Rohrbacher wollten Rathaus retten

St Ingbert · Die Herrschaft der Stadtoberen ist passé – zumindest bis Aschermittwoch. Denn die Narren haben in St. Ingbert die Macht an sich gerissen, mit verboozter Frechheit und einem Kalauer nach dem anderen.

 Nahezu kampflos ergab sich Oberbürgermeister Hans Wagner am Samstag den Angreifern der DNZ-Ehrengarde, mit denen er dann direkt in die Stadthalle „einrückte“. Foto: Cornelia Jung

Nahezu kampflos ergab sich Oberbürgermeister Hans Wagner am Samstag den Angreifern der DNZ-Ehrengarde, mit denen er dann direkt in die Stadthalle „einrückte“. Foto: Cornelia Jung

Foto: Cornelia Jung

. Gut sah er aus, der Chef vom Rathaus, wie er da kurz vorm Rathaussturm als edler Knappe mit dem goldenen Schlüssel in der Hand auf das jährliche Procedere wartete. Sichtlich erholt war er aus seinem Urlaub zurückgekehrt und gab sich vielleicht auch deshalb entspannt und wenig kampfeslustig. Er werde ja sowieso gleich wieder unterliegen, vermutete er richtig. Er bedankte sich bei den närrischen Zaungästen, dass sie gekommen waren und auch der neuen Sturmzeit zwei Stunden später als in den Jahren zuvor "wohlwollend" gegenüberstanden.

Der Besucherzahl hatte es keinen Abbruch getan, mehr als sonst schienen es aber auch nicht zu sein. Irgendwie war alles ein bisschen anders. So liefen die Garden auf der anderen Seite des Marktes, um sich vorm Rathaus zu positionieren, was den ein oder anderen Fotografen, der sich schon seinen Standort gesucht hatte, verunsicherte. In diesem Jahr waren auch die Kameraden der Feuerwehr, die sonst die zahlenmäßig stärksten "Kämpfer" waren, nicht zur Verteidigung angetreten. Im Text des OB standen sie noch: "...ich bin nämlich schlau, hann an alles gedacht. Die Feierwehr met ihre Kanone schussbereit, die duhn mich beschütze vor so närrische Leit." Nein, tat sie nicht. Es sei für diese zu spät, sagten die einen. Verwaltung und Stadtrat schienen die Gründe zu kennen. "Kein Kommentar", hieß es aus diesem Lager.

In der Rede der anderen drei wurde aus der Feuerwehr "einiche Starke". Bei den Dreien handelte es sich nicht nur um Vertreter der St. Ingberter Karnevalsvereine, die sich den verbalen Schlagabtausch mit Hans Wagner lieferten, sondern es waren neben Markus Seel von der DNZ auch Heike Kretschmer von den Rentrischer "Holzhauern" sowie Lisa Bender von der KG "dann wolle ma emol" aus Rohrbach zum Sturm bereit. Auch das ein Novum. Heiliges Abendland, jetzt stürmen schon "Auswärtige" die St. Ingberter Macht-Zentrale.

Rohrbacher Schützinnen waren es dann auch, die die Schüsse zur Abschreckung der Stürmenden abschossen. "Menscht du vielleicht, mer hätte Angschd vor der? Du bisch nur eener, unn mer sinn viel mehr! Du kannsch Baustelle mache, noch unn nöcher, das halt uns nett uff, mer laafe durch die Löcher", hieß es an Wagners Adresse gerichtet. Der wollte das Rathaus dann doch nicht einfach so aufgeben und drohte für den Notfall damit, sein Bett im Rathaus aufstellen zu wollen. Das brauchte er nicht, denn als das Rathaus von der DNZ-Garde gestürmt wurde, ging es, nein, nicht etwa ins Rathaus, sondern direkt zum Feiern in die Stadthalle. Hut ab, das muss den St. Ingbertern erst mal jemand nachmachen, die einen Sturm aufs Rathaus inszenierten, ohne bei dessen erfolgreicher Einnahme einen Fuß in selbiges zu setzen.

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