Mit der Feder für die Demokratie

Niedergailbach. Der Ehrengast des deutsch-kabylischen Freundschaftsvereins, der algerische Schriftsteller Boualem Sansal, betrat durch den Seiteneingang gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Vereins, Ahmed Amrioui, die Halle in Niedergailbach. Applaus brandet auf

 Der Friedenspreisträger Boualem Sansal (2. von rechts) im Gespräch (von links) mit der Dolmetscherin Isabelle Rebmann, dem Gersheimer Bürgermeister Alexander Rubeck, dem Vorsitzenden des deutsch-kabylischen Freundschaftsvereins, Ahmed Amrioui, und dem Niedergailbacher Ortsvorsteher Otmar Gros bei der Veranstaltung in der Niedergailbacher Gemeinschaftshalle. Foto: Wolfgang Degott

Der Friedenspreisträger Boualem Sansal (2. von rechts) im Gespräch (von links) mit der Dolmetscherin Isabelle Rebmann, dem Gersheimer Bürgermeister Alexander Rubeck, dem Vorsitzenden des deutsch-kabylischen Freundschaftsvereins, Ahmed Amrioui, und dem Niedergailbacher Ortsvorsteher Otmar Gros bei der Veranstaltung in der Niedergailbacher Gemeinschaftshalle. Foto: Wolfgang Degott

Niedergailbach. Der Ehrengast des deutsch-kabylischen Freundschaftsvereins, der algerische Schriftsteller Boualem Sansal, betrat durch den Seiteneingang gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Vereins, Ahmed Amrioui, die Halle in Niedergailbach. Applaus brandet auf. Überrascht, etwas scheu, aber mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen genießt der aktuelle Friedenspreisträger des deutschen Buchhandels den warmen Empfang. Gersheims Bürgermeister Alexander Rubeck zeigte sich stolz auf den prominenten Besucher, hat Sansal mit vielen Veröffentlichungen und durch persönlichen Einsatz beispielhaften Mut bewiesen, sich für Demokratie und Menschenrechte in seiner kabylischen Heimat eingesetzt.

Leuchturm gegen Resignation

Lyazid Abid, Minister für internationale Beziehungen der Übergangsregierung der Kabylei (GPK), bezeichnet den Literaten neben seinen Landsmännern, den Schriftstellern Albert Camus, Kateb Yacine und Mouloud Mammeri, als einen Leuchtturm, der es erlaube, gegen das Resignieren anzukämpfen. Seine Texte würden den Geist und die Herzen durchdringen, "um dort die Botschaft der Hoffnung und des Friedens zu verankern". An jedem Tag werde die Botschaft Sansals trotz Zensur durch ihre eigene Wahrheit verbreitet und verstärkt. Er erinnerte an die Rede bei der Preisverleihung in der Frankfurter Paulskirche, als Sansal erwähnte, dass er das Schreiben gewählt habe. "Und ich habe recht, es zu tun, die Diktaturen fallen wie Fliegen um." Mit ruhiger Stimme, bedachten Worten, einem leisen feinen Beobachter gleich, begann Sansal seinen Vortrag, der unter dem Titel stand "Die Zukunft der Kabylei in einem arabischen Algerien". Übersetzt wurde aus dem Französischen von Isabelle Rebmann aus Herbitzheim. Die vielen Zuhörer lauschten gebannt seinen Worten. Zeitweise hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Die arabische Welt sei in Bewegung, Kämpfe würden gegen die Diktatoren und für Völker geführt, die auf der Suche nach ihrer Identität seien. Sansal wurde selbst war in einem kleinen Dorf in den Bergen von Oran geboren, verbrachte seine Heimat im heutigen Tissemsilt, wo er 1999, als er noch Regierungsbeamter im algerischen Industrieministeriums war, sein Erstwerk "Der Schwur der Barbaren" veröffentlichte. Es folgten weitere Romane, unter anderem das "Persönliche und politische Tagebuch, Algerien, 40 Jahre danach".

Kündigung nach Kritik

Nach der Veröffentlichung, die Kritik an den algerischen Zuständen beinhaltete, wurde ihm gekündigt. In seinem sechsten Roman "Das Dorf des Deutschen" ging es sowohl um die Beteiligung eines früheren deutschen Nazis an der Ausbildung der Befreiungsbewegung "Front de Libération Nationale" (FLN) im algerischen Unabhängigkeitskrieg als auch um die Auswirkungen des Bürgerkrieges der 1990er Jahre auf ein Dorf. Das kabylische Volk habe sich stets darum bemüht und nie nachgelassen, für Demokratie und das freie Denken zu kämpfen. Man wolle das mit gewaltlosen Mitteln erreichen, statt zu kämpfen wolle man argumentieren. Sansal sprach sich für eine autonome Kabylei innerhalb Algeriens aus, keinesfalls von separatistischen Bestrebungen. ott

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