Quote und Quartierliste

St Ingbert · Einiger Bürokratie begegnet, wer der Frage nachforscht, wie sich die allwöchentliche Zuweisung von Flüchtlingen in der Praxis vollzieht. Bei der Stabsstelle Integration wird aber auch deutlich: Klare Regeln und eine feste Routine helfen einer menschlichen Aufnahme der Asylsuchenden in St. Ingbert.

 Vor Weihnachten konnte ein aus Syrien stammender Vater mit seinen beiden Söhnen nach gut zweimonatiger Unterbringung in der Schillerschule mit Sack und Pack in eine Privatwohnung umziehen. Abdulhadi Olaby (rechts) stand als Dolmetscher bereit. Foto: Manfred Schetting

Vor Weihnachten konnte ein aus Syrien stammender Vater mit seinen beiden Söhnen nach gut zweimonatiger Unterbringung in der Schillerschule mit Sack und Pack in eine Privatwohnung umziehen. Abdulhadi Olaby (rechts) stand als Dolmetscher bereit. Foto: Manfred Schetting

Foto: Manfred Schetting

. Der Zustrom der Flüchtlinge kennt in St. Ingbert keine Feiertage. So kamen am Dienstag vor Heiligabend 26 Asylsuchende vom Landesaufnahmelager in Lebach in die Mittelstadt. Diese Zahl war für die vergangenen Wochen durchschnittlich. "Das einzig Besondere an diesem Flüchtlingsbus war sein Ankunftstag. Wegen der Weihnachtstage erfolgte die Zuweisung ausnahmsweise am Dienstag und nicht wie sonst am Donnerstag", sagt Mike White, der Leiter der Stabsstelle Integration in der Stadtverwaltung.

Wenn neue Flüchtlinge nach St. Ingbert kommen, ist wenig dem Zufall überlassen. So weiß die Stabsstelle nicht nur, wie viele Menschen zugewiesen werden, sondern auch wer genau in die Mittelstadt kommt. Ob Frauen, Männer und Kinder dabei sind, steht ebenso bereits fest, wie deren familiären Beziehungen und wo genau sie untergebracht werden. Die Abläufe entsprechen einer festen Routine und die erklärt White so: Die Zahl der Zuweisungen erfährt die St. Ingberter Verwaltung wöchentlich vom Saarpfalz-Kreis, genauer von dessen Polizeibehörde. Denn dieser wird stets von Lebach mitgeteilt, wie viele Flüchtlinge in der nächste Woche auf den Saarpfalz-Kreis entfallen. Genau 22,14 Prozent der aus dem Landesaufnahmelager kommenden Asylsuchenden werden nach dem saarländischen Verteilungsschlüssel dem Saarpfalz-Kreis zugewiesen. Von diesen wiederum übernimmt St. Ingbert ein Viertel. "Aus dieser Quote entsteht eine erste Liste mit Namen, Geburtsdaten und Hinweisen auf familiäre Beziehungen der Personen", erläutert White weiter. Für dieses Puzzle hat die Stabsstelle dann einen Tag Zeit, es Unterkünften zuzuordnen. "Bisher haben wir es gemeinsam mit unseren Mitarbeitern für Wohnraumbeschaffung und -betreuung immer geschafft, die jeweiligen Konstellationen mit einer zumindest für die Erstaufnahme passenden Bleibe in Einklang zu bringen", bemerkt Sozialarbeiterin Birgit Schöndorf. Doch der Wohnraum müsse halt nicht nur vorhanden, sondern auch verträglich sein. "Für alleinstehende junge Männer kommen andere Quartiere in Frage als für Familien oder Frauen mit Kindern." Wenn klar ist, wer wo unterkommt, ergibt sich eine konkrete Aufnahmeliste. Die geht zurück zum Kreis und von dort weiter nach Lebach. Und wenn die Flüchtlinge dann wie am vergangenen Dienstag nach St. Ingbert kommen, haben sie hier schon eine Adresse. Und die steuert dann reihum der Flüchtlingsbus an, der morgens der Stabsstelle nochmals angekündigt und von einem Zwei-Tonnen-Unimog der Bundeswehr begleitet nach St. Ingbert kommt. Schöndorf: "An den einzelnen Unterkünften werden die Ankommenden jeweils bereits von einem Mitarbeiter unseres Sozialdienstes erwartet, der die ersten Schritte in unserer Stadt begleitet." Unser Begrüßungsritual nennt die städtische Sozialarbeiterin das. Nachdem das Gepäck untergebracht ist, werde - auch mit Hilfe der Sprachmittler bei der Stabsstelle - versucht, die Ankommenden zur Ruhe kommen zu lassen. Dann folge aber schon die Schlüsselverteilung, die Anmeldung und die erste Auszahlung. "Kurz: Ein bisschen Bürokratie , doch die gehört halt dazu." Weitgehend genauso soll es auch am morgigen Dienstag ablaufen, an dem in St. Ingbert zwölf Zuweisungen angekündigt sind. Wobei dieser Aufnahmetag gar nicht so selbstverständlich war. Schon vor Wochen hatte der Saarländische Städte- und Gemeindetag in den Kommunen nachgefragt, ob diese fähig seien, auch zwischen den Feiertagen Flüchtlinge aufzunehmen. Nach kurzer Bedenkzeit stand für das Team um White und Schöndorf fest: "Wir sind fähig." Natürlich wäre eine Pause schön gewesen, doch die gebe es für die Flüchtlinge ja auch nicht. Deshalb stehe man bereit. "Wer die christliche Weihnacht mit Herbergsuche und dem Wunsch nach Frieden auf Erden ernst nimmt, hat aktuell keine Alternative", meint Schöndorf.

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Hintergrund Die Gesamtzahl der Flüchtlinge wird auf 682 steigen, wenn am morgigen Dienstag zwölf weitere Asylsuchende nach St. Ingbert kommen. Nach Angaben der Stabsstelle Integration wurden 2013 acht, 2014 insgesamt 112 und 2015 insgesamt 550 Flüchtlinge in der Mittelstadt untergebracht. Von den Neuankömmlingen dieses Jahres wurden 474 vom Aufnahmelager Lebach zugewiesen, die Übrigen kamen unter anderem durch Familienzuzug. schet

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