Naturdenkmal „Das haben Leute mit ganz viel Geschmack entschieden“ – Streit um neuen Zaun am St. Ingberter Stiefel
St. Ingbert · Lange wurde darum gerungen, welche Nachfolgelösung es für den maroden Zaun am Naturdenkmal geben könnte. Jetzt ist sie da – und sorgt für Ärger.
Das ist nun also die Lösung, die das Umweltministerium in Saarbrücken für ein Problem am St. Ingberter Naturdenkmal Stiefel gefunden hat: Ein Metallzaun, wie er viele private Gärten einhegt, führt nun deutlich enger als das hölzerne Vorgängermodell um das Wahrzeichen der Stadt und soll dafür sorgen, dass niemand beim Besichtigen des großen Buntsandsteins versehentlich über das Plateau, auf dem der Fels im Wald bei Sengscheid steht, hinaustritt und womöglich mehrere Meter in die Tiefe stürzt.
Vor wenigen Tagen gab es im Wald über der Stadt eine offizielle Einweihung. Allerdings nicht die des Zaunes, der nun um den Stiefel-Fels steht, sondern des Riesen Kreuzmann. Eine Holzfigur, zwei Mann hoch, durchaus furchteinflößend, die im Auftrag des Ortsrates St. Ingbert-Mitte von Kettensägenkünstlern geschnitzt worden ist und nun direkt bei der Wanderhütte des Pfälzerwald-Vereins den St. Ingberter Sagenweg ziert. Ortsvorsteherin Irene Kaiser und Konrad Weisgerber als Vorsitzender des Heimat- und Verkehrsvereins sind an diesem Tag mit weiteren Beteiligten vor Ort, präsentieren der Öffentlichkeit die Skulptur (wir berichteten). Die Frage, ob sie schon den Zaun am Stiefel ein wenig unterhalb der Hütte gesehen habe, verneint die Ortsvorsteherin. Aber sie nimmt die Anregung mit, einen Blick darauf zu werfen.
Konrad Weisgerber, von Hause aus Architekt, hält sich mit einer ästhetischen Einschätzung zurück: „Wer die Verantwortung trägt, muss nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden“. In den 1950er Jahren habe ein System aus zwei rundlaufenden Rohren genügt, eines als Handlauf, eines auf Kniehöhe. Das sei später als nicht sicher empfunden worden. So kamen die Holzlatten dazu, die noch bis vor Kurzem vor Ort waren. Natürlich gebe es optisch gefälligere Lösungen, räumt Weisgerber ein, aber die seien auch deutlich teurer. Eine Nachfrage bei der Pressestelle der Stadt führt zu dieser Einschätzung: „Wir sind sehr froh, dass die Baumaßnahmen abgeschlossen sind, die Besucherinnen und Besucher das Stiefelplateau wieder betreten können und das einzigartige Naturdenkmal wieder ganz aus der Nähe betrachten können“.
Es ist zwei Jahre her, dass die alte Absturzsicherung als baufällig erklärt wurde. In der Folge gab es Termine vor Ort und Gutachten, was am Stiefel zu tun sei. Da der Lattenzaun bedenklich wackelte, wenn jemand daran zog, kam ein Bauzaun vor den Zugang zum Stiefel. Der ist auch aktuell noch vor den neuen Elementen. Matthias Weber, beim Umweltministerium in Saarbrücken mit der Sache betraut, erläutert, es fehlten noch ein paar Teile wie Pfostenstabilisierungen und Handlauf aufgrund von Lieferschwierigkeiten. Ansonsten sei die Absturzsicherung fertig, erklärt er auf Nachfrage.
Eine abschließende Rechnung liege noch nicht vor. Die Behörde rechnet auf Grundlage des Angebotes mit rund 11 000 Euro. Die Kosten für Gutachten betragen knapp 14 000 Euro. Die Summe setzt sich aus vier Gutachten zusammen.
Während Kommunalpolitik, Vereinsvertreter und Mitwirkende an der neuen Skulptur am Sagenweg die Geschichte des Riesen Kreuzmann erläutern, ist Georg Jung mit zwei Helfern an der Wanderhütte des Pfälzerwald-Vereins (PWV) beschäftigt. Der ehemalige Oberbürgermeister der Stadt und Vorsitzende der PWV-Ortsgruppe schüttelt den Kopf. Der Zaun am Naturdenkmal ist für ihn eine Zumutung. Der Pfälzerwald-Verein kümmere sich seit 111 Jahren um das Denkmal im Wald, sagt er, sei aber nicht einbezogen worden, als es um die Sicherung des Plateaus ging.
Die Einzäunung hält er gleichwohl prinzipiell für sinnvoll: „Wo touristische Anlaufpunkte sind, gibt es solche Absturzsicherungen“. Der Verein habe einen Vorschlag gemacht, ein dünnes Metallnetz zu verwenden, kaum zu sehen, aber sicher. Doch er sei nicht gehört worden. Ironisch fügt Jung hinzu: „Das haben Leute mit ganz viel Geschmack auf saarländischer Führungsebene entschieden“. Der Zaun, der seinesgleichen suche, ärgert ihn noch in anderem Zusammenhang. Die Gründungslöcher für die Pfosten seien bestimmt 60 Zentimeter tief, sagt Jung. Sie zerstörten mittelfristig den Fels, lautet seine Befürchtung.
Dem widerspricht Matthias Weber vom Umweltministerium: „Gerade Fragen zur Stabilität des Felsplateaus insbesondere im Randbereich haben das Landesamt für Umwel- und Arbeitsschutz zur Beauftragung des geologischen Gutachtens veranlasst. Entsprechend den Vorgaben dieses Gutachtens wurden die Bohrpunkte aus Stabilitätsgründen im Felsplateau nach innen versetzt.“ Die neue Absturzsicherung habe zum Schutz des Felsens nach innen versetzt werden müssen. Dies habe positive Konsequenzen, erläutert der Ministeriumssprecher. Die Gründungen würden entgegen den Befürchtungen von Georg Jung nicht zu weiteren Ausbrüchen am Fels führen. Der kritische Bereich werde nicht mehr von Menschen betreten. Zudem gebe es im vorderen Bereich des Plateaus „schützenswerte Felsköpfe und Felsklüfte“. Diese Biotope lägen nun nicht mehr erreichbar außerhalb des Zaunes, seien besser geschützt. Weber: „Durch die neue Positionierung der Absturzsicherung ist nicht nur dem Schutz der Besucherinnen und Besucher Rechnung getragen, sondern auch dem Naturschutz im Hinblick auf empfindliche und schützenswerte Felsstrukturen.“