New Orleans trifft Frankreichs "High Society"

Homburg. Richtig urtümlichen Jazz durften die Besucher des Musiksommers auf dem historischen Marktplatz genießen. Fast ausschließlich Stücke aus den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts begeisterten die Puristen unter den Jazz-Freunden, gespielt von der High Society Jazz Band aus Paris

 Die "High Society Jazz Band" aus Paris, Frankreichs älteste Jazz-Formation, war beim Homburger Jazz-Frühschoppen zu Gast. Sahnehäubchen war dabei Sängerin Pauline Atlan mit ihrer unter die Haut gehenden Stimme. Foto: Michael Schneider

Die "High Society Jazz Band" aus Paris, Frankreichs älteste Jazz-Formation, war beim Homburger Jazz-Frühschoppen zu Gast. Sahnehäubchen war dabei Sängerin Pauline Atlan mit ihrer unter die Haut gehenden Stimme. Foto: Michael Schneider

Homburg. Richtig urtümlichen Jazz durften die Besucher des Musiksommers auf dem historischen Marktplatz genießen. Fast ausschließlich Stücke aus den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts begeisterten die Puristen unter den Jazz-Freunden, gespielt von der High Society Jazz Band aus Paris.Während bei der Grande Nation Nationalfeiertag angesagt war, reiste die High Society Jazz Band nach Homburg, um hier urigen New Orleans Jazz zu spielen. In Frankreich ist die Band Kult. Sie ist dort die älteste Jazz-Formation. In Deutschland hat sie bisher erst zwei Mal gespielt, und bei einem der beiden Gastspiele hatte Homburg nun die Ehre, die High Society zu Gast zu haben.

Der historische Marktplatz gab bei Temperaturen, die eher an den Buß- und Bettag erinnerten, zu Beginn keine grandiose Zuschauerkulisse ab. Die tolle Musik der High Society Jazz Band lockte dann aber doch noch mehr Leute an als die Unentwegten, denen das garstige Wetter den Besuch des Jazz-Frühschoppens nicht hatte verleiden können. Die Herren mit den weißen Schuhen hatten für ihr Homburger Publikum eine Auswahl der schönsten Stücke aus der Glanzzeit des New Orleans Jazz zusammengestellt, die wirklich vom Feinsten war.

Ob das nun der "Jazzin' Babies Blues" war oder "Mellow Moon", die Band spielte mit genau den Stilelementen, die den urtümlichen Jazz seinerzeit ausmachten und die sie originalgetreu in unsere Tage gebracht hat.

Die High Society Jazz Band glänzte mit einer großartigen Bläserreihe, die jede feine Nuance herausarbeitete. Erst recht wurde das bei den Soli deutlich, die voller Hingabe gespielt wurden. Zwei Trompeter gehörten zur Bläserreihe, und mit Irakli war ein ganz Besonderer dabei. Paul J. Schmid geriet gerade bei ihm ins Schwärmen. "Den habe ich in den Siebzigern in Paris gehört und damals schon bewundert", sagte Schmid über Irakli, dessen Name jedem Jazz-Kenner in Frankreich ein Begriff ist.

Patrick Geoffroy an der zweiten Trompete, Jacques Montebruno an der Klarinette und Daniel Barda an der Posaune ließen den urigen Jazz zum Erlebnis werden. William Conquy ergänzte die Bläser mit feinsinnigem Pianospiel, und Frederic Yzerman trug das Ganze mit dem Rhythmus seines gewaltigen Sousaphons. Sie alle glänzten mit schönen und ausgefeilten Soli, und dem stand auch Schlagzeuger François Cotin in nichts nach. Hatte das Publikum sich schon sehr über Stücke wie Copenhagen gefreut oder den Ostrich Waltz im für Jazz sehr außergewöhnlichen Dreivierteltakt beklatscht, kam mit Sängerin Pauline Atlan das Sahnehäubchen der einzelnen Sets.

Mit gewinnendem Wesen sang Pauline den "Gulf Coast Blues" oder "I'm Coming Virginia" und "Cake Walkin Babies" mit unter die Haut gehender Stimme. "I lost My Heart In Dixie" war nicht nur ein Musikstück, es war auch Programm für die Band, die wirklich ihr Herz an den unverfälschten Jazz verloren hat. "She's Funny That Way" war ein weiterer wunderschöner Vokaltitel, begleitet von einer Band voller Herzblut.

Neben typischen, aber nicht eben oft zu hörenden Stücken der Glanzzeit des Jazz hatten die munteren Franzosen aber auch einen Titel im Gepäck, der bei jeder Band anders klingt und der die High Society Jazz Band als Meister ihres Metiers auswies: Alexander's Ragtime Band war allein schon den Weg zum Marktplatz und vielleicht auch einen Schnupfen des Wetters wegen wert. "Irakli habe ich in den Siebzigern in Paris gehört und damals schon bewundert."

Paul J. Schmid

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