Kinowerkstatt St. Ingbert Wie Udo Lindenbergs Karriere begann

St. Ingbert · Die Kinowerkstatt St. Ingbert zeigt am Wochenende zudem „Nur eine Frau“ über das Problem Ehrenmord und noch einmal „Parasite“.

 Almila Bagriacik spielt Aynur in „Nur eine Frau“.

Almila Bagriacik spielt Aynur in „Nur eine Frau“.

Foto: NFP/Mathias Bothor

Auf dem Gehsteig vor einem Berliner Mietshaus liegt eine Leiche, bedeckt mit einem weißen Tuch. „Das bin ich“, teilt die Stimme einer jungen Frau aus dem Off mit: „Mein Bruder hat mich erschossen“. Gleich im ersten Bild ihres neuen Films „Nur eine Frau“ macht die Regisseurin Sherry Hormann klar, dass hier jemand in eigener Sache spricht und damit die Deutungshoheit über die Geschichte beansprucht. Jemand – das ist Hatun Aynur Sürücü, eine junge Frau, die im Jahr 2005 einem „Ehrenmord“ zum Opfer fiel, weil sie sich von der Tradition ihrer strenggläubigen kurdisch-türkischen Familie gelöst hatte. Der Fall zog ein gewaltiges Medienecho nach sich. Ihn fürs Kino aufzubereiten, war wohl nicht ohne Risiko. „Nur eine Frau“ (Deutschland 2019) läuft am Freitag, 28. Februar, um 19 Uhr in der Kinowerkstatt St. Ingbert, Pfarrgasse 49.

Schon lange ist man bei der Programmplanung der Kinowerkstatt auf der Suche nach einem passenden Film zum Thema „Ehrenmord“, wie er in bestimmten arabischen Kulturen vorkommt. Mit Sherry Hormanns bewegendem Spielfilm „Nur eine Frau“ ist der passende Film gefunden, der anschaulich schildert, worum es geht. Eine kompetente Referentin ist mit Rahsan Dogan aus Karlsruhe, Anwältin für Familienrecht, ebenfalls gefunden. Die Kinowerkstatt lädt alle ein zu einem Vortrag mit Film und mit anschließendem Gespräch am Freitag, 28. Februar, um 19 Uhr.

Der Begriff Ehrenmord bezeichnet die Tötung oder Ermordung eines in der Regel weiblichen Mitglieds aus der Familie des Täters als Strafe für eine vermutete Verletzung der familieninternen Verhaltensregeln durch das Opfer. Der Mord soll die vermeintliche Schande, die drohende oder bereits zugefügte gesellschaftliche Herabsetzung des Täters und seiner Familie abwenden und dem Umfeld signalisieren, dass die „Ehrbarkeit“ wiederhergestellt wurde.

Obwohl es sich in der Mehrzahl der Fälle bei dem Opfer um eine Frau oder ein Mädchen und bei dem Täter um ein männliches Familienmitglied handelt, sind auch Männer als Liebhaber einer Frau oder Homosexuelle gefährdet. Derart motivierte Morde sind in archaischen, von Stammestraditionen bestimmten Gesellschaften im Nahen und Mittleren Osten am häufigsten zu finden. Obwohl sie einer vorislamischen Tradition entstammen, treten sie in islamischen Staaten, besonders in solchen mit Scharia-Gesetzgebung im Nahen und Mittleren Osten sowie Pakistan vermehrt auf, lassen sich aber ebenfalls in nicht-muslimischen Regionen in Indien oder Lateinamerika nachweisen. Sogenannte „Ehrenmorde“ kommen auch vereinzelt in europäischen Ländern mit hohem Zuwandereranteil aus den betreffenden Gebieten vor. Nach Schätzungen des Weltbevölkerungsberichts der Uno aus dem Jahr 2000 werden alljährlich rund 5000 Mädchen und Frauen in mindestens 14 Ländern wegen „sittlicher Ehre“ ermordet.

In westlichen (Industrie-)Ländern geschehen Ehrenmorde vorwiegend in Großstädten und Ballungszentren mit relativ hohem Anteil von Ausländern oder Migranten aus besonders traditionsbewussten Kulturkreisen. In Großbritannien beispielsweise liefen im Sommer 2007 Mordermittlungen in rund 100 Fällen sogenannter Ehrenmorde.

Auch lange vor seinem großen Bühnendurchbruch 1973 in Hamburg, seinen 4,4 Millionen verkauften Tonträgern und erfolgreichen Songs wie „Mädchen aus Ost-Berlin“, „Andrea Doria“, „Sonderzug nach Pankow“, „Hinterm Horizont“ und „Ich lieb dich überhaupt nicht mehr“ erlebte der Rockmusiker Udo Lindenberg (Jan Bülow) aus der westfälischen Provinz, der Mann mit den langen Haaren und dem Hut, schon so manches Abenteuer. Bevor alles begann, zog es ihn von der Einöde Gronaus nach Hamburg, wo er Paula (Ruby O. Fee) kennenlernte. Als mit Steffi Stephan (Max von der Groeben) das Dreiergespann komplett ist, entwickelt sich die Idee, eine Band zu gründen – das war schon immer Udos großer Traum. Doch der Weg dahin war lang: Er trommelte als Jazz-Schlagzeuger in Bands, hatte einen höchtsgefährlichen Auftritt in einer US-amerikanischen Militärbasis mitten in der libyschen Wüste und glaubte immer daran, es bis nach ganz oben zu schaffen. Mit seinen Markenzeichen und seiner unvergleichlichen Art zog er ganz einfach sein Ding durch. Der Film „Lindenberg! Mach dein Ding“ (Deutschland 2019) über das Leben des jungen Udo Lindenberg (Jan Bülow) läuft jetzt in der Kinowerkstatt nur am Samstag, 29. Februar, um 20 Uhr, sowie am Montag, 2. März, um 18 Uhr.

 Jan Bülow (Mitte) als Udo und Max von der Groeben (rechts) als Steffi Stephan in einer Szene des Films „Lindenberg! Mach dein Ding!“

Jan Bülow (Mitte) als Udo und Max von der Groeben (rechts) als Steffi Stephan in einer Szene des Films „Lindenberg! Mach dein Ding!“

Foto: dpa/Gordon Timpen

Weiterhin für alle, die ihn bisher noch nicht sehen konnten, läuft der diesjährige Oscar- Gewinner „Parasite - Parasiten“ (Südkorea 2019) noch einmal nur am Sonntag, 1. März, um 18 Uhr.

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