Schnelle Hilfe beim Schlaganfall

St Ingbert · Die Idee eines Rettungswagens, der dank seiner Ausstattung Schlaganfall-Patienten schon auf dem Weg ins Krankenhaus versorgen kann, wurde an der Uniklinik in Homburg entwickelt. Beim Einsatz in St. Ingbert soll sich die sogenannte MSU ihre Effektivität auch jenseits der Mutterklinik beweisen.

 Stefan Helwig, Michael Kettner und Andreas Ragoschke-Schumm (von links) demonstrieren während der Stationierung der Mobile Stroke Unit am St. Ingberter Kreiskrankenhaus, wie das Fahrzeug von innen aussieht und wie darin gearbeitet wird. Foto: Cornelia Jung

Stefan Helwig, Michael Kettner und Andreas Ragoschke-Schumm (von links) demonstrieren während der Stationierung der Mobile Stroke Unit am St. Ingberter Kreiskrankenhaus, wie das Fahrzeug von innen aussieht und wie darin gearbeitet wird. Foto: Cornelia Jung

Foto: Cornelia Jung

Die Mobile Stroke Unit (MSU), der Rettungswagen, der zu Menschen mit Verdacht auf Schlaganfall "ausrückt" und den die Saarbrücker Zeitung vor Kurzem vorstellte, ist ein ur-saarländisches "Produkt". Es geht auf eine Idee von Prof. Klaus Faßbender zurück, der Schlaganfallpatienten schneller und effizienter versorgen wollte. Noch bis 2008 dauerte es, als die MSU so weit entwickelt war, dass sie in eine erste Probephase gehen konnte. Derzeit befindet sie sich zu Forschungszwecken im zweiten Testabschnitt und ist noch nicht im Regel-Rettungsdienst unterwegs. Der Name ist dem Krankenhaus entlehnt, wo die Schlaganfallspezialstationen Stroke Units heißen.

In diesem in Homburg entwickelten Spezialfahrzeug, das ein Notfalllabor, in dem unter anderem die Blut-Gerinnungswerte ermittelt werden können, und einen Computertomografen enthält, wird eine erste ärztliche Untersuchung vorgenommen und auch die Gefäße im Kopf können dargestellt werden. Wird bei einem Patienten ein Gefäßverschluss festgestellt, kann direkt vor Ort eine Therapie eingeleitet werden. Bei dieser Thrombolyse wird mit einem hochaggressiven Medikament das Blut so verdünnt, dass sich im besten Fall die ursächliche Verklumpung löst.

"Wir übernehmen die Hälfte des Parts der Stroke Units im Krankenhaus, sind diesem also vorgeschaltet", erläutert Stefan Helwig, der die MSU mit auf die Straße gebracht hat. Wie der Notarzt und Neurologe sagt, habe man mit diesem "Krankenhaus, das zum Patienten kommt" eine maximale Zeitersparnis, weil es bei der Rettung von Schlaganfallpatienten um Sekunden und Minuten geht. Bei der Studie, die mit der MSU erarbeitet wird, geht es ebenfalls um Schnelligkeit. Regionen, in denen keine MSU im Einsatz ist, werden mit anderen Standorten verglichen und geschaut, ob eine Verbesserung "messbar" ist. Die erste Studie, die entsprechende Daten von 2008 bis 2012 sammelte, hätte gezeigt: Die Zeiten, in denen die Patienten in einem MSU-ausgestatteten Gebiet versorgt werden, haben sich halbiert.

Das sind gut investierte 500 000 Euro, die die Ausstattung eines solchen Fahrzeugs kostet - rund das 2,5-fache eines normalen Rettungswagens. Der Prototyp des weltweit ersten Fahrzeugs war noch ein umgerüsteter, doppelt so teurer 7,5-Tonner, der in Handarbeit entstand. In Berlin gibt es schon drei solche Fahrzeuge in der Regelversorgung. "Die Berliner haben bei uns abgeguckt", sagen Helwig, der Radiologe Andreas Ragoschke-Schumm sowie der Neuroradiologe Michael Kettner, die regelmäßig mit der MSU im Einsatz sind.

Alle 20 Fahrzeuge mit ähnlichem Aufbau, die weltweit in Norwegen, den USA, Bangkok oder Australien Leben retten, gehen auf die "saarländische Erfindung" zurück. "Ärzte, die das in ihren Heimatländern initiiert haben, waren alle in unserer Arbeitsgruppe", sagen die drei. Aktuell befindet sich das Fahrzeug seit 2015 in seiner zweiten Testphase. "Nun wollen wir zeigen, dass sich die MSU auch an zwei Standorten unabhängig vom Mutterkrankenhaus bewährt", sagen die Ärzte mit Verweis auf die Stationierung in St. Ingbert und Püttlingen. Diese "Pionierarbeit" mit der MSU bedeutet neben den normalen Einsatzzeiten für das Wohl der Patienten jede Menge Logistik, Organisation und Abstimmung, um den Betrieb der rollenden "Schlaganfallhilfe" zu sichern und die teilweise ehrenamtliche Arbeit der Ärzte, die die Einsätze fahren, zu koordinieren. Viele Stellen arbeiten zusammen, damit das Projekt "auf der Straße" erfolgreich ist (siehe Info). Man arbeite mit allen Kooperationspartnern gut zusammen und habe freundschaftliche Bande geknüpft. Der Erfolg liege im "Ergänzen der Kompetenzen". Sei die Idee von Neurologen im Rettungswagen anfangs belächelt worden, habe man nun sogar überregional Interesse hervorgerufen, nicht zuletzt durch die Berichterstattung renommierter Wissenschaftsmagazine . Bei 500 Alarmierungen der MSU durch die Rettungsleitstelle auf dem Winterberg seit 2015 gab es 150 Patienten mit Schlaganfall. "Es gibt noch ein großes Feld zu beackern, aber je mehr Infos wir haben, desto besser können wir den Nutzen einschätzen. Wir sind noch am Datensammeln, glauben aber, dass das System das beste ist, das man haben kann", sagt Stefan Helwig.

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 Die Mobile Stroke Unit am Kreiskrankenhaus. Foto: Helwig

Die Mobile Stroke Unit am Kreiskrankenhaus. Foto: Helwig

Foto: Helwig

Stichwort Die MSU (Mobile Stroke Unit) ist Ergebnis einer Kooperation von Neurologie und Neuroradiologie der Universitätsklinik und Universität des Saarlandes , vom Zweckverband für den Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung, vom Kreisverband Homburg des DRK, den Rettungswachen des Rettungszweckverbandes in den Einsatzgebieten und dem Gesundheitsministerium. con

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