Literaturforum St. Ingbert Literarische Soiree zu Theodor Fontane

St. Ingbert · Das St. Ingberter Literaturforum erinnerte in der Stadtbücherei an den 200. Geburtstag des großen Autors.

 Beim Fontane-Abend in der Stadtbücherei (von links): Albrecht Ochs, Ursula Ochs-Steinfeld, Professor Gerhard Sauder und Jürgen Bost.

Beim Fontane-Abend in der Stadtbücherei (von links): Albrecht Ochs, Ursula Ochs-Steinfeld, Professor Gerhard Sauder und Jürgen Bost.

Foto: Sonja Colling-Bost

(red) Immer wieder mussten neue Stühle herangeschafft werden, so groß war der Zustrom der Literaturbegeisterten, als das St. Ingberter Literaturforum (ILF) eine Lesung aus Werken von Theodor Fontane veranstaltete. Ursula Ochs-Steinfeld, Albrecht Ochs, Professor Gerhard Sauder und Jürgen Bost erinnerten mit ihren Vorträgen in der Stadtbücherei St. Ingbert an den 200. Geburtstag des großen Autors.

Professor Gerhard Sauder führte in Leben und Werk Theodor Fontanes ein und präsentierte den über 130 Zuhörern eine vielseitige „Kultfigur“, deren breit gestreutes und facettenreiches Schaffen auf Preußen fokussiert war und deren politisches Denken sich angesichts der Verhältnisse im Kaiserreich radikal wandelte. Der spätberufene Romancier lernte sein Handwerk im Journalismus und entwickelte sich vom vielseitigen, zunächst jedoch eher regionalen märkischen und preußischen Schriftsteller vor allem in seinem letzten Lebensjahrzehnt zu einem wahrhaft großen Dichter.

Dann war es an Ursula Ochs-Steinfeld und Albrecht Ochs, Balladen und Lyrik zu präsentieren. Fontanes „John Maynard“ oder „Archibald Douglas“, „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ oder „Gorm Grymme“ erzählen in packender Art und Weise von unheimlichen und spannenden Ereignissen, großem Geschehen und kleinen Helden des Alltags und ziehen auch heute noch jedes Auditorium in ihren Bann, vor allem, wenn sie mit ihrem kraftvollen, nachdrücklichen Klang so einfühlsam interpretiert werden. Ein Besucher vermerkte, dass diese Texte dank Ursula Ochs-Steinfelds großartiger Sprechkunst wie gerade erst neu erfunden klangen. Doch es existiert noch ein anderer Fontane-Ton: stille, reflexive, im besten Sinne alltagstaugliche Gedichte und Lebensweisheiten, die immer noch viel zu wenig bekannt sind.

Im letzten Programmteil führte Jürgen Bost, unterstützt durch Leseproben, die vom Ehepaar Ochs vorgetragen wurden, in die Berliner Romane des Autors ein und widmete sich vor allem Fontanes unübertroffener Technik der Gesprächs- und Dialogführung. Diese Werke stellen als Romane der wahrhaft „guten Gesellschaft“ im Berlin der Gründerzeit den vielleicht bedeutendsten deutschen Beitrag zum europäischen Roman seiner Zeit dar und zeichnen Lebensgefühl und Gedankenwelt der Figuren seismografisch exakt auf. Fontanes Texte erzählen mit hoher emotionaler Wirkung bewegende menschliche Erlebnisse und Erfahrungen. Im Mittelpunkt stehen oft Frauengestalten, deren Lebenschancen und Entfaltungsmöglichkeiten von rigiden Normen und Strukturen radikal beschnitten werden.

Zum Abschluss des Abends dankte ILF-Sprecher Jürgen Bost dem Auditorium für seine hohe Aufmerksamkeit und seinen Mitstreitern für das abwechslungsreiche Zusammenspiel. Er kündigte zugleich die kommenden Literturabende an: In Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung findet am Montag, 9. März, unter dem Titel „Jazz und Poesie“ eine musikalisch umrahmte Lesung statt. Michael G. Fritz stellt mit „Auffliegende Papageien“ einen fesselnden Gegenwartsroman vor. Im Rahmen des Saarländischen Literaturfestivals „erLESEN!“ präsentiert die Hobbyköchin und Autorin Doris Müller am Mittwoch, 25. März, ihren im Röhrig Universitätsverlag erschienenen Titel „einfach lecker saarländisch“ , worin traditionelle saarländische Gerichte neu interpretiert werden.

Professor Gerhard Sauder formulierte im Gästebuch der St. Ingberter Stadtbücherei dann auch sein persönliches Resümee des Abends: „Theodor Fontane würde sich gefreut haben, dass zu seinem 200. Geburtstag so viele Freunde seiner Dichtung gekommen sind.“

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