Neujahrsempfang St. Ingbert St. Ingbert startet mit Tempo ins neue Jahr

St Ingbert · Mit vielen hundert Gästen haben „Handel und Gewerbe“ und die Stadt das neue Jahr begrüßt. Am Rednerpult gab es viel zu sagen. Eine Frage musste jeder selbst beantworten.

Hunderte Gäste waren beim Neujahrsempfang in der Stadthalle St.Ingbert. Die Bergkapelle machte Musik.

Hunderte Gäste waren beim Neujahrsempfang in der Stadthalle St.Ingbert. Die Bergkapelle machte Musik.

Foto: Engel

Es ist ein außergewöhnlicher Neujahrsempfang an diesem Dienstagabend in der St. Ingberter Stadthalle. Nicht nur das Fest als solches hat nach drei Corona-Jahren und daraus folgend zwei Absagen einen besonderen Charakter, es bietet auch den Rahmen für eine besondere Würdigung. Professor Michael Backes erhält an diesem Abend aus den Händen von Oberbürgermeister Ulli Meyer die Ehrenbürgerurkunde. Den Ehrentitel haben die Stadtväter und -mütter noch um einen weiteren erweitert: Zukunftsbotschafter der Stadt St. Ingbert darf Backes sich nennen (Bericht folgt). Kein Wunder, der Geschäftsführer (CEO) des Saarbrücker Helmholtz-Institutes für Informationssicherheit will insbesondere mit dem geplanten „Cispa Innovation Campus“ ein Stück Zukunft und Arbeitsplätze in die Mittelstadt bringen.

Der St. Ingberter Neujahrsempfang ist ein großer gesellschaftlicher Anlass in der Stadt. Schon um 17.30 Uhr sind gut 300 Gäste in der Halle. Die Bergkapelle spielt sich in Schwung, während der Saal, in warme Farben getaucht, nach und nach proppenvoll wird. Eine halbe Stunde später führen Bürgermeisterin Nadine Backes und der Beigeordnete Markus Schmitt ins Programm ein. Ans Rednerpult tritt neben St. Ingberts Verwaltungschef und dem Vorsitzenden des Vereins für Handel und Gewerbe, Nico Ganster (Händler und Stadt veranstalten den Empfang gemeinsam), auch Anke Rehlinger. Die Ministerpräsidentin des Saarlandes ist öfter vor Ort. Schließlich gibt es übers Jahr die ein oder andere Grundsteinlegung oder Einweihung zu feiern.

Nach einem flotten Video – ein harter lauter Beat treibt die Präsentation der Top-Ereignisse des vergangenen Jahres an – macht der Gast aus Saarbrücken den Auftakt am Mikrofon. Mit Tempo reden, das kann auch Anke Rehlinger. „Ganz schön was los gewesen in St. Ingbert“, bezieht sie sich auf die Bilder aus dem Stadtgeschehen. Und legt los. Kommt vom raschen Bau eines Flüssiggas-Terminals im Norden und den Rettungspaketen der Bundesregierung in Berlin zum drei Milliarden schweren Transformationsfonds im Saarland, den sie „ein Zukunftsversprechen in dieses Land hinein“ nennt. Auch das Ende des Autobauers Ford in Saarlouis lässt sie nicht aus, sagt trotzig, wenn nicht mit, dann werde das Land ohne den Autobauer den Standort zu neuer Größe führen. Die Signale des Landes zeigten Wirkung, ist sie sicher. Das beweise die Entscheidung von ZF, sein Leitwerk in Sachen e-Mobilität am Standort Saarbrücken zu verankern. Und natürlich kommt sie auch auf den neuen Ehrenbürger Michael Backes zu sprechen, der mit dem „Innovation Campus“ auf der Alten Schmelz ein eigenes Zukunftsversprechen gegeben hat.

Oberbürgermeister Ulli Meyer verweist in seiner Ansprache darauf, dass die Stadthalle vor zwölf Monaten noch ein Impfzentrum war. Jetzt träfen sich an dem Ort wieder Menschen. Er gibt einen kurzen Überblick auf Veränderungen in der Stadt, bereits abgeschlossen oder auf dem Weg. Dabei spannt er einen Bogen vom neuen Coworking Space im ehemaligen Sinn-Gebäude über Lidl und Kettler in Rohrbach bis zum Abriss des alten Stadtbades und der Baumwollspinnerei, die zum künftigen Rathaus mit integriertem Museum werden soll.

St. Ingbert erlebe derzeit einige Herausforderungen. In der Stadt fehle es bei einem minimalen Leerstand von 3,5 Prozent an Wohnraum. Der Zuzug von Flüchtlingen wirke sich verschärfend aus. Die Stadt wolle dem in Zusammenarbeit mit dem Rat durch ein nachhaltiges Wohnraum-Entwicklungskonzept begegnen. Wobei dies gerade dort, wo neu gebaut werde, nicht auf den Beifall von Anwohnern stoße. Aus städtischer Sicht müsse er aber um Verständnis bitten. Eine weitere Herausforderung, stellt der Rathauschef fest, seien sichere und zukunftsfähige Arbeitsplätze. Wirtschaftlichen Wandel habe St. Ingbert immer gut hinbekommen. Die Veränderungen träfen auch Unternehmen. Den Mitarbeitern des ehemaligen Thyssenkrupp-Standortes in Rohrbach, heute FLSmidth, die um ihre berufliche Zukunft bangten, gelte die Solidarität der Stadt. An den neuen Eigentümer appelliert er in Bezug auf die Belegschaft: „Gebt ihnen eine Perspektive.“

Auf der anderen Seite bekomme St. Ingbert mit dem künftigen Cispa-Standort und dem Thema IT-Sicherheit „eine Jahrhundert-Chance“. Mit Cispa könnten 1000 Jobs in die Stadt kommen. Mit den Ansiedlungen auf dem benachbarten Neumann-Areal noch einmal die gleiche Zahl.

Bei allen Veränderungen macht er als dritte große Herausforderung den Zusammenhalt der Gesellschaft aus. Sie dürfe sich nicht spalten lassen. Vereine und Verbände, Ehrenamt, aber auch Rettungskräfte wie Feuerwehr, THW und nicht zuletzt die Polizei bedürften für ihre Arbeit der Wertschätzung.

Nico Ganster hat das schwere Los, nach zwei ausführlichen Grußworten noch Aufmerksamkeit beim Publikum zu finden. Besonderes Augenmerk legt er auf die Ingobertusmesse in seinen Ausführungen. Die Außenwirkung St. Ingberts werde neben kulturellen Highlights insbesondere durch sie bestimmt. Es bedürfe der Unterstützung vom Land (neben Rehlinger sind einige Ministerinnen und Minister im Publikum) für das Ereignis und den Mittelstand, der dahinter stehe. Der Handel, führt Ganster weiter aus, erlebe einen „Riesenwandel“. Personal und Energiekosten stellten Herausforderungen dar, das Internet als Bedrohung des stationären Verkaufs hingegen sehe sich gerade mit rückläufigen Zahlen konfrontiert. „Wir haben das Vertrauen der Kunden“, sagt Ganster, es gelte dies dann auch zu nutzen.

 Ministerpräsidentin Anke Rehlinger, Professor Michael Backes, Nico Ganster (HGSI) und OB Ulli Meyer hatten viel zu lachen.

Ministerpräsidentin Anke Rehlinger, Professor Michael Backes, Nico Ganster (HGSI) und OB Ulli Meyer hatten viel zu lachen.

Foto: Engel

Die Feuerwehr St. Ingbert tischt zum Empfang Currywurst auf. OB Meyer stellt die Frage in den Raum, ob die St. Ingberter Kult-Rostwurstbude Schleppi oder die Lebensretter die bessere Soße im Angebot haben. Er tippt auf die Wehr. Die Gäste des Abends stehen kurz später Schlange – um ihre Entscheidung zu treffen.

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