Konzert in der JVA St. Ingbert Ein musikalischer Kurzurlaub im Süden

St. Ingbert · Im St. Ingberter Knast war wieder Besuchszeit. Lobo Guerrero und „Les Etiennes“ brachten in Musik verpackte Gefühle in das ehemalige Gefängnis in der Alten Bahnhofstraße.

 Den ersten Teil des „Knast-Konzertes“ im Hof der ehemaligen St. Ingberter Justizvollzugsanstalt bestritten Lobo Guerrero (links) und Martin Gonzalez mit feuriger andalusischer Musik und afro-latino Rhythmen.

Den ersten Teil des „Knast-Konzertes“ im Hof der ehemaligen St. Ingberter Justizvollzugsanstalt bestritten Lobo Guerrero (links) und Martin Gonzalez mit feuriger andalusischer Musik und afro-latino Rhythmen.

Foto: Cornelia Jung

Erneut hieß es für einige St. Ingberter wieder „Ab in den Knast“. Denn im ehemaligen Gefängnis in „Middletown-City“ fand das sechste der beliebten Konzerte in dieser Reihe statt. Musikalische Gäste des Stadtmarketing waren diesmal Lobo Guerrero und „Les Etiennes“. Das Metier des in der St. Ingberter Nachbarstadt Blieskastel lebenden Lobo ist der Flamenco gepaart mit afro-latino Rhythmen, darunter bekannte Melodien, aber auch Eigenkompositionen. Begleitet wurde er von seinem Freund Martin Gonzalez aus Sevilla, der den Gitarrenklängen zusätzlich eine Stimme beigab. Ein Glück für alle im Knast anwesenden Musikliebhaber war es, dass Gitarrist Lobo mit der stimmlichen Verstärkung des Freundes seine andalusischen und lateinamerikanischen Wurzeln zum Klingen brachte. Lebensfroh und sonnig kamen die feurigen rhythmusbetonten Melodien im Gefängnishof bei schwindendem Sonnenschein an.

Die Melodien, die laut Moderator Wolfgang Blatt direkt „vom Ohr ins Herz“ gehen, verfehlten ihre Wirkung nicht. Es ging in den Liedern, denen immer ein inhaltlicher Einstieg von Martin Gonzalez voranging, um entflammte Liebe, Liebe im Verborgenen oder auch im Vergangenen. Eben um Gefühle. „Wir singen mit der Seele, nicht mit der Stimme“, ließen die beiden Musiker denn auch wissen. Mit dieser Musik konnte sich der in der Heimat gebliebene, reiselustige Konzertgänger in ferne Gefilde träumen, dorthin, wo das Meer an den Strand treckt oder hinter den majestätischen Bergen die Sonne untergeht.

Die „Knastbesucher“ machten es sich so gemütlich, wie es die Situation mit Abstand zuließ. Mit Kissen (eins war ein sichtbares Souvenir aus dem italienischen Verona) und Picknicktaschen und -körben ausgerüstet, die zum Teil ebenfalls mit Bildern aus südlichen Ländern verziert waren, träumte man sich beim Open Air-Konzert in andere Gefilde. Tapas, spanischer Wein, Pizza und Salat hatte so mancher im Gepäck. Das scharfe Topping lieferten die beiden Männer mit ihrer gefühlsbetonten Musik. Und da fiel beim Flamenco selbst das Fehlen der Castagnetten nicht auf, denn Martin Gonzalez lieferte den Beweis, dass auch Hände durchaus als hervorragende Rhythmusinstrumente dienen können.

Und die typische Handbewegung der Flamencotänzerin in ihrem ausladenden mitschwingenden Kleid, die man sich an dem Abend allerdings nur vorstellen konnte, hatte er auch drauf. „Ich hoffe, es war genug gut für Sie“, sagte Lobo mit einem kleinen Akzent am Ende des ersten Teils an die Zuhörer gewandt. Die fanden es so gut, dass sie sich noch Zugaben einforderten. „Ich dachte, es kommen heute 15 Leute oder so. Ihr seid ja so zahlreich hier. Aber die nächste Gruppe kommt um 20 Uhr und da wir in Deutschland sind, sind wir pünktlich“, verwies Gonzalez auf die nächste Gruppe, die bereits in den Startlöchern stand.

Für „Les Etiennes“ solle laut Moderator der französische Wein, Käse und Baguette ausgepackt und genossen werden. Er machte es vor und mit den Chansons aus dem Nachbarland wurde der kleine musikalische Kurztrip noch verlängert. Blatt kündigte ein Programm der drei Stefans (Jenal, Reuther und Paul) an, das von „A wie Aznavour bis Z wie ZAZ“ reichen würde. Doch der Sänger von „Den Stefans“ musste nachbessern: „In der Ankündigung wurde leicht übertrieben. Heute spielen wir nur von A wie Adamo bis Z wie aZnavour.“ Hauptsache war sowieso die Leidenschaft, mit der aus der einfachen Aneinanderreihung von Noten eine Performance wurde, von der man nicht genug bekommen konnte.

Und als Wolfgang Blatt um 21 Uhr theatralisch den Schluss verkündete und sich den gespielten „Unmut“ der Besucher zuzuziehen drohte, konnte er diese mit dem Hinweis auf das Wortspiel Ein-Schluss besänftigen, indem er mitteilte, dass die Jungs auf der Bühne so lange spielen dürften, wie sie wollen. Hier mussten diese allerdings nach einigen weiteren Titeln passen: „So Leute, alles, was wir geprobt haben, haben wir auch gespielt. Wenn ihr jetzt noch was hören wollt, wird es experimentell.“ Bevor es jedoch dazu kommen konnte, löste sich die Reisegruppe auf und zerstob in alle Himmelsrichtungen. Nicht, weil es nicht gefiel, sondern weil jeder (musikalische) Kurzurlaub auch mal zu Ende ist.

In dieser Woche spielt am Donnerstag, 20. August, um 19 Uhr „Hugos Corner“ an gleicher Stelle. Und weil die St. Ingberter von der „Knastmusik“ ganz offenbar nicht genug bekommen können, wird die Konzertreihe in die Verlängerung gehen - am Donnerstag, 27. August, gibt es dann noch ein Zusatzkonzert mit dem Robby Jost-Duo.

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