Steine der Erinnerung an die Verfolgten

St Ingbert · Stolpersteine erinnern an Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus aus ihren Wohnungen verschleppt wurden. Nun sollen Ende Juni auch in St. Ingbert solche Erinnerungssteine gesetzt werden. Erste Informationen dazu gab es jetzt bei einer Ausstellung im Albertus-Magnus-Gymnasium.

 Schüler der 8bn1 des AMG beim Betrachten der Ausstellung zu Änne Meier. Foto: Stephan Friedrich

Schüler der 8bn1 des AMG beim Betrachten der Ausstellung zu Änne Meier. Foto: Stephan Friedrich

Foto: Stephan Friedrich

Eine Ausstellung des Adolf-Bender-Zentrums informierte im Albertus-Magnus-Gymnasium über eine der Personen, denen Ende Juni in St. Ingbert ein "Stolperstein" gewidmet werden soll. Dabei handelt es sich um ein Projekt eines Künstlers, der in Zusammenarbeit mit der Stadt an Verfolgte des Nationalsozialismus erinnert, indem er vor ihrer ehemaligen Wohnung einen Stein mit ihrem Namen und ihren Lebensdaten im Bürgersteig verlegt.

Dieter Wirth vom Stadtarchiv informierte darüber, an welche Personen bei der diesjährigen Stolperstein-Verlegung besonders gedacht werden soll. Eine der Verfolgten des NS-Regimes war zum Beispiel Änne Meier, für die sich die Klasse 10b besonders interessiert. Die aus dem St. Wendeler Raum stammende Änne Meier war als Fürsorgerin in St. Ingbert tätig und verbreitete verbotenerweise Hirtenbriefe und Predigten des NS-Gegners Kardinal von Galen. Außerdem leitete sie vom Regime unerwünschte kirchliche Jugendgruppen und weigerte sich, ihre Unterlagen zur Tuberkulose-Forschung herauszugeben, um deren Missbrauch im Zusammenhang mit dem sogenannten "Euthanasie"-Programm zu verhindern. Als Folge davon wurde sie ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Zur Information über Änne Meier nutzte die Klasse vor allem die Ausstellung, die das Adolf-Bender-Zentrum dem AMG leihweise zur Verfügung gestellt hatte.

Die Klasse 8bn1 kümmerte sich besonders um die Familie Victor, die am Beginn des 19. Jahrhunderts zu den ersten jüdischen Familien in Spiesen gehörte, ab 1920 jedoch in St. Ingbert beheimatet war, wo Wilhelm Victor eine Metzgerei betrieb. Im Zuge einer Geschäftsreise verunglückte er und wurde auf dem jüdischen Friedhof in St. Ingbert beigesetzt. Damals, im Jahr 1934, stand in seinem Nachruf, dass der Verstorbene "in allen Kreisen der Bevölkerung in höchstem Ansehen" stand und die "ganze Bevölkerung" ihm "in einem imposanten Trauerzug" die letzte Ehre erwiesen habe. Nur ein Jahr später jedoch begannen die Diskriminierungs- und Unterdrückungsmaßnahmen der Nazis gegen jüdische Mitbürger, so dass viele sich zur Flucht entschlossen. Familie Victor lebt heute in den USA, wobei einigen Mitgliedern buchstäblich in letzter Minute die Ausreise gelang, während andere deportiert wurden und im Konzentrationslager starben. Die Klasse 8bn1 wird mit einem Projekt im Kunstunterricht an Wilhelm Victor erinnern. Auch sie nutzte die Ausstellung über Änne Meier, um sich über die Zeitumstände zu informieren ebenso wie eine Gruppe aus dem evangelischen Religionsunterricht, die auf diese Weise ihre Unterrichtsreihe über Anne Frank vorbereiten konnte. Die Ausstellung in der Aula der Schule konnte auf diese Weise also gleich mehrere Unterrichtsprojekte fächerübergreifend bereichern.

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