Rehlinger: Biosphäre als lokale Chance anpacken

St Ingbert · Die Biosphäre Bliesgau entwickele sich positiv, sagt Umweltministerin Anke Rehlinger bei einem Besuch der Redaktion. Zugleich fordert sie ein beherztes Anpacken bei der Entwicklung des Rahmenkonzepts.

 Umweltministerin Anke Rehlinger erläutert zu Gast in der Redaktion SZ-Redakteur Michael Beer ihre Biosphärenziele. Foto: Jörg Jacobi

Umweltministerin Anke Rehlinger erläutert zu Gast in der Redaktion SZ-Redakteur Michael Beer ihre Biosphärenziele. Foto: Jörg Jacobi

Foto: Jörg Jacobi

Umweltministerin Anke Rehlinger (SPD) hat ein Auge auf die Biosphäre geworfen. Ein Hauch von Ungeduld lässt sich heraushören, wenn es um den aktuellen Entwicklungsstand der Modellregion geht. Das Biosphärenreservat Bliesgau ist bekanntlich 2009 von der Unesco anerkannt worden. Jetzt, Ende 2013, bemüht es sich um ein Rahmenkonzept, das bis September 2014 stehen soll. Damit vollziehe das Reservat eine Forderung des nationalen MAB-Kommitees (MAB steht ins Deutsche übertragen für "Mensch und Biosphäre"), sagt die Ministerin. Üblicherweise müsse ein solches Konzept drei Jahre nach der Anerkennung erstellt werden. Rehlinger: "Die Frist ist ausgereizt."

Ein "gewisser Klärungsprozess" sei notwendig gewesen, zeigt sie gleichwohl Verständnis dafür, dass auf die Begeisterung über das Unesco-Prädikat dessen inhaltliche Ausgestaltung nicht in allen Punkten unter Hochdruck vorangetrieben wurde. Zwei Aspekte können dies beispielhaft verdeutlichen: Ob Mini-Gemeinden wie Gersheim genauso viel für den Biosphären-Apparat bezahlen müssen wie etwa die Stadt St. Ingbert, ist in den vergangenen beiden Jahren kontrovers diskutiert worden. Rehlinger sagt, zur Finanzierung stehe jetzt ein neues Modell zur Diskussion, das sie für konsensfähig erachtet. Ein anderer Punkt: Die Biosphären-Kommunen haben sich erfolgreich beim Modellprojekt "100 Prozent Klimaschutz" beworben. Alle Kommunen? Nein, Mandelbachtal macht (bislang) nicht mit, weil es negative Folgen befürchtet. Die Umweltministerin wird auch in diesem Zusammenhang nicht laut, aber dennoch deutlich. Sie hoffe auf ein "konsistentes Bild der Biosphäre. Klimaschutzparzellen gehen nicht."

So ringt die Biosphäre mit ihren sieben beteiligten Städten und Gemeinden zwischen Homburg, Gersheim, Kleinblittersdorf und St. Ingbert um eine gemeinsame Ausrichtung. Und das Ministerium scheint entschlossen, das Heft des Handelns behutsam in die Hand zu nehmen. In Sachen Rahmenkonzept haben die Beteiligten in öffentlicher Veranstaltung jüngst eine "Lenkungsgruppe" gebildet, das Ministerium sei federführend, sagt Holger Zeck, der im Umweltministerium für das Thema zuständig ist. Nun geht es also an die Kärrnerarbeit, das Fundament der Bliesgau-Biosphären-Idee zu gießen. Anke Rehlinger hat dabei schon Ideen. Die Stadt/Land-Beziehung, die dem Reservat ein gewisses Alleinstellungsmerkmal schenke, müsse sich wiederfinden. Tourismus, nachhaltige Produkte, Bildung, Klima- und Naturschutz tippt sie an und weiß selbst: "Es darf kein Bauchladen werden." Also nicht zu viel hineinpacken.

Bei aller Ungeduld sieht sie auch positive Ergebnisse. Das Schullandheim in Gersheim etwa, Spohns Haus, hebt sie als Leuchtturm hervor. Aber auch in Sachen nachhaltigem Wirtschaften und Genussregion sei viel zu sehen: Lammwoche, Ölmühle, Biosphärenregal, Apfelsaft von der Streuobstwiese oder die Milchprodukte der Bliesgau-Molkerei spricht sie an. Nicht zuletzt wertet sie als großen Erfolg, dass die Deutsche Bahn die Region in ihre Reihe "Fahrtziel Natur" aufgenommen hat.

Dass es zu viele Akteure gebe angefangen beim Biosphärenzweckverband, in dem sich die beteiligten Kommunen wiederfinden, über die Lokale Aktionsgruppe Biosphärenreservat Bliesgau bis zum Biosphärenverein mit über 200 Mitgliedern, die ein Vorwärtskommen erschwerten, glaubt die Ministerin nicht. Schließlich sei der Gedanke der Bürgerbeteiligung ein Grundpfeiler der Geschichte, gibt sie zu bedenken. In der zuweilen schwierigen Gemengelage (auch die Windkraft-Diskussion ist ein Beispiel) appelliert sie: "Die Biosphäre ist kein Verhinderungsmodell, sondern sie bietet Entwicklungschancen für die Region." Das müssten alle Akteure beherzigen. Ihr Ministerium sehe sich in der Verantwortung, zum Gelingen beizutragen. Das Engagement beim Rahmenkonzept lässt sich als Startschuss verstehen.

Zum Thema:

HintergrundAm Biosphärenreservat Bliesgau, 36 152 Hektar groß, sind die Städte Blieskastel, Homburg und St. Ingbert sowie die Gemeinden Gersheim, Kirkel, Kleinblittersdorf, Mandelbachtal beteiligt. Nach zehn Jahren steht 2019 die Wiederanerkennung durch die Unesco an. Das Prädikat Biosphärenreservat ist daran gebunden, dass Entwicklungsziele, die sich das Reservat vornimmt, auch erreicht werden. Eine Entwicklung soll in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht erfolgen. Eng verzahnt ist die Biosphäre Bliesgau mit dem Leader-Programm, über das Geld für Projekte fließt. Das Rahmenkonzept soll in den kommenden Monaten erarbeitet werden. Daraus sollen sich dann konkrete Maßnahmen und Projekte ableiten. mbe

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