einer Neukonzeption beschäftigen.

Meinung

Festival bleibt Markenzeichen

Von SZ-Redakteur

Michael Beer

Das St. Ingberter Jazzfestival ist eine Institution. Ein Markenzeichen der Stadt. Liebgewonnen. Wertvoll. Wenn es um die Kosten geht, die es verursacht, darf es dennoch keine Denkverbote geben. Ist kein Geld in der öffentlichen Kasse, müssen kleinere Brötchen gebacken werden, wenn nötig auch bei den kulturellen Aushängeschildern. Deshalb wird derzeit über das Festival und seinen Austragungsmodus diskutiert. Die Ausschüsse haben schon mal die Rolle rückwärts gemacht und ihren Vorschlag eines Zweijahresrhythmus zurückgezogen. Gut so. Für die heutige Stadtratssitzung hat die Verwaltung nun detaillierte Kostenrechnungen zusammengetragen, die einen klareren Blick zulassen. Sie zeigen, dass die Ausgaben mit dem Umzug des Festivals auf die Alte Schmelz explodiert sind. Dieser wunderschöne Veranstaltungsort - mit viel Steuergeld saniert und heute für Veranstaltungen von dritter Seite zu mieten - produziert dabei einige Kosten, besonders die Technik schlägt mächtig ins Kontor. Aber auch Honorare und Gagen, Hotelkosten und Werbung haben ab 2008 mehr gekostet. Muss guter Jazz teuer sein? Der Gründer der Festivals, Jörg Jakob, hatte seinerzeit mit einer Schar Musikbegeisterter beinahe zum Nulltarif und größtmöglichem Enthusiasmus bekannte und unbekannte Musiker in die Stadt gebracht. Er war so unkonventionell wie der Jazz als Stilrichtung. Das Festival ist eine Größe in der Stadt. Es sollte sie bleiben. Mit geringerem Etat. Die vergangenen beiden Jahre haben bereits gezeigt, dass es auch günstiger geht. Wertvoll bleibt das Ereignis für die Stadt auch so.

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