Paradiesische Parkzustände in St. Ingbert

St Ingbert · Die Tatsache, dass nicht viel Personal auf den Straßen Knöllchen verteilt, spricht laut der Stadtverwaltung für ein parkfreundliches St. Ingbert. Neben einer Vollzeitkraft, ist ein weiterer Mitarbeiter in Teilzeit im Einsatz. Mit Strafzetteln nahm die Stadt im vergangenen Jahr etwas mehr als 150 000 Euro ein.

 In St. Ingbert wurden im Jahr 2015 im Schnitt täglich 52 Strafzettel erstellt. Foto: Roland Holschneider/dpa

In St. Ingbert wurden im Jahr 2015 im Schnitt täglich 52 Strafzettel erstellt. Foto: Roland Holschneider/dpa

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Abzocke , das ist womöglich eine unmittelbare Reaktion eines Falschparkers, der gerade feststellt, dass er der Stadt ein Bußgeld überweisen muss. Doch: "Jeder Autofahrer hat es selbst in der Hand, ob er falsch parkt oder nicht", sagt Peter Gaschott, Pressesprecher der Stadt St. Ingbert im Gespräch. Immer wieder würden jedoch Vorwürfe laut, die Stadt würde Menschen abzocken, die mal eben ihr Auto irgendwo abgestellt haben. Jede zweite Beschwerde, die dann eingehe, beginne mit "Ich hab doch nur…", erzählt Henning Fremgen. Er ist der stellvertretende Abteilungsleiter im Bereich Ordnungsaufgaben der Stadt. Dass die Mitarbeiter sich jedoch an einen bundesweit einheitlichen Tatbestandskatalog hielten und nicht einfach einen Betrag wählen könnten, sähen die Anrufer jedoch oft nicht. "Viele entwickeln kein Unrechtsbewusstsein", so empfindet es Christoph Scheurer, der den Geschäftsbereich Bürgerservice und Ordnung leitet. "Niemand wartet mit der Uhr neben parkenden Autos darauf, dass die Parkzeit abläuft", sagt Gaschott. Die Stadt arbeite immer an dem Image, dass die Knöllchen nicht als Abzocke gelten, ergänzt Fremgen. Ein Beispiel: 2015 verschickte die Stadt 13 310 Verwarnungen an Falschparker. In den drei Jahren zuvor waren es erheblich mehr, in 2013 sogar 17 656. Die Begründung: Die Ordnungshüter hätten sich wegen der Baustellensituation etwas zurückgehalten, erklärt Scheurer. Denn dadurch sei auch die Parksituation eingeschränkt gewesen. Da werde also durchaus auch mal ein Auge zugedrückt. "Wir machen auch Einzelfallentscheidungen" und wenn man jemanden auf frischer Tat ertappe, belasse man es bei einer mündlichen Verwarnung, sollte sich der Pkw-Halter einsichtig zeigen, sagt Fremgen. Gerade erst sei es wohl passiert, dass eine Frau auf einem Taxistand geparkt hatte. Als sie zurückkam, erklärte sie, dass sie ihren dementen Vater gerade zum Doktor gebracht habe. Es stellte sich heraus, dass die Geschichte stimmte und die Frau nicht schon öfter negativ aufgefallen war. Sie bekam also keinen Strafzettel . Fremgen: "Manchmal ist der Grund schwerwiegender als der Verstoß."

Auch die Tatsache, dass nicht viel Personal auf den Straßen Knöllchen verteilt, spreche für ein parkfreundliches St. Ingbert . Denn neben einer Vollzeitkraft mit 39 Stunden pro Woche, ist lediglich ein weiterer Kollege in Teilzeit mit nur fünf Wochenstunden im Einsatz. Dennoch ist die Zahl beachtlich: Bei 253 Arbeitstagen im Jahr 2015 errechnen sich im Schnitt 52 Strafzettel , die die Hilfspolizisten am Tag erstellen. Damit nahm die Stadt im vergangenen Jahr etwas mehr als 150 000 Euro ein. Im Vergleich: 2012 waren es nur rund 115 000 Euro und das bei etwa 3000 Verwarnungen mehr. "Die Beträge wurden in einigen Bereichen erhöht", sagt Fremgen. Es könne aber auch ein Hinweis darauf sein, dass es mehr schwerwiegende Verstöße gab, merkt Scheurer an.

Tatsächlich parkten 2015 mehr Personen ohne Berechtigung auf Behindertenparkplätzen als in den Jahren zuvor. 224 waren es insgesamt. Abschleppen ist hier allerdings nicht vorgesehen, nur wenn eine konkrete Gefahr bestehe, sagt Fremgen. In erster Linie kontrollierten die Ordnungshüter Halteverbote, Ladezonen oder Behindertenparkplätze. Parkscheine und -scheiben würden zweitrangig kontrolliert. Jedenfalls stehen laut Gaschott in der Stadt 2000 gebührenfreie Parkplätze zur Verfügung. Diese Parkzustände seien "paradiesisch".

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