Geschichte des ÖPNV Nostalgische Reise in die Vergangenheit

Saarlouis · Nahverkehrsexperte Roland Priester und Journalist Stephan Lücke haben den Bildband „Straßenbahnen im Saarland“ herausgebracht.

   Wagen der Saarlouiser Straßenbahn 1958 vor der Wartehalle am Kleinen Markt

Wagen der Saarlouiser Straßenbahn 1958 vor der Wartehalle am Kleinen Markt

Foto: Wolfgang Kramer/Sammlung Axel Reuther

Die Autoren des Buchs „Straßenbahnen im Saarland“, Dr. Roland Priester, Referatsleiter Öffentlicher Nahverkehr im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr des Saarlandes, und Journalist Stephan Lücke berichten über die Entstehung des Bildbands.

Wieso haben Sie ein Buch über die Straßenbahngeschichte im Saarland geschrieben?

Roland Priester Vor einem Jahr veröffentlichten wir unseren Bildband über die Straßenbahn in Neunkirchen, meiner Heimatstadt. Zu unserer Freude – und Überraschung – stieß das Buch auf großes Interesse. Die Auflage war bereits nach wenigen Tagen ausverkauft, sodass das Buch nachgedruckt werden musste. Mit einer solchen Nachfrage hatte auch der Verlag nicht gerechnet. Im Rahmen einer Signierstunde in einer Neunkircher Buchhandlung erhielten wir zudem zahlreiche positive Rückmeldungen, sodass wir auf die Idee kamen, ein zweites Buch zu realisieren – diesmal über alle ehemals bestehenden saarländischen Straßenbahnbetriebe.

In welchen Städten des Saarlands gab es Straßenbahnbetriebe?

Stephan Lücke In Saarbrücken, Saarlouis, Neunkirchen und Völklingen. Die Betriebe gründeten sich in der Zeit des deutschen Kaiserreichs, wobei Saarbrücken 1890 mit einer dampfbetriebenen Straßenbahn den Anfang machte und Völklingen 1909 als letzter an den Start ging. In den 1950er und 1960er Jahren wurden die saarländischen Straßenbahnbetriebe stillgelegt, da die betagten „Rumpelkästen“ angeblich nicht in das aufkommende Autozeitalter passten. Eine Ausnahme: die Neunkircher Straßenbahn, die wegen der Steilstrecke am Hüttenberg bis 1978 überlebte. Grund: Für die Busmotoren war damals die 11 Prozent Steigung zu viel.

Roland Priester Wer sich mit der Straßenbahngeschichte des Saarlands befasst, merkt schnell, wie ungeheuer spannend und vielseitig sie ist. Man muss sich einmal vorstellen, dass man einst mit der Straßenbahn kreuz und quer durch das Saarland fahren konnte und zwei Betriebe sogar bis nach Frankreich führten. Zudem konnte häufig vom einen in den anderen Betrieb umgestiegen werden, etwa in Luisenthal von der Saarbrücker in die Völklinger Straßenbahn oder in Spiesen vom Neunkircher in den Saarbrücker Betrieb. So war es real möglich, etwa von Wiebelskirchen über Neunkirchen, Spiesen-Elversberg und Saarbrücken bis nach Forbach zu fahren, dort in die „Tramway de Forbach“ umzusteigen und eine Fahrt bis in die Völklinger Innenstadt zu genießen.

Ihr Buch lebt ja von zahlreichen historischen Fotografien. War es schwer, diese zu beschaffen?

Roland Priester Bei einem solchen Buchprojekt ist immer die Herausforderung, an ausreichend gutes Bildmaterial zu gelangen. Zudem war es unser Anspruch, qualitativ hochwertiges Material zu beschaffen und zugleich die gesamte zeitliche Entwicklung der Betriebe zu dokumentieren. Nach intensiven Recherchen in zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen ist uns dies aber gelungen. Besonders freut es uns übrigens, dass kein der im Neunkirchen-Kapitel gezeigten Fotos bereits in dem Band aus dem vergangenen Jahr abgebildet wurde. Sie sind alle unveröffentlicht.

Stephan Lücke Als wichtigste Quellen für die Beschaffung des Bildmaterials haben sich die Stadtarchive von Saarbrücken und Saarlouis sowie das Landesarchiv erwiesen. Zudem haben uns die Saarbahn GmbH, die Neunkircher Verkehrs-AG und der Heimatkundliche Verein Warndt sehr unterstützt.

 Zwei Wagen der Neunkircher Straßenbahn begegnen sich 1977 in der Wellesweiler Straße. 

Zwei Wagen der Neunkircher Straßenbahn begegnen sich 1977 in der Wellesweiler Straße. 

Foto: Klaus Ruhkopf/Axel Reuther/Klaus Ruhkopf/Sammlung
 Einige Fahrer und Schaffner posieren um das Jahr 1910 vor und in einem Wagen der Saarbrücker Straßenbahn.

Einige Fahrer und Schaffner posieren um das Jahr 1910 vor und in einem Wagen der Saarbrücker Straßenbahn.

Foto: Stadtarchiv Saarbrücken

Neben einer nostalgischen Reise in die Vergangenheit geht es in Ihrem Buch auch um die Saarbahn. Wie passt dies zusammen?

Roland Priester Dies passt sehr gut zusammen! Die Saarbahn ist ja im Grunde die Reinkarnation der Saarbrücker Straßenbahn – oder anders gesagt: Die Saarbrücker Straßenbahn hat von 1965 bis 1997 nur eine kurze Auszeit genommen (lacht). Tatsächlich ist die Saarbahn die Antwort auf die Verkehrssituation unserer Zeit. Früher, als die Menschen kaum über private Autos verfügten, war die Straßenbahn allgegenwärtig. Heute wird die Region zur Stadt, da sich immer mehr Menschen im Umland Saarbrückens ansiedeln – und die Saarbahn bringt sie zu ihren Arbeitsplätzen oder zum Einkaufen in die Saarbrücker Innenstadt. Die Planer hatten in den 1990er Jahren die heute drängende Frage des Klimawandels schon ziemlich gut vor Augen und haben mit der Saarbahn die Voraussetzung für eine nachhaltige Mobilität in Saarbrücken geschaffen.

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