Kritik an Eschenbaum-Äußerung

Blieskastel. Ein obligatorischer Tagesordnungspunkt einer jeder Stadtratssitzung ist zu Beginn der Punkt "Feststellung der Niederschrift" der vorangegangenen Sitzung. Meist ist dieser Punkt schnell abgehandelt, sind alle Ratsmitglieder einverstanden. Nicht so in der jüngsten Ratssitzung in Blieskastel (wir berichteten)

 Hannelore Eschenbaum (links) aus Böckweiler wurde am 27. September 2012 von Bürgermeisterin Annelie Faber-Wegener als nachrückendes Stadtrats-Mitglied verpflichtet. Foto: Fredi Brabänder

Hannelore Eschenbaum (links) aus Böckweiler wurde am 27. September 2012 von Bürgermeisterin Annelie Faber-Wegener als nachrückendes Stadtrats-Mitglied verpflichtet. Foto: Fredi Brabänder

Blieskastel. Ein obligatorischer Tagesordnungspunkt einer jeder Stadtratssitzung ist zu Beginn der Punkt "Feststellung der Niederschrift" der vorangegangenen Sitzung. Meist ist dieser Punkt schnell abgehandelt, sind alle Ratsmitglieder einverstanden. Nicht so in der jüngsten Ratssitzung in Blieskastel (wir berichteten). Der Grüne Martin Dauber meldete sich zu Wort, gab eine Stellungnahme zur Niederschrift der letzten Stadtratssitzung vom 8. November 2012 ab. "Ich habe sie mir angeschaut, weil ich meinen Ohren nicht getraut habe, als ich versucht habe, den Ausführungen der SPD-Stadträtin Frau Eschenbaum in der letzten Sitzung zu folgen. Die überlange Rede war ja nicht nur geprägt von unsachlichen Vorwürfen mit teils beleidigendem Charakter. Dort steht wirklich schwarz auf weiß folgender Satz geschrieben: ,Eine Konzentrationszone, die ein kleines Dorf ringsum einkesselt, es in einen Horizont von Windparks einpfercht, ist keine Konzentrationszone, sondern ein Konzentrationslager. Auch diese wurden in ideologischem Fanatismus errichtet.'". Wie berichtet, hatte Daubers Fraktionskollege Lukas Paltz direkt nach dieser Äußerung den Sitzungssaal verlassen.

Wie Dauber in der jüngsten Ratssitzung weiter erklärte, hätten sich SPD-Fraktionschef Achim Jesel und sein Stellvertreter Guido Freidinger vehement für ihre SPD-Fraktionskollegin eingesetzt und ihr die Redezeit von rund 35 Minuten der anderen Fraktionsmitglieder angeboten. "Im Ergebnis hörten wir einen peinlichen niveaufreien Redebeitrag, der einen Tiefpunkt in der Debattenkultur im Blieskasteler Stadtrat darstellt. Fraktionsvorsitzender Jesel und sein Stellvertreter Freidinger haben dies durch ihr mangelhaftes Urteilsvermögen erst möglich gemacht und somit zu verantworten. Wir erwarten von ihnen deshalb, dass sie sich für diesen Vorgang entschuldigen und dafür Sorge tragen, dass ihre Fraktionsmitglieder zukünftig nicht mehr mit ihrer Unterstützung die Arbeit dieses Gremiums mit unsäglichen Entgleisungen belasten", so Martin Dauber. Belastet worden sei auch das Anliegen der Böckweiler Windkraftgegner, "die in absolut respektabler Art und Weise sachlich für ihr Anliegen hier im Stadtrat eingetreten sind".

Wie berichtet, hatte der Stadtrat am 8. November mit Stimmenmehrheit von CDU und Grünen beschlossen, dass vorbehaltlich von Einsprüchen künftig im Raum Böckweiler/Breitfurt Windräder gebaut werden dürfen. Die endgültige Entscheidung steht allerdings noch aus. Hannelore Eschenbaum aus Böckweiler, die seit 27. September 2012 für die die SPD im Stadtrat sitzt, wies den Vorwurf des Grünen in der jüngsten Ratssitzung zurück, warf Dauber "lückenhafte Geschichtskenntnisse" vor. Sie verstehe unter Konzentrationslagern Sammellager, in denen Menschen eingesperrt würden. Diese habe es schon bei den Kolonialkriegen in den USA gegeben. Sie habe keineswegs einen Vergleich mit dem Dritten Reich ziehen wollen, Daubers Erklärung sei der "Gipfel der Beleidigung".

CDU-Fraktionschef Holger Schmitt hieb indes in die gleiche Kerbe wie sein Koalitionskollege Dauber. Schlimm sei, so Schmitt, dass der Vergleich von Wind-Konzentrationszone und Konzentrationslager "nicht im Affekt, sondern wohlüberlegt niedergeschrieben wurde. Die Fraktionsführung der SPD hätte diesen Vorgang im Vorfeld stoppen müssen. Solche Beiträge werden nie ohne das Wissen und Abstimmung der Fraktionsführung gehalten." SPD-Fraktionschef Jesel betonte, dass er die Rede der 68-jährigen Hannelore Eschenbaum im Vorfeld nicht gekannt habe. Er sprach von einem "überzogenen Vergleich", persönlich hätte er sich dazu "nicht hinreißen lassen". Man solle dem SPD-Neumitglied Eschenbaum den "Ausrutscher verzeihen", wofür auch FWG-Ratsmitglied Steffen Stein plädierte.

Meinung

Törichter Vergleich

Von SZ-Redakteur

Joachim Schickert

Nein, meine lieben SPD-Stadträte, da gibt es nichts misszuverstehen, und der Vergleich von Konzentrationszonen für Windenergie mit Konzentrationslagern ist auch nicht überzogen, sondern eine Geschmacklosigkeit und Entgleisung, die ihresgleichen weithin sucht. Die völlig unqualifizierte Äußerung der SPD-Stadträtin Hannelore Eschenbaum ist eine Katastrophe für jeden aufrechten Demokraten und Verächter von Gewaltherrschaft. Das Wort "Konzentrationslager" ist in Deutschland besetzt, jeder Geschichtsinteressierte verbindet mit dieser Vokabel Nazi-Deutschland unter der Herrschaft von Adolf Hitler. In den KZs haben Millionen von Menschen ihr Leben gelassen, wurden Männer, Frauen und Kinder barbarisch gequält, geschunden, ermordet. Dieses Wort in Zusammenhang mit Energiequellen zu nennen, die sauberen Strom liefern und letztlich zum Wohlstand in unserer Gesellschaft beitragen, ist nicht nachzuvollziehen - auch nicht im Hinblick auf eine emotionale Rede der Böckweilerin, die sich für ihren Heimatort engagiert. Kluge Köpfe in der SPD sollten ihrer Mitstreiterin vor Augen führen, dass sie im Stadtrat die Interessen aller Blieskasteler vertritt und der Rat ein demokratisch legitimiertes politisches Gremium ist, in dem man wenn nötig mit Leidenschaft, aber verantwortungsvoll sprechen muss. Wer das nicht will, sollte an den Stammtisch zurückkehren. Denn wenn dieser törichte Vergleich die künftige Oppositionsarbeit der SPD spiegelt, dann ist dies kein gutes Zeichen für eine konstruktive Zusammenarbeit im Blieskasteler Stadtrat.

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