Das Museum in Pachten Der Vicus Contiomagus im Mittelpunkt

DILLINGEN · Das Museum Pachten zeigt Vor- und Früh- geschichte. Darunter sind Funde aus dem ehemaligen Kastell Dillingen-Pachten.

 Das Museum Pachten liegt inmitten des früheren römischen Kastells, zeigt Gertrud Schmidt am Lageplan. Schmidt ist 1. Vorsitzende des Fördervereins, Hans-Walter Plewka ihr Stellvertreter.

Das Museum Pachten liegt inmitten des früheren römischen Kastells, zeigt Gertrud Schmidt am Lageplan. Schmidt ist 1. Vorsitzende des Fördervereins, Hans-Walter Plewka ihr Stellvertreter.

Foto: Axel Künkeler

Seit 1990 gibt es in einem alten Bauernhaus im Stadtteil Pachten das Museum für Vor- und Frühgeschichte im Kreis Saarlouis. Auf zwei Etagen werden Original-Exponate aus vier Jahrtausenden gezeigt.

Begonnen hat alles im Mai 1987. Der damalige Dillinger Beigeordnete Lothar Grund und die Mit-Initiatoren Hans Becker, Josef Groß und Helmut Plewka hatten ins Pachtener Gasthaus Hauch-Knopp (bekannt als „Knopp’ s Frieda“) eingeladen. Die Gründung eines Fördervereins Museum Pachten stand auf der Tagesordnung, um die Schaffung eines Museums im ältesten Dillinger Stadtteil vorzubereiten.

Die Stadt kaufte ein altes Bauernhaus der 1890er Jahre in der Fischergass’, wie die Pähter sagen. Die Struktur des alten Hauses mit Wohntrakt, Küche und dem Wirtschaftsflügel mit Scheune und Ställen konnte erhalten werden, es blieb trotz „massiver Umbauarbeiten zeitlos schön“, wie die heutige Vorsitzende des Fördervereins, Gertrud Schmidt mit berechtigtem Stolz erzählt.

Nach der Renovierung übergab die Stadt das Haus dem Förderverein, verbunden mit der der Verpflichtung, dort ein Museum zu betreiben. Drei Jahre nach der Vereinsgründung war es dann soweit: Zur 2000-Jahr-Feier der Stadt im Jahr 1990 wurde das „Museum Pachten“ offiziell eröffnet. Zur Eröffnung gab es eine Sonderausstellung „Kelten. Römer. Germanen.“ mit Beigaben aus dem Fürstinnengrab Reinheim als Höhepunkt.

Durch weitere Absprachen der Stadt Dillingen mit dem Kreis Saarlouis und dem Land wurde das Museum Pachten zum Museum für Vor- und Frühgeschichte im Kreis Saarlouis. Bis ins Jahr 2002 hinein erfolgten weitere Umbauten. So wurden im ehemaligen Wirtschaftstrakt ein Gräberraum geschaffen und in der alten Scheune Ausstellungs- und Versammlungsräume eingerichtet. Schmidt schätzt, dass insgesamt „fast eine Million Euro“ ins Gebäude investiert wurde. Finanziert durch die Stadt Dillingen, Zuschüsse des Landkreises sowie aus diversen Fördertöpfen, etwa der Toto-Gesellschaft des Landes.

Das Land und die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz stellen zudem die Original-Exponate im Museum zur Verfügung. Die ältesten Stücke stammen aber aus Privatbesitz: Die Funde aus der Fossiliensammlung von Wolfgang Kremer reichen bis in Trias und Karbon sowie die Jura-Kreidezeit (vor 360 bis 210 Millionen Jahren) zurück. Zu sehen sind Dornenkeile und „Lebacher Eier“ (Toneisensteingeoden), Oberschenkelteile eines Mammuts und der Schädel eines Auerochsen.

„Schon lange vor den Römern siedelten hier Menschen“, dokumentiert Schmidt mit Funden aus der keltischen Zeit, Grabbeigaben und Handwerkszeug sowie dem Modell der keltischen Befestigungsanlage „Birg“ bei Limbach. Die Römer bleiben jedoch Schwerpunkt im Museum, betont die Fördervereins-Vorsitzende, die selbst auch Führungen macht. Schließlich war hier im Raum Pachten das römische „Vicus Contiomagus“ angesiedelt, ein Marktflecken am Zusammenfluss von Saar, Prims und Nied. Zahlreiche Funde aus der dorfähnlichen Siedlung wie Werkzeuge aus der Landwirtschaft, Pflugscharen, Äxte und Beile sind dokumentiert.

Ausgestellt werden etwa Saugflaschen für Babys, kleine Tierfiguren als Kinder-Spielzeug oder Alltagswaren, Keramik, Grabbeigaben oder medizinische Instrumente. Gezeigt werden der Wohlstand der damaligen Bevölkerung sowie die Versorgung ihrer Häuser mit Licht und Wasser. Zu sehen sind Lageplan und Modell der spätrömischen Kastellanlage von Contiomagus-Pachten, nach der erstmals 1891 gegraben und deren Grundriss 1935 entdeckt wurde.

Funde aus der fränkischen Zeit der Merowinger (7. Jh. nach Chr.) und ein Gräberraum, der neben drei römischen Brandgräbern eine fränkische Körper-Doppelbestattung zeigt, runden das museale Angebot ab. Zu besichtigen sind zudem Modelle des Kastells, eines gallo-römischen Umgangstempels sowie der Pachtener Kirche St. Maximin, die von dem 2002 mit 98 Jahren verstorbenen Gründungsmitglied Hans Becker stammen. Die Galerie über den Ställen der ehemaligen Tenne wird zudem für wechselnde Ausstellungen genutzt. Aktuell, noch bis Ende November, wird dort die Ausstellung „Flora und Fauna“ mit Fotos von Hans-Peter Mathey gezeigt.

Der Dillinger gehört dem Foto-Club 78 Saar an, der im Museum seinen Sitz hat und ebenso wie die Geschichtswerkstatt hier seine regelmäßigen Treffen durchführt. Der Förderverein Museum Pachten, der derzeit 114 Mitglieder zählt, betreibt das Museum. Der Eintritt ist frei, außer den wenigen Beiträgen werden kaum Einnahmen erzielt. Die Stadt Dillingen zahlt daher einen jährlichen Betriebskostenzuschuss in Höhe von 16 200 Euro. Die laufenden Kosten sind schließlich nicht zu unterschätzen, da etwa wegen der Exponate durchgehend geheizt werden muss.

Ohne das ehrenamtliche Engagement von Gertrud Schmidt oder Hans-Walter Plewka („die gute Seele des Fördervereins“), der fast täglich vor Ort ist, wäre die Einrichtung kaum zu halten. Die beiden sind von Anfang an engagiert und führen den Förderverein seit 2010 als erste und zweite Vorsitzende. In den nächsten Jahren soll das Museum „Schritt für Schritt“ weiter modernisiert werden, um es für Besucher attraktiv zu halten. Vor allem Schulklassen sowie fachlich interessierte Einzelpersonen oder Gruppen registriert das Museum. Mit 32 000 Besuchern seit der Eröffnung zählt das Museum Pachten eher zu den Geheim-Tipps. Einen Besuch lohnt es allemal.

Serie Museen im Saarland: Die Saarbrücker Zeitung stellt wöchentlich ein Museum aus der Region vor. Folgende Beiträge sind erschienen:
Teil 1: Interview mit Meinrad Maria Grewenig, Generaldirektor Weltkulturerbe Völklinger Hütte und Präsident Saarländischer Museumsverband (6. Juni)
Teil 2: Saarland-Museum und Moderne Galerie (13. Juni)
Teil 3: Ludwig-Galerie Saarlouis (20. Juni)
Teil 4: St. Wendeler Museum im Mia-Münster-Haus (27. Juni)
Teil 5: Uhrenmuseum Köllerbach (4. Juli)
Teil 6: Historisches Museum Saarbrücken (11. Juli)
Teil 7: Römermuseum Schwarzenacker (18. Juli)
Teil 8: Saarland-Museum für Vor- und Frühgeschichte (25. Juli)
Teil 9: Zeitungsmuseum Wadgassen (1. August)
Teil 10: Altenkirch-Museum Rubenheim (8. August)
Teil 11: Die Römische Villa Borg (15. August)
Teil 12: Jean-Lurçat-Museum Eppelborn (22. August)
Teil 13: Keramikmuseum Mettlach (29. August)
Teil 14: Museum für Mode und Tracht Nohfelden (5. September)
Teil 15: Theulegium Tholey (12. September)
Teil 16: Glasmuseum Ludweiler (19. September)
Teil 17: Städtisches Museum Saarlouis (26. September)
Teil 18: Der Europäische Kulturpark Reinheim/Bliesbruck (2./3./4. Oktober)
Teil 19: Erlebnisbergwerk Velsen (10./11. Oktober)
Teil 20: Stadtmuseum Wadern (17. Oktober)
Teil 21: Saarländisches Schulmuseum Ottweiler (24. Oktober)
Teil 22: Schlossmuseum Saarbrücken (31. Oktober)
Teil 23: Kulturzentrum Goldener Engel in Baumholder (7. November)
Teil 24: Museum für Vor- und Frühgeschichte im Kreis Saarlouis in Pachten (15. November)

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