Liberale machen sich für Ganztagsschule stark

St Ingbert · Wer sein Kind bis in die Nachmittagsstunden in der Schule lassen möchte oder muss, kann in St. Ingbert bislang auf die Freiwillige Ganztagsschule zurückgreifen. Das reicht nicht, sagt die FDP. Ihr Bildungssprecher sieht Qualitätsmängel.

Eine Gebundene Ganztagsschule, also verpflichtendes schulisches und außerschulisches Programm bis in den späten Nachmittag, fände in St. Ingbert sehr wohl breitere Zustimmung - wenn dafür entsprechend geworben und sensibilisiert würde. Mit dieser These greift die FDP in die Debatte ein. Der Bildungsausschuss des Stadtrates hatte im Februar und jüngst Mitte November das Thema auf der Tagesordnung. Die Familien-Partei hatte vergangenen Winter den Antrag gestellt, ein solches Bildungsangebot in die Mittelstadt zu bringen. Der Ausschuss war und ist dafür. Aber Grundschul-Rektoren haben in der November-Sitzung darauf verwiesen, dass die Nachfrage nicht entsprechend sei. Das Bildungsministerium fordert zudem für einen Standort zwei Klassen pro Stufe. Im Ausschuss wurde das offenbar geringe Interesse begründet mit den familiären Strukturen in St. Ingbert und der Zufriedenheit mit der FGTS, der Freiwilligen Ganztagsschule. Also keine Chance für das Konzept? Hans-Werner Hartmann, bildungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, sieht das ganz anders: "Der Behauptung, dass es weitgehend intakte soziale und familiäre Strukturen in der Mittelstadt und eine hohe Qualität in der vorhandenen Freiwilligen Ganztagsschule gebe, möchte ich aus meiner 27-jährigen Erfahrung in der Nachmittagsbetreuung widersprechen." Hartmann ist Geschäftsführer eines Bildungsträgers, der 1996 an der Mühlwaldschule einen Modellversuch mit Nachmittagsbetreuung eingerichtet hatte. Schon damals habe es eine große Nachfrage gegeben unter Alleinerziehenden und Familien, in denen beide Elternteile arbeiten. Das sei heute sicher nicht anders.

Der Liberale verweist zudem auf die jüngste Pisa-Studie: "Länder, die bei der Pisa-Studie weit besser abschnitten, setzen ihre Schüler zur Mittagszeit nicht einfach vor die Tür. Ganztagsangebote und gute Noten korrelieren - dieser Zusammenhang ist bei der internationalen Schulvergleichsstudie durchaus auffällig." Zudem zeige eine repräsentative Umfrage des Allensbach-Instituts, dass die Mehrheit der Eltern Ganztagsschulen als Entlastung empfänden und ihre Kinder so gezielter gefördert würden. Die verpflichtende Ganztagsschule bietet Hartmann zufolge eine bessere Qualität als das freiwillige Nachmittagsangebot: "Es gibt einen Stundenplan, der den Bedürfnissen der Schüler besser angepasst werden kann, eine klare Struktur, qualifiziertes pädagogisches Personal und vieles mehr. Und nicht überwiegend Mitarbeiter, die in Wochenendseminaren von diversen gemeinnützigen Trägern eine Befähigung für die Kindererziehung erworben haben."

Das sind forsche Worte. Hatte die Stadt doch unter dem Dach der VHS 2008/2009 die Nachmittagsbetreuung zusammengeführt, die zuvor in der Hand verschiedener Träger war. VHS-Chefin Marika Flierl hatte mehrfach betont, mit der FGTS wolle man vom Bildungsministerium geforderte Qualitätsstandards für alle St. Ingberter Schüler einführen. Neben den Zweifeln an der pädagogischen Qualität der FGTS sieht FPD-Bildungssprecher Hartmann einen weiteren Punkt, der seiner Meinung nach für die Gebundene Ganztagsschule spricht: Das Angebot wäre im Gegensatz zur FGTS kostenlos.

Die FDP-Stadtratsfraktion erwartet eine Aufwertung des Schulstandortes St. Ingbert mit einer solchen Schule. Die Stadt müsse natürlich etwas Geld in die Hand nehmen, um an einem zentralen Standort die Voraussetzungen für die Einrichtung zu schaffen.

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