Deutsch-Griechische Versammlung OB trifft auf wissbegierige Griechen

St. Ingbert · Eine Delegation um Oberbürgermeister Hans Wagner reiste für einen Informationsaustausch auf die griechische Insel Chios.

 Oberbürgermeister Hans Wagner besuchte gemeinsam mit Mitarbeitern der Stadtverwaltung von Chios die Müll-Umladestation auf der gleichnamigen griechischen Insel.

Oberbürgermeister Hans Wagner besuchte gemeinsam mit Mitarbeitern der Stadtverwaltung von Chios die Müll-Umladestation auf der gleichnamigen griechischen Insel.

Foto: Stadt St. Ingbert

Oberbürgermeister Hans Wagner ist von seiner dreitägigen Dienstreise auf der griechischen Insel Chios (wir berichteten) zurück im Rathaus. Im Gepäck hat er viele Eindrücke über die Arbeitsweise der griechischen Kollegen, über die Probleme im Straßenbau und bei der Abfallentsorgung sowie den Flüchtlingszustrom, von dem Chios zuweilen massiv betroffen war. Gemeinsam mit zwei Mitarbeitern der St. Ingberter Verwaltung – Personalchef Oliver Stolz und Axel Theis, stellvertretender Leiter der Abteilung Straßenbau – folgte er der Einladung der Deutsch-Griechischen Versammlung (DGV), die auch die Kosten der Reise übernommen hat. Die DGV entstand aus einer Vereinbarung zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem griechischen Ministerpräsidenten Georgios Papandreou vor rund acht Jahren, um die Zusammenarbeit der Länder in verschiedenen Bereichen zu vertiefen. St. Ingbert wurde als erste saarländische Kommune eingeladen, Teil dieser Art Städtepartnerschaft zu werden. Den Kontakt zwischen St. Ingbert und der DGV stellte das Institut für Zukunftsenergie und Stoffstromsysteme (IZES), das an die HTW angegliedert ist, her.

Die St. Ingberter haben also ein Auge auf die griechischen Straßen und den Müll geworfen – oder vielmehr auf die Defizite in diesen Bereichen. Denn auf Chios seien diese „nur ansatzweise vergleichbar mit unseren Strukturen, die dortige Verwaltung hat aber ähnliche Probleme“, so Oberbürgermeister Wagner. Auf den Straßen beispielsweise senken sich die Kanaldeckel ab, die Hitze zerstöre den Straßenbelag und der Untergrund sei nicht gefestigt genug. Axel Theis informierte dazu über die Möglichkeiten, wie Straßen langfristig unterhalten werden können und welche Materialien sich am besten eignen. Außerdem stellte er den Griechen das Geoinformationsystem vor. Darin sind alle Straßen, Kanäle und Leitung innerhalb St. Ing-
bert verzeichnet. „Das Geoinformationssystem hat sie sehr beeindruckt“, so Wagner.

Auch bei der Abfallentsorgung gibt es Probleme. So werde auf Chios zwar der Müll getrennt, Restmüll und organische Stoffe werden aber immer noch deponiert und nicht verwertet. Die St. Ingberter Delegation besuchte dazu auch die örtliche Mülldeponie. Sie erklärte den griechischen Kollegen anschließend das Prinzip „unseres Wertstoffhofes“ und gab ihnen Ratschläge eine vergleichbare Struktur aufzubauen. Denn die EU gibt Griechenland bis 2020 Zeit, ihre Vorgaben der Abfallentsorgung und Müllverwertung ähnlich der mitteleuropäischen Vorgehensweise umzusetzen. Abfallgebühren gibt es auf Chios keine, erzählt Wagner: Die seien auch schwierig einzuführen, denn große Lkw, die den Müll vor der Haustür abholen, könnten die engen Gassen der Kommune nicht befahren. Anwohner entsorgen daher ihren Müll in großen Containern an zentralen Plätzen, eine Umlegung der Gebühren auf die einzelnen Bürger komme somit nicht infrage.

Chios beheimatet zur Zeit auch rund 2000 Flüchtlinge. Die Insel ist etwa doppelt so groß wie der Saarpfalz-Kreis, hat 50 000 Einwohner und liegt im Ägäischen Meer, nahe am türkischen Festland. Viele flüchteten über die Türkei auf dem Seeweg nach Chios. Dort seien sie mittlerweile in einem zentralen Camp untergebracht, es gebe Essen, Kleidung und medizinische Versorgung. Die Lage scheint unter Kontrolle, dennoch habe Chios, so Wagner, nicht nur beim Thema Flüchtlingszustrom, sondern in allen Bereichen ein Problem mit der alltäglichen Bürokratie: Die Insel wird zentral regiert. Heißt, Bürgermeister Emmanouil Vournous muss für jede Entscheidung, auch in finanzieller Hinsicht, persönlich in das über 300 Kilometer entfernte Athen reisen, um sich die entsprechenden Genehmigungen einzuholen.

 Offizielle Begrüßung der St. Ingberter Delegation: (von links) Ingenieur Axel Theis, Vizebürgermeister Georgios Belegris, Bürgermeister Emmanouil Vournous, OB Hans Wagner, Athansios Serafeim (DGV), Personalchef Oliver Stolz.

Offizielle Begrüßung der St. Ingberter Delegation: (von links) Ingenieur Axel Theis, Vizebürgermeister Georgios Belegris, Bürgermeister Emmanouil Vournous, OB Hans Wagner, Athansios Serafeim (DGV), Personalchef Oliver Stolz.

Foto: Stadt St. Ingbert

Die Mitarbeiter der Verwaltung in Chios seien sehr wissbegierig und an den St. Ingberter Strukturen interessiert gewesen. Es war „ein toller Informationstransfer auf Augenhöhe“, sagt Oliver Stolz. Außerdem habe man selbst auch etwas lernen können. So sei zum Beispiel die Redezeit des Bürgermeisters und der Ratsmitglieder in Sitzungen zeitlich begrenzt, erzählt Wagner. Des Weiteren werden öffentliche Sitzungen zeitgleich im Fernsehen oder Internet ausgestrahlt. Man freue sich, so Wagner, voraussichtlich im Mai eine Delegation aus Chios dann auch in St. Ingbert begrüßen zu dürfen. Ein Mitarbeiter der griechischen Verwaltung soll sogar ein zweiwöchiges Praktikum im Rathaus absolvieren. Es sei auch eine „echte“ Städtepartnerschaft“ mit einem Schüleraustausch denkbar, um die Zusammenarbeit zu vertiefen.

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