OB will aus Ex-Knast Ort der Musik machen

St. Ingbert · Was wird aus der verlassenen Justizvollzugsanstalt (JVA) des Landes in der St. Ingberter Alten Bahnhofstraße? Oberbürgermeister Hans Wagner hat gestern vor Ort für einen Ankauf durch die Stadt geworben. Er sähe in dem Gebäude gerne Proberäume der Musikschule untergebracht.

St. Ingbert. Die "Bildgirls 2011" strahlen den Besuchern von der Wand der hintersten Zelle vollbusig entgegen. Das Poster ist eines der wenigen Relikte, die den Auszug der Insassen aus der ehemaligen Vollzugsanstalt überdauert haben. Ansonsten wirkt das Gebäude in der Alten Bahnhofstraße in St. Ingbert, direkt unterhalb der Alten Baumwollspinnerei gelegen, trostlos. Der guten Laune von Oberbürgermeister Hans Wagner tut dies keinen Abbruch. Mit Hauptamtsleiter Reinhard Bläs und Baudirektor Martin Ruck geht er an diesem sonnigen Spätsommermorgen durch die kleinen und größeren Zimmer, stellt sich auch schon mal spaßeshalber hinters Gitter, das in einem der Räume für eine besonders bedrückende Gefängnis-Atmosphäre sorgt.

Das Land hat diese Außenstelle für den offenen Vollzug vergangenen Sommer geschlossen. Die ehemaligen Insassen - bis zu 48 fanden Platz - sind vorwiegend nach Ottweiler gewechselt. Das Gebäude aus dem Jahr 1882 steht zum Verkauf, sagt OB Wagner beim Ortstermin. Und in einem Ankauf durch die Stadt sieht der Verwaltungschef eine durchaus reizvolle Perspektive: "Es ist interessant, weil es sich in zentraler Lage befindet und in direkter Nachbarschaft zur Baumwollspinnerei." Das künftige Kulturzentrum habe wenig Freifläche rundum. Wenn der Denkmalschutz keine Einwände habe, sagt Wagner, könnte die trennende Mauer samt Anbauten, die Wollspinnerei und Ex-Gefängnis trennen, abgerissen werden. Mit dem Land liefen Gespräche, konkrete Preise könne er aber noch nicht nennen.

Für eine künftige Nutzung kursieren in St. Ingbert bereits ganz unterschiedliche Pläne. Wagner macht sich für Proberäume der Musikschule stark, wie dies auch schon seine politische Heimat, die Familien-Partei, ins Feld geführt hat. Die Musikschule sucht seit Jahren nach einem zentralen Platz in der Stadt. Ex-OB Georg Jung wollte sie in der ehemaligen Pfarrgassschule verorten und das selbstverwaltete Juz dafür umziehen lassen. Nach dessen massivem Widerstand kam die Idee auf, den Musizierenden in der künftigen Kulturfabrik eine neue Heimat zu schenken. In der Wollspinnerei stelle die "schalltechnische Entkopplung" der Proberäume vom restlichen Gebäude ein Problem dar, führt Wagner beim Ortstermin aus. Ganz anders im ehemaligen Knast. Dort seien die einzelnen Zellen entkoppelt, für Einzel- oder Gruppenunterricht bestünden von dieser Seite her gute Bedingungen.

Für eine Zukunft des Gemäuers gibt es auch andere Ideen. Die SPD etwa hat bereits ein Jugend-Hotel ins Gespräch gebracht. Hartnäckig hält sich in der Stadt auch der Gedanke einer Biosphären-Brauerei. Letzteres lehnt Wagner ab: "Die Stadt hat bessere Nutzungsmöglichkeiten." Ein Investor könne an anderer Stelle sicher auch aktiv werden. Die städtischen Gremien sollen sich jetzt mit der Thematik JVA befassen. Auch die Meinung der Bürger sei ihm wichtig, erläutert Wagner im Hof des alten Kittchens. "Das Gebäude ist interessant, weil es sich in zentraler Lage befindet."

OB Hans Wagner

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