Nur ein Arbeiter saß damals im Stadtrat

St. Ingbert/Blieskastel. "Vorwärts immer, rückwärts nimmer" ist der Beitrag überschrieben, der den Schwerpunkt der neuen Ausgabe der "Saarpfalz" bildet. Kurt Legrum, der Blieskasteler Stadtarchivar, widmet sich in der dritten Ausgabe der "Blätter für Geschichte und Volkskunde" für dieses Jahr einem ganz speziellen Thema

 Das "Hinnereck" in Blieskastel". Foto: Martin Baus

Das "Hinnereck" in Blieskastel". Foto: Martin Baus

St. Ingbert/Blieskastel. "Vorwärts immer, rückwärts nimmer" ist der Beitrag überschrieben, der den Schwerpunkt der neuen Ausgabe der "Saarpfalz" bildet. Kurt Legrum, der Blieskasteler Stadtarchivar, widmet sich in der dritten Ausgabe der "Blätter für Geschichte und Volkskunde" für dieses Jahr einem ganz speziellen Thema. Er berichtet ausführlich über die die Entwicklung der SPD in seiner Heimatstadt und zwar speziell in jener Zeit zwischen der Gründung des "Saargebietes" 1920 und dessen Eingliederung nach Nazi-Deutschland 1935. Der Autor erinnert zunächst daran, dass der "Ortsverein der Sozialdemokratie" am 14. August 1910 unter dem offiziellen Namen "Sozialdemokratischer Verein für Blieskastel und Umgebung" aus der Taufe gehoben worden war. Erster Vorsitzender war damals der Schuhmacher und Fabrikarbeiter Hermann Ringle, der auch nach dem Ersten Weltkrieg federführend in der Partei war. Bei der ersten Stadtratswahl, die am 11. Juli 1920 stattfand, wurde Ringle in das Kommunalparlament gewählt - Legrum betont, dass der "Führer" der SPD überhaupt der erste und damals einzige Arbeiter im Stadtrat war. In der Gremiumsarbeit profilierte er sich insbesondere durch sein großes soziales Engagement. So thematisierte er die in der Stadt grassierende Wohnungsnot, stellte den Antrag, die einheimische Bevölkerung bei der Versteigerung von Brennholz zu bevorzugen und wandte sich gegen die Erhöhung des Schulgeldes sowie als einziges Mitglied des Stadtrates gegen die Erhöhung der Strom- und Lichtpreise im Jahr 1921.

Der Stadtarchivar schildert so detailliert die Geschichte der SPD in Blieskastel in der Völkerbundszeit, wobei er aber auch ausdrücklich darauf hinweist, dass die Arbeiterbewegung im ländlichen Bliesgau nur schwach entwickelt war und die Sozialdemokraten im Stadtrat entsprechend stets in der Minderheit waren. Schon lange vor der Abstimmung, in der am 13. Januar 1935 über die künftige Zugehörigkeit des Saargebietes entschieden werden sollte, seien zudem zahlreiche Mitglieder von SPD und Kommunistischer Partei zu den Nazis übergewechselt. Entsprechend sei der von Bürgermeister Georg Oberhauser am 5. Mai 1933 im Stadtrat zur Abstimmung gebrachte Antrag, "den Reichskanzler und den Reichspräsidenten in der Weise zu ehren, daß je eine Straße nach ihm benannt wird", einstimmig angenommen worden. In der Folge wurde aus der Straße zum Sportplatz die "Adolf-Hitler-Straße" und aus der unteren Straße auf der Agd die "Hindenburgstraße. "Der Vorsitzende bringt darauf ein dreifaches Hoch aus auf den Reichskanzler, den Reichspräsidenten und das deutsche Vaterland". Die Anwesenden stimmen begeistert ein", zitiert Kurt Legrum das Protokoll der Sitzung. Wie im 19. Jahrhundert das Feuerschutzwesen organisiert war, das ist das Thema von Rainer Lagall. Der frühere Ortsvorsteher von Medelsheim erläutert die "Brand-Lösch-Verordnung", die 1861 den Einwohnern des Hauptortes der Parr "zur Wissenschaft und Darnachachtung" gebracht wurde. So heißt es darin etwa, dass jeder Einwohner "bei ausgebrochenem Brand zur Nachtzeit eine brennende Laterne vor seinem Hause auszuhängen hat" und dass bei der "Bildung der Reihen zur Herbeibringung des Wassers die erwachsene Jugend und erwachsene Personen weiblichen Geschlechts gute Dienste" zu leisten haben. Die merkwürdige Chronik des Blieskasteler Stadtteiles Aßweiler lässt schließlich Kreisdenkmalpfleger Bernhard Becker Revue passieren. Anlass dafür ist eine Urkunde des Klosters Wörschweiler aus dem Jahr 1262, in der ein "Alzweiler" genannt wird. Diese Erwähnung soll Aßweiler betreffen und diente zur 750-Jahr-Feier des Dorfes. Gleichwohl sind weitere Erwähnungen des Ortes in den nachfolgenden Jahrhunderten Fehlanzeige, und auch in dem akribischen Kartenwerk von Tilemann Stella aus dem Jahr 1564 ist im heutigen Bereich von Aßweiler keinerlei Siedlung vermerkt.

Auf einen Blick

Saarpfalz 3/2012: 64 Seiten, drei Beiträge, sechs Abbildungen. Schriftleiter: Kreisdenkmalpfleger Bernhard Becker unter Mitwirkung einer fünfköpfigen Fachredaktion. Bezug: Amt für Heimat- und Denkmalpflege des Saarpfalz-Kreises. Erhältlich im Buchhandel und bei den Kultur- und Verkehrsämtern der Städte und Gemeinden. Preis: 3,25 Euro. bam

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