Ruhe ist wie Musik in meinen Ohren

Zugegeben, zeitweise hat mich sein Gedudel unter unserem Fenster regelrecht gequält. Aber irgendwie tut er mir nun leid, der Akkordeonspieler aus der Fußgängerzone, der kaum ein Wort Deutsch spricht.

"Russland", "suruck", hat er vergangene Woche gesagt. Jetzt ist er weg. Die Polizei habe gesagt, am Mittwoch soll er sein letztes Lied spielen. Und das tat er. Im Regen nahm er Abschied. Weshalb er aber nun fort ist, das weiß niemand. Die Polizei weiß nichts von einer Beschwerde wegen Lärmbelästigung, niemand weiß eine Antwort auf das Rätsel. Auch die beiden vorherigen Musikanten, die über die Weihnachtszeit ihr sich ständig wiederholendes Repertoire auf dem Akkordeon runterjaulten, auch sie sind spurlos verschwunden. Möglicherweise wurde ihnen ein nicht vorgenommener Platzwechsel zum Verhängnis? Denn im Gegensatz zu dem verschollenen Russen spielten sie Tag ein Tag aus am gleichen Platz: unter unserem Fenster! Das ist nach den Spielregeln der Stadt untersagt. Jede Stunde gilt es den Platz zu wechseln. Um Beschäftigte zu schonen. Und dann sind auch alle froh, denn Straßenmusik "bringt Abwechslung in die Fußgängerzone", so Stadtsprecher Gaschott. Daher: Gute Reise, lieber Akkordeonspieler. Aber kannst du vielleicht fürs nächste Mal Gitarre spielen lernen?

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort