Lars Eidinger kommt zum Festival Perspectives Ein Star mit „explosiver Mischung“

Saarbrücken · Ein Gastspiel des Groß-Schauspielers Lars Eidinger und ein Chanson-Programm, das es in sich hat: Viel Neues bei den Perspectives.

 „Soll mir lieber Goya den Schlaf rauben als irgendein Arschloch“ heißt das Stück von Rodrigo  García, mit dem Schauspiel-Star Lars Eidinger am 7. Juni zu den Perspectives kommt. Die Produktion hatte an der Berliner Schaubühne Premiere.

„Soll mir lieber Goya den Schlaf rauben als irgendein Arschloch“ heißt das Stück von Rodrigo  García, mit dem Schauspiel-Star Lars Eidinger am 7. Juni zu den Perspectives kommt. Die Produktion hatte an der Berliner Schaubühne Premiere.

Foto: Heiko Schäfer

Da hat er den Musikern ein bisschen die Schau gestohlen – und musste dafür nicht mal selbst anwesend sein. Eigentlich nämlich sollte es bei der Pressekonferenz des Festivals Perspectives gestern Morgen um das Musik- und Clubprogramm des Festivals gehen. Aber dann reichte Festival-Chefin Sylvie Hamard noch ein Schauspiel-Bonbon nach, das allein schon wegen seines Hauptdarstellers für kurzes Innehalten bei Theaterfreunden sorgt: Lars Eidinger, das Theater-Urviech, der geniale Film-Schauspieler auch, wird am 7. Juni im Saarbrücker E-Werk mit dem Solo-Stück von Rodrigo García „Soll mir lieber Goya den Schlaf rauben als irgendein Arschloch“ gastieren.

García hat das Stück für die Berliner Schaubühne selbst inszeniert. Der 60-minütige Parforce-Ritt, in dem Eidinger einen Familienvater im Ausnahmezustand spielt, könnte ein Höhepunkt der Perspectives werden, die vom 6. bis 15. Juni stattfinden.

Dass es dazu kommt, verdanken wir einem Ereignis, das man keinem Festival-Team wünscht: Drei Tage vor der großen Pressekonferenz, auf der vor vier Wochen das Hauptprogramm des Festivals vorgestellt wurde, sagte eine große Produktion ab, die im E-Werk geplant war. Das Stück (eine Inszenierung von Michel Houellebecqs „Elementarteilchen“) war als Doppel-Gastspiel mit Moskau geplant. Dann sprang Moskau ab. Und Festivalchefin Sylvie Hamard musste in kürzester Zeit auf Ersatz-Suche gehen.

Da traf es sich gut, dass sie seit Jahren enge Beziehungen zur Berliner Schaubühne pflegt. Und dort gerade Lars Eidinger spielt. „Eine explosive Mischung“ sei das Aufeinandertreffen Eidinger-García, sagt Hamard. Denn der Autor ist einer, der auch gern provoziert. „Vor seinen Vorstellungen gibt es immer wieder Demonstrationen“, erzählte sie bei der PK.

Noch weitere neue Produktionen wurden hier verkündet. So wird das Festival an den Ort zurückkehren, wo es vor über 40 Jahren schon einmal war: In der St. Arnualer Kettenfabrik wird als Deutschlandpremiere eine Tanz-Performance des Duos Delgado Fuchs gezeigt. In „Nirvana“ sieht man zwei „sehr schöne Körper“ (Hamard), die sich in von Eiskunstlauf und anderen ästhetischen Sportarten inspirierten Posen finden – um dann das Ganze mit Stellungen aus dem „Kamasutra“ zu brechen. „Ich musste jedes Mal lachen, es ist sehr schön und lustig“, sagt die Festivalchefin.

Und die eher leicht bekleideten Tänzer werden glücklicherweise in der Kettenfabrik nicht so frieren müssen, wie es noch vor 40 Jahren dort der Fall gewesen wäre. Als die Perspectives dort seinerzeit nämlich das erste Mal gastierten (der Monolog eines Bäckers ist vielen Festival-Fans unvergessen), war die Kettenfabrik noch eine zugige Ruine. Heute ist sie, dank der Kultur-Initiative Kettenfabrik, deren Sprecher Klaus Kühn ebenfalls zur PK gekommen war, ein angenehmer Theaterraum mit etwa 80 Plätzen. Dreimal, am 8., 9. und 10. Juni, ist „Nirvana“ hier zu sehen.

Zusätzlich zum bisher bekannten Festival-Programm gibt es außerdem ein Zirkus-Stück „Materia“ von Andrea Salustri in der alten Feuerwache am 10. Juni. Ein Work in Progress mit viel Styropor und anschließender Diskussion mit dem Netzwerk Circus next.

Neu im Programm ist außerdem ein Freiluft-Angebot im Deutsch-Französischen Garten: Am 15. Juni, 14 und 16.30 Uhr, gibt es Theater ohne Worte, aber mit viel Akrobatik mit der Gruppe La Contrebande.

Nach soviel Theater und Zirkus war dann doch noch das eigentliche Thema der Pressekonferenz dran: das Musikprogramm der Perspectives. Denn das, was im Festivalclub beim Sektor Heimat am Osthafen auf die Bühne kommt, kann sich ja auch mehr als sehen lassen. Ein eigenes Festival im Festival ist das fast schon. „Wer wissen will, was heute im Chanson in Frankreich in der Pop-Musik läuft, muss zu den Perspectives“, lobte denn auch Gerd Heger, der „Monsieur Chanson“ des Saarländischen Rundfunks das Konzertprogramm, das das Festival-Team ausgewählt hat.

Zwei in der französischen Musikwelt ziemlich glänzende Sterne sind Grand Blanc (15 Juni) und La Maison Teller (14. Juni). Grand Blanc sind mit ihrem sehr eigenwilligen Electro-Pop gerade auf dem aufsteigenden Ast. La Maison Teller waren vor neun Jahren schon mal bei Perspectives – „das war richtig gut“, erinnert sich Hamard. Seither gehören sie zu den Gruppen, die in Frankreich überall zu hören sind.

Richtig gute, aber noch unbekanntere Gruppen sind auch im Programm. Am 7. Juni spielt Ernest eine sehr fantasievolle und abwechslungsreiche Mischung aus ein bisschen Rock, ein bisschen Folk und etwas Chanson. Am 8. Juni ist die Gruppe Camp Claude mit ziemlich dynamischem Poprock im Festivalclub zu hören. Und Potochkine, die am 9. Juni gastieren, bringen einen sehr eigenen Elektro-Synthie-Pop mit französischen Texten.

Tradition bei Perspectives hat auch die Zusammenarbeit mit dem SR. Im Rahmen des Festivals gibt es stets ein „RendezVous Chanson live“, ein Konzert im Rahmen der SR2-Chanson-Sendung, die Gerd Heger seit Jahren dienstags um 21 Uhr präsentiert. Ausgewählt fürs Konzert 2019 beim SR hat er Léopoldine HH.

Die junge Sängerin hätte allein schon wegen ihrer Familienbande zum Festival gehört. Denn ihr Vater Jean-Marie Hummel und ihre Mutter Lieselotte Hamm gehören zu den Urgesteinen der elsässischen Musikszene um den legendären Roger Siffer. Und Jean-Marie Hummel war vor gut 25 Jahren sogar mal Co-Moderator einer Live-Radio-Sendung der Perspectives.

Aber Léopoldine kann auch für sich alleine stehen. „Es gibt nichts Besseres, wenn man heutiges Chanson hören will“, versicherte Heger bei der PK. Traditionelle Chanson-Freunde werden nicht verschreckt, aber altbacken ist das, was Léopoldine da macht, sicher nicht. Sondern ganz jung, so wie das Chanson heute eben auch ist.

 Auch wenn sie hier einen etwas betretenen Eindruck machen, tatsächlich haben Grand Blanc allen Grund zur Freude, die Karriere brummt.

Auch wenn sie hier einen etwas betretenen Eindruck machen, tatsächlich haben Grand Blanc allen Grund zur Freude, die Karriere brummt.

Foto: Boris Camaca
 Elektropop auf Französisch mit eigenem Stil macht das Duo Potochkine. Am 9. Juni gastieren die beiden im Festivalclub beim Sektor Heimat. Foto: Clément Puig

Elektropop auf Französisch mit eigenem Stil macht das Duo Potochkine. Am 9. Juni gastieren die beiden im Festivalclub beim Sektor Heimat. Foto: Clément Puig

Foto: Clément Puig
 Léopoldine macht munteres Chanson und kommt zum "RendezVous Chanson live". Foto: Calypso Baquey

Léopoldine macht munteres Chanson und kommt zum "RendezVous Chanson live". Foto: Calypso Baquey

Foto: Calypso Baquey
 Nirvana heißt das Tanzstück, mit dem das Duo Delgado Fuchs in die Kettenfabrik St. Arnual kommt.

Nirvana heißt das Tanzstück, mit dem das Duo Delgado Fuchs in die Kettenfabrik St. Arnual kommt.

Foto: Alex Yocu

Im Anschluss an die Clubkonzerte steigen im Sektor Heimat an den Wochenenden wieder lange Clubnächte bis zum Morgengrauen. Giovanni D’Arcangelo vom Sektor Heimat kündigte dafür Szene-Stars wie Radio Slave, La Fleur und Shake one an.

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