Naturdenkmäler in St. Ingbert Ein Brunnen mit hochpolitischer Vergangenheit

Hassel · Der Horstebrunnen in Hassel gehört mit dem Christkönigsbrunnen – der in direkter Nachbarschaft steht und dem wir uns in einem weiteren Serienteil widmen werden – zu den Naturdenkmälern der Stadt.

 Der Horstebrunnen in Hassel. In einem Gästebuch am Baum vor dem Brunnen kann man sich verewigen.

Der Horstebrunnen in Hassel. In einem Gästebuch am Baum vor dem Brunnen kann man sich verewigen.

Foto: BeckerBredel

Dabei hat der Brunnen eine hochpolitische Vergangenheit und lockt heute mit einer verborgenen Überraschungslektüre.

In den 1930er Jahren waren es Mitglieder der Hitlerjugend, die den bis dahin noch unberührten Quell an einem Sandsteinfelsen in einen Nazi-Brunnen verwandelten. „Horst-Wessel-Brunnen“ nannten sie ihn und schlugen einen mächtigen Reichsadler mit Hakenkreuz in den Sandstein. Nach dem Krieg wurden die Insignien der Naziherrschaft wieder weggeschlagen, die Wunden im Fels sieht man heute noch. Ein Unbekannter schrieb mit großen Lettern in den Nachbarfelsen „Gerade Du brauchst Jesus“. Die Chronisten schreiben dies „einem Andersdenkenden“ zu, heute steht hier auch noch ein Engel und seit Jahren hängt an der Quelle ein Alutopf. Der Rastende soll Wasser schöpfen können, was heute nur noch Symbolik ist, denn das Wasser ist ein Rinnsaal, der Brunnen tröpfelt nur noch, zum Schöpfen reicht der Wasserstand schon lange nicht mehr. Der Horstebrunnen wurde auch umgetauft, Wessel wurde gestrichen, der Horst blieb und wurde dem Wirt und Metzger „Horst“ aus der Blieskasteler Straße in St. Ingbert gewidmet, der den Brunnen nochmal herrichtete.

Besucher hat der Horstebrunnen heute noch rege, das beweist ein Gästebuch. Es schlummert als besondere Überraschung in einer Holzkiste am Baum vor dem Brunnen und wurde von Lieselotte Abel hergerichtet. Das nunmehr 12. Gästebuch wurde im September Vergangenen Jahres hier hinterlegt und hat schon viele Einträge.

Auf den Umschlagsseiten hat Lieselotte Abel alte Zeitungsartikel, Angaben zur Historie und eine Erinnerung an den langjährigen Brunnenbetreuer „Hans“, der die Gästebücher tauschte und an Weihnachten 2017 letztmals und damals schon schwer erkrankt kurz vor seinem Tod noch einmal zum Brunnen ging, eingeklebt. Man verliert sich unweigerlich in den Einträgen, die zum Teil sehr lesenswert sind. Worte der Trauer und der Hoffnung finden sich hier, der ehemalige Nazibrunnen ist zum Ort der Einkehr geworden – nicht zuletzt wegen dem Engagement begeisterter Menschen wie Hans Abel und dessen Familie, die sein Werk weiterführt. Seine Internetseite mit Wandertouren „wandernmithans.de“ gibt weitere Infos.

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