Land will der Stadt einen Geldhahn zudrehen

St. Ingbert · Das Land hat der Stadt St. Ingbert angedroht, aufgrund hoher Zuschüsse in der Vergangenheit bei Fördermitteln in der Zukunft knapsen zu wollen. SZ-Redakteur Michael Beer sprach mit OB Hans Wagner über die möglichen Konsequenzen.

 OB Hans Wagner muss damit rechnen, dass das Land der Stadt den finanziellen Saft abdreht. Foto: Oliver Bergmann

OB Hans Wagner muss damit rechnen, dass das Land der Stadt den finanziellen Saft abdreht. Foto: Oliver Bergmann

Foto: Oliver Bergmann

Ist die Stadt mit dem Schreiben des Innenministeriums jetzt in eine Zwickmühle geraten - ein Scheitern der Baumwollspinnerei hätte zu hohen Rückforderungen geführt, ein Gelingen bedeutet das Aus für andere Projekte?

Wagner: Ich bin hoch enttäuscht über dieses Schreiben. Man muss doch einmal Folgendes sehen: Die ersten Fördergelder für die Baumwollspinnerei sind 2007 genehmigt worden und sollten längst verausgabt sein. Wenn man die Gesamtsumme auf die Jahre bis 2014 verteilt, bleiben wenige 100 000 Euro jährlich und das für die fünftgrößte Stadt im Saarland. Andernorts werden ja auch hohe Bedarfszuweisungen zugestanden. Tholey zum Beispiel hat 1,2 Millionen Euro für ein neues Feuerwehrgerätehaus bekommen. Das Gerätehaus in Rohrbach müssen wir auch neu bauen, es entspricht seit Jahrzehnten nicht mehr den Anforderungen. Auf der anderen Seite habe ich immer gewarnt bei dem Projekt Kulturfabrik und habe es für bedenklich gehalten, so viel Geld in ein Projekt zu stecken. Dass es jetzt keine Bedarfszuwendungen mehr geben soll ist nicht fair und nicht gerecht gegenüber den St. Ingberter Bürgern.

Keine Bedarfszuweisungen mehr, aber eventuell Städtebau förderung - was heißt das im Klartext: Ist der Geldhahn jetzt zu oder nur noch halb offen?

Wagner: Es ist richtig, Mittel aus der Städtebauförderung bleiben uns erhalten. So gesehen ist der Geldhahn nicht ganz zu. Aber über die Bedarfszuwendungen kann der Minister/in frei entscheiden. Da gibt es keinerlei Regelungen. Natürlich entwickelt sich derzeit unter den Bürgermeistern auch die Diskussion, wie gerecht es bei diesen Zuweisungen zugeht. Ist es zum Beispiel sinnvoll, wenn Gersheim Geld für einen sechsten Rasenplatz bekommt? Da kommt eine unangenehme Diskussion auf das Land zu.

Im Schreiben des Ministeriums heißt es auch, die Stadt habe ein seitens des Landes gewünschtes Konzept über alle weiten Maßnahmen der Stadt nicht vorgelegt. Woran hat es gelegen?

Wagner: Es gibt Konzepte für die Baumwollspinnerei und den Mint-Campus, die dem Land vorliegen. Das sollte noch ergänzt werden. Da die Baumwollspinnerei so viel Zeit in Anspruch nimmt und auch noch andere wichtige Dinge von der zuständigen Abteilung zu leisten sind, war keine Zeit, ein solches Gesamtkonzept zu entwickeln. Das kann aber nicht der Grund sein, uns jetzt weitere Zuweisungen zu versagen. Die geplanten Projekte sind durchweg sinnvoll. Das erkennt auch jeder an. Wir waren zum Beispiel gerade unter anderem mit Herrn Linneweber (Präsident der Universität des Saarlandes , Red.) auf der Alten Schmelz. Es werden neue Räumlichkeiten für die Hochbegabtenförderung gesucht. Das würde prima in das Mint-Campus-Konzept passen. Wir sind mithin nach wie vor dabei, das Projekt weiterzuentwickeln.

Wie will die Stadt jetzt weitere große Vorhaben wie Mint-Campus oder den Gefängnis-Umbau umsetzen?

Wagner: Ohne finanzielle Förderungen durch das Landes macht es gar keinen Sinn, Projekte weiterzuentwickeln. Wenn wir Handschellen angelegt bekommen - im aktuellen Haushalt haben wir nur einen Spielraum für 1,2 Millionen Euro Kreditaufnahme, obwohl wir nicht wie andere Kommunen verschuldet sind - dann können wir selbst nicht das nötige Geld aufbringen. Das Land legt uns mit solchen Vorgaben lahm. Und das bei sinnvollen Projekten und obwohl wir eine Zuzugsgemeinde sind. Ich möchte dieses Thema mit dem Stadtrat diskutieren. Dann werden wir sehen, wie wir darauf reagieren.

Zum Thema:

HintergrundDie Stadtverwaltung hat ein Schreiben aus dem Innenministerium erhalten, das sich auf ein zurückliegendes Gespräch zwischen Oberbürgermeister Hans Wagner und Innenministerin Monika Bachmann bezieht. Das Thema dieser Unterredung: Finanzierung und Förderung zukünftiger Projekte in St. Ingbert. In dem Antwortschreiben an die Stadt erklärt das Ministerium, nach der hohen Förderung der Baumwollspinnerei in den kommenden Jahren keine weiteren Bedarfszuweisungen für andere Projekte wie ehemaliges Gefängnis oder Mint-Campus zu machen. Allenfalls Städtebauförderung sei möglich. mbe

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