Musik zwischen Krieg und Frieden

St Ingbert · Eine Uraufführung und ein Stück, das zwischen Krieg und Frieden angesiedelt und von der Sehnsucht nach Frieden erfüllt war: Am Ende gab es stehende Ovationen für die exzellenten Ausführenden eines ungewöhnlichen, sehr ernsten Konzerts in St. Hildegard.

 Anlässlich des 100. Jahrestages des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges wurden den Zuhörern in St. Hildegard zwei beeindruckende Werke, eins davon gar eine Uraufführung, geboten. Foto: Cornelia Jung

Anlässlich des 100. Jahrestages des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges wurden den Zuhörern in St. Hildegard zwei beeindruckende Werke, eins davon gar eine Uraufführung, geboten. Foto: Cornelia Jung

Foto: Cornelia Jung

. Schwere Kost könnte man meinen, wenn die Zeitungsüberschrift für ein beworbenes Konzert "Vertonte Schrecken der Kriege" lautet. Stand doch das jährliche Herbstkonzert der St. Ingberter Hildegardskirche am Samstag mit der Uraufführung von "À la mémoire" von Christian von Blohn und "The armed man" von Karl Jenkins ganz im Zeichen des Gedenkens an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren. Ein ernstes Thema sicher, aber in jedem Fall eins, das die Menschen berührt. So auch die zahlreich in die Kirche gekommenen Zuhörer, unter ihnen Schirmherr Clemens Lindemann und ein Mitarbeiter des französischen Generalkonsulats im Saarland, der den Generalkonsul und zweiten Schirmherrn, Frédéric Joureau, vertrat. Er überbrachte dessen Grußworte und betonte, dass ihm die Völkerverständigung ganz besonders am Herzen liege. In diesem Zusammenhang wurde auf die Bedeutung des Elysee-Vertrages hingewiesen und wie wichtig das Zusammenstehen der Länder in Zeiten ist, in denen an den europäischen Außengrenzen kriegerische Auseinandersetzungen stattfinden. Landrat Lindemann erinnerte daran, mit welcher Begeisterung Zeitzeugenaussagen zufolge die Männer damals in den Krieg zogen. Diese wich später einer gewissen Zurückhaltung und schlug angesichts der Opfer und der Länge des Krieges, in blankes Entsetzen um.

Aus seiner Sicht könne man deshalb die deutsch-französische Aussöhnung gar nicht hoch genug bewerten. "Sie werden heute die Vertonung großartiger, gigantischer und außergewöhnlicher Texte hören", sagte Lindemann zu Beginn des Konzerts. Dass die deutsch-französische Freundschaft, ganz besonders im Saarland, gelebt wird, bewiesen zahlreiche Franzosen unter den Gästen des Konzerts.

Den Auftakt des Abends bildete die Uraufführung des auskomponierten Friedensgebets von Christian von Blohn, das sich der dreiteiligen Agnus-Dei-Form bedient. Jeder Ausrufung war als Prolog eine Gedichtstrophe von Else Lasker-Schüler vorangestellt, die Steffen Kohl auf der Kanzel den Solistinnen Angela Lösch und Eva Leonardy sowie dem Chor (Chor und Singschule der Hildegardskirche, Collegium Vocale Blieskastel) auf der Empore entgegenstellte. In expressionistischem Sprachduktus wurden die Schrecken des Krieges nachvollziehbar, von Chor und Orgel gleichsam musikalisch unterstrichen. Mit der Bitte um Frieden endete das kurze Werk. Beeindruckend, kraftvoll und anspruchsvoll für den Chor - und trotzdem kam der Applaus nur zögerlich, was dem ernsten Thema geschuldet sein könnte.

Nachdem das Instrumentalensemble, das aus Mitgliedern des Orchesters des Saarländischen Staatstheaters bestand, im Altarraum Platz genommen und der Chor ebenfalls hier Position bezogen hatte, bekamen die Zuhörer das als Friedensmesse untertitelte Werk vom "bewaffneten Mann" von Jenkins geboten. Der Komponist ließ sich von den Schrecken des Kosovo-Krieges am Anfang dieses Jahrtausends leiten und verbindet auf beeindruckende Weise das christliche Messordinarium mit Texten aus verschiedenen Kulturen und Religionen. Hier waren ein französisches Chanson des 15. Jahrhunderts genauso vertreten wie ein islamischer Gebetsruf oder Ausschnitte aus einem indischen Volksepos. Trommelwirbel imitierten marschierende Soldaten, Violine und Violoncello brachten zarte Töne wie ein sprießendes Pflänzchen hervor.

Melodien zwischen Krieg, Hoffnung und Sehnsucht nach Frieden. Für den Chor war es sicherlich eines der anspruchsvollsten Stücke. Die Ausführung beeindruckte so sehr, dass Solisten, Chor und Orchester Standing Ovations erhielten und sogar Pfiffe der Begeisterung. Man wünschte sich nach diesem Hörgenuss, dass Kriege immer nur musikalisch ausgefochten werden sollten.

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