Kommunalreform OB: Bauaufsicht muss in St. Ingbert bleiben

St. Ingbert · Stadt sieht keine Spareffekte bei einer von der Landesregierung geplanten Verlagerung der Unteren Bauaufsicht nach Homburg.

 Bei jedem Bauvorhaben, wie hier beim Bau des Bläse-Hauses in der St. Ingberter Kaiserstraße, ist die Zustimmung einer ortsnahen Bauaufsicht erforderlich.

Bei jedem Bauvorhaben, wie hier beim Bau des Bläse-Hauses in der St. Ingberter Kaiserstraße, ist die Zustimmung einer ortsnahen Bauaufsicht erforderlich.

Foto: Michael Haßdenteufel/Michael Hassdenteufel

Oberbürgermeister Hans Wagner und die Verwaltung zeigen sich offen für wirtschaftlich sinnvolle interkommunale Projekte, wie zum Beispiel die Zusammenlegung der Standesämter von St. Ingbert und Kirkel belegt. Das Ziel müsse sein, Synergien zu nutzen, Doppelstrukturen nachhaltig abzubauen, ohne dass die Leistungsfähigkeit der Verwaltung darunter leidet. Genau das sei jedoch bei einer Zusammenlegung der Unteren Bauaufsichten von Stadt und Kreis zu erwarten. Die große Koalition im Saarland plant im Zuge einer Reform der kommunalen Verwaltungsstrukturen unter anderem die Untere Bauaufsicht (UBA) der Mittelstadt mit der UBA des Saarpfalz-Kreises zusammenzulegen (wir berichteten).

„Bei der Zusammenlegung der Bauaufsichten geht in erster Linie die Nähe zum Bürger verloren“, ist sich OB Wagner aber sicher. Die Wege würden für Bauherren länger, die jetzt vorhandene und wichtige Ortskenntnis der Sachbearbeiter werde wegfallen. „Bislang konnte auf kurzem Weg das Einvernehmen der Bauvorhaben mit der Stadtplanung hergestellt werden. Das würde in Zukunft nicht mehr möglich sein, neben den Verfahrenswegen werden dann auch die Bearbeitungszeiten länger. Und gerade für Bauherren gilt: Zeit ist Geld.“ Der St. Ingberter OB verweist auch auf die wirtschaftsfördernde Arbeit der UBA: „Gerade Investoren sind froh für das Vorhandensein einer Bauaufsicht ,im Haus‘ was die Genehmigungszeit extrem verkürzen kann.“ Gemeinsame Investorengespräche mit Wirtschaftsförderung und Bauamt seien nach einer Verlagerung der UBA kaum mehr möglich. Zumal die ebenfalls mit am Tisch sitzende Stadtentwicklungsabteilung ihren Sitz im Rathaus und nicht bei der Kreisverwaltung habe.

Auch auf die Kosten geht Hans Wagner ein: „Die UBA schreibt vor allem jetzt bei der guten Baukonjunktur schwarze Zahlen. Neben dem gesetzlich vorgeschriebenen Personalkostenzuschuss des Landes, der auch nach einer Zusammenlegung nicht eingespart würde, finanziere sich die Baubehörde hauptsächlich über Genehmigungsgebühren. Dies habe in den vergangenen fünf Jahren zu einem Einnahmenüberschuss von durchschnittlich 66 000 Euro bei gut 400 laufenden Verfahren im Jahr geführt. Bei einer Zusammenlegung spare also keine Seite Kosten, der Stadt gingen jedoch Einnahmen verloren und das zum Nachteil der Bürger, die auf eine jetzt vorhandene Dienstleistungsstruktur verzichten müssten. Der Leiter der St. Ingberter UBA, Michael Werner, geht ins Detail und sieht noch erheblich mehr Probleme, für die die Befürworter der Zusammenlegung in der Landesregierung keine Lösungen aufzeigen: „Was passiert, von den 400 laufenden Verfahren abgesehen, mit den mehr als 30 000 Bestandsakten? Aus Kostengründen wurde bislang auf eine Digitalisierung der Bauakten verzichtet.“ Diese würde mindestens zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen und nach vorliegenden Angeboten 600 000 Euro kosten. „Wer synchronisiert die Bearbeitungssoftware und die Aktenführung, denn beides ist höchst unterschiedlich und nicht kompatibel. Wo sollen künftig Baulastenauskünfte, Abgeschlossenheitsbescheinigungen, Einsichtnahme in Bauakten und Prüfungen baurechtlicher Zuständigkeiten stattfinden? Wer führt wo Beratungsgespräche, wenn sich unmittelbar vor Ort kein Sachbearbeiter mehr auskennt? Und wie wird das Thema Brandschutz gehandhabt werden?“, fragt Werner. Bisher gebe es in St. Ingbert einen für Brandschauen zuständigen Brandschutzbeauftragten, der eng mit der örtlichen Feuerwehr zusammenarbeitet. Auf all diese praktischen Fragen müsse man zunächst eine Antwort finden, bevor am grünen Tisch über Zusammenlegungen entschieden wird, so das Argument des Bauaufsichtschefs. Es stellten sich auch Sicht der St. Ingberter Stadtverwaltung weitere Fragen an die Entscheidungsträger in Saarbrücken: Was ist mit der vorhandenen Doppelstruktur der UBA in Homburg? Im gleichen Gebäude befänden sich die UBA der Kreisverwaltung und der Stadt Homburg. In der UBA Homburg arbeiten sechs Vollzeit- und zwei Teilzeitkräfte, in der Kreisverwaltung Homburg fünf Vollzeit- und vier Teilzeitkräfte.Die Bauaufsicht St. Ingbert liege im landesweiten Effizienz-Vergleich aller UBAs ganz vorne. St. Ingbert beschäftigt vier Vollzeitkräfte bei etwa gleichen Einwohnerzahlen wie Homburg. Wenn Kosteneinsparungen das erklärte Ziel der Landesregierung sein soll, dann sei man hier gewaltig auf dem Holzweg.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort