Stadt renaturiert "Störenfried"

St. Ingbert · Noch ein Jahr, dann ist es soweit. Dann fließt der Rohrbach wieder durch ein natürliches Bachbett. In den 1930er Jahren hatte man es als störend empfunden und begradigt. Damit die Renaturierung nicht an klammen Stadtkassen scheitert, überreichte Saar-Umweltstaatssekretär Krämer gestern St. Ingberts OB Wagner einen Scheck über 106 000 Euro.

 Sauber verformt: Seit den 1930er Jahren zwängen Betonplatten den Rohrbach in ein enges Korsett. Die Zeiten sind schon bald vorbei. Spätestens 2013 soll das Gewässer wieder in seinem natürlichen Bachbett fließen. Foto: Cornelia Jung

Sauber verformt: Seit den 1930er Jahren zwängen Betonplatten den Rohrbach in ein enges Korsett. Die Zeiten sind schon bald vorbei. Spätestens 2013 soll das Gewässer wieder in seinem natürlichen Bachbett fließen. Foto: Cornelia Jung

St. Ingbert. Ein sauber verformter Bach passt nicht mehr zum Image einer immer grüner werdenden Biosphärenstadt. Das hatte einst schon St. Ingberts Ex-Oberbürgermeister Georg Jung gedacht, und das sieht auch Hans Wagner, also das neue Oberhaupt der Mittelstadt, so. Deshalb treibe er die Renaturierung des Rohrbachs, die sein Vorgänger 2008 begonnen hatte, weiter voran. "Es war einst reichlich kurz gedacht gewesen, ein natürliches Bachbett, das über tausende Jahre perfekt funktioniert habe, in ein Betonkorsett zu stecken" - also in ein ökologisch fragwürdiges Material mit einer begrenzten Lebensdauer.Diese Denkweise sei allerdings früher nicht ungewöhnlich gewesen, meint Roland Krämer, der saarländische Umweltstaatssekretär. "Bis in die 60er/70er Jahre empfand man die Natur eher als Gegner, wollte den ,Störenfried' quasi bändigen." Heute sehe man das glücklicherweise nicht mehr so. Gerade die St. Ingberter seien da weiter als viele andere Städte und Gemeinden, lobte Krämer. Deshalb überreichte der Staatssekretär gestern OB Wagner "trotz klammer Staatskassen" einen Förderbescheid über 106 000 Euro.

Offiziell beginnt der dritte Abschnitt der Rohrbach-Renaturierung im September. Diesmal geht's um ein 245 Meter langes Stück des Bachs in Höhe des Rentrischer Wegs im gleichnamigen Stadtteil. Dort sei das Gewässer in den 1930er Jahren mit Betonplatten begradigt worden, um das Abwasser schneller abtransportieren zu können. Dieses Mal soll mit möglichst geringen Eingriffen in die Natur und die Landschaft die natürliche Gewässerstruktur des Rohrbachs wiederhergestellt werden, sagt Krämer. Ähnliche Maßnahmen wurden schon am Wasserlehrpfad Rentrisch und in der Nähe des St. Ingberter Freibads umgesetzt.

Doch nicht nur aus reiner regionaler Naturliebe werde der Rohrbach renaturiert. "Die Städte und Gemeinden setzen damit vielmehr auch eine Richtlinie der EU um", weiß Harry Scheer, Sachbearbeiter im Saar-Umweltministerium. Die Order besage, dass viele Flüsse und Bäche in Deutschland wieder in einen solchen ökologischen Zustand gebracht werden müssen, dass sich die einst heimische Unterwassertierwelt erneut dort ansiedeln könne. Das heißt: Die Rohrbach-Renaturierung ist also durchaus als ein von Brüssel verordneter Naturschutz zu sehen. Positiv sei die Maßnahme für die St. Ingberter auch deshalb, weil das Risiko von Überschwemmungen deutlich zurückginge, hieß es gestern im Rathaus.

Das Umweltschutz-Projekt kostet die Stadt, das Land und weitere Sponsoren am Ende wohl einen Betrag von insgesamt rund 250 000 Euro.

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