Kosten der Kampagnen verschleiert?

St. Ingbert · Der Werbeetat St. Ingberts ist in den letzten Jahren massiv überzogen worden. Besonders im Kommunalwahlkampfjahr 2009 floss viel Geld an eine Werbeagentur. Diese machte neben der städtischen auch noch die CDU-Werbung. Wieder ein Fall für den Staatsanwalt.

 Alt-OB Georg Jung präsentierte seinerzeit die Kampage "Natürlich St. Ingbert". Heute stellt sich die Frage, ob bei Stadt- und Parteien-Werbung alles mit rechten Dingen zuging. Foto: SZ

Alt-OB Georg Jung präsentierte seinerzeit die Kampage "Natürlich St. Ingbert". Heute stellt sich die Frage, ob bei Stadt- und Parteien-Werbung alles mit rechten Dingen zuging. Foto: SZ

St. Ingbert. Neue Ungereimtheiten erschüttern das St. Ingberter Rathaus. Auf eine Anfrage der SZ zum Werbeetat der Stadt präsentierte die neue Verwaltungsspitze gestern eine Kostenexplosion von 2004 auf 2009 (siehe Grafik). Warum sich die Ausgaben von 2008 auf das Folgejahr mit 310 000 Euro (der Etat sieht 50 000 Euro vor) mehr als verdoppelt haben, wusste sich auch der neue OB Hans Wagner gestern nicht zu erklären. Noch erstaunlicher für ihn: Die Werbeagentur, die sowohl für den Auftritt des Mitteilungsblattes "Die Rundschau" verantwortlich war, als auch die Kampagne "Natürlich St. Ingbert" kreiert hatte, erhielt im Juli 2009 offensichtlich an einem einzigen Tag eine ganze Reihe Barschecks mit kleineren Summen, die sich der Kontrolle des Rates entzogen. Laut Wagner im Gesamtwert von 80 000 Euro.Staatsanwalt involviert

Besonders pikant: Die gleiche Agentur hatte seinerzeit die Wahlwerbekampagne der St. Ingberter CDU gemacht. In den Unterlagen tauchen städtische und politische Werbung im gleichen Leistungsverzeichnis auf, Entwürfe für Stadt und Partei stehen mit Querverweisen auf einem Papier. Wagner bekräftigte seinen Willen, alle undurchsichtigen Vorgänge im Rathaus aufzuklären. Die Staatsanwaltschaft sei bereits mit dem Fall beschäftigt.

Pressesprecher Peter Gaschott, in den vergangenen Jahren als "Produktverantwortlicher" Chef der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, gewährte einen Einblick in die Rathaus-Arbeit der jüngeren Vergangenheit und begründete, wieso es unter seiner Leitung zu einer solchen Situation kommen konnte. Er habe den damaligen OB Jung schriftlich am 15. Mai 2009 auf explodierende Kosten und die Unmöglichkeit einer genauerern Überprüfung hingewiesen. Nachdem dies ohne Resonanz geblieben sei, habe er sich geweigert, Rechnungen abzuzeichnen. In der Folge sei er nicht mehr eingebunden worden. Auch eine Mitarbeiterin seiner Abteilung habe sich wenig später geweigert, Rechnungen abzuzeichnen.

Hohe Zahlungen an Agentur

Im Wahljahr flossen nach Auskunft der Verwaltung 165 000 Euro an die besagte Werbefirma, in den vorangegangenen Jahren erhielt sie für ihre Bemühungen unterschiedliche Summen zwischen 7000 und knapp 75 000 Euro. Dass die Kostenexplosion mit dem neuen Rundschau-Layout, das damals entworfen wurde, zu erklären sei, sieht man im Rathaus kritisch. 2009 waren die Saarländer unter anderem zur Kommunalwahl aufgerufen. Einen Zusammenhang zwischen hohen städtischen Werbekosten und Partei-Werbung verneint CDU-Mann Jürgen Schmidt. Der Wirtschaftsförderer hatte den Wahlkampf mitorganisiert.Gestern betonte er auf Nachfrage: "Der Führung der CDU ist es in keiner Weise bekannt, dass Wahlkampfkosten über den städtischen Haushalt bezahlt worden wären." Er bestätigte, dass die Partei bei der Agentur ein Angebot eingeholt habe. Die Wahlwerbung sei keinesfalls günstig gewesen, die Abwicklung "korrekt" gelaufen.

Ein Anruf beim Geschäftsführer der Werbeagentur, heute mit Sitz in Kleinblittersdorf, brachte gestern wenig Erhellendes. Es handele sich um "interne Kenndaten", sagte er.

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