Mit einem Schraubstock ins Seniorenzentrum

St Ingbert · Der 81-jährige Willi Fischer hat sich neben einem Schraubstock unter anderem auch ein Gamsfell mitgenommen. Er hat einen Hang zur individuellen Zimmer-Dekoration. Seine Art der Einrichtung ist im Seniorenheim selten.

 Willi Fischer im Altenzentrum St. Barbara. Foto: Thomas Brunner

Willi Fischer im Altenzentrum St. Barbara. Foto: Thomas Brunner

Foto: Thomas Brunner

. In einer Schlosserwerkstatt mag man einen Schraubstock erwarten, im Zimmer eines Seniorenheim-Bewohners tut man das für gewöhnlich nicht. Im Caritas-Seniorenzentrum St. Barbara in St. Ingbert stößt man aber sehr wohl auf eine solche Vorrichtung. Im Fall des 81-jährigen Willi Fischers zählt ein kleiner grauer Schraubstock zur Zimmer-Ausstattung, der ehemalige Modellbauer und Gießerei-Betreiber hat ihn als Erinnerung ans Berufsleben von zuhause mitgebracht.

Fischer, seit einem Schlaganfall vor sechs Jahren, nicht mehr ganz so mobil und behände, ist ein durchaus kauziger Charakter, ausgestopfte Tiere und ein an die Wand gespanntes Gamsfell weisen auf einen ausgeprägten Hang zur individuellen Zimmer-Dekoration hin. Die Verwaltung des Seniorenheims betont durchaus die Möglichkeit zur eigenständigen Einrichtung eines Zimmers. Zentrumsleiter Paul Lösch zufolge beschränken sich die allermeisten Bewohner dabei aber auf wenige ausgesuchte Möbel von daheim und auf Bilder. "Dass jemand wirklich fast jeden Zentimeter nutzt, um persönliche Dinge aufzuhängen und aufzustellen, ist selten. Insofern haben wir es bei Willi Fischer schon mit einer besonderen Individualität zu tun", so Lösch. Ein ausgestopfter Iltis und zwei Meter weiter ein Uhu sind in Fischers Zimmer die augenfälligsten Dekorationsgegenstände, an der Wand gegenüber hängt auch eine ganz große Kuckucksuhr. Der heilige St. Florian auf dem Tisch ist kein Beleg dafür, dass sich Willi Fischer in jüngeren Jahren bei der Feuerwehr gewesen wäre, vielmehr steht der Bronzeguss in Bezug zu der kleinen Gießerei, die der Senior einst betrieben hat. "Ich hatte einen großen Freundeskreis", erzählt er im Sessel sitzend, die Deko hier im Zimmer bestehe meist aus Geburtstagsgeschenken. "Oder es sind Stücke vom Flohmarkt."

Es sei ihm wichtig, dass er sich im Caritas-Seniorenzentrum "ein Stück Zuhause" habe bewahren können. Dass ein Jesus-Kreuz über dem Bett hängt, mag als Hinweis darauf gelten, dass Willi Fischer mal Pastor werden wollte, die Wechselfälle des Lebens haben ihn aber einen anderen Weg einschlagen lassen. "Ich bin schon seit 36 Jahren geschieden", erzählt der alte Mann, er habe zwei Kinder, seine "Ahnengalerie" hängt unmittelbar neben der Kuckucksuhr. Seit dem Schlaganfall damals sei er doch sehr eingeschränkt, deshalb hätten auch die alte Olympia-Schreibmaschine, die Stempel und Stempelkissen reinen Erinnerungswert. Im Caritas-Altenzentrum St. Barbara fühle er sich gut aufgehoben und betreut, allzu sehr beteiligen würde er sich am Beschäftigungsprogramm aber nicht. "Ich bin e bisje annersch", meint Willi Fischer verschmitzt, er bevorzuge nach einem bewegten Leben jetzt seine Ruhe.

Und die könne er inmitten vertrauter Gegenstände nunmal am besten genießen. Zu diesen Gegenständen zählt auch ein Zierteller über dem Nachttisch mit der Aufschrift: "Ohne Wein und Liebe, ist das Leben trübe."

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