Kommunalpolitik im Schneckenhaus?
Politikverdrossenheit bekämpfen mit mehr Bürgerbeteiligung, das Ohr am Mund der Menschen haben, mehr Offenheit, mehr Ehrlichkeit: Das sind nur einige der wohl klingenden Parolen, mit denen Kommunalpolitiker aller Couleur in den Wochen vor den Wahlen am 25. Mai für sich und ihre Parteien geworben haben.
Von dem ein oder anderen Kandidaten dürfte so mancher Wähler schon jetzt, wenige Wochen nach dem Urnengang, enttäuscht sein. In St. Ingbert haben zwei frisch gebackene Stadtratsmitglieder bereits vor der ersten Sitzung so eben mal die Fraktion gewechselt. Sicher haben sie politische Gründe vorzubringen. Was aber sollen ihre Wähler davon halten? Wie viele von denen haben einer Parteiliste ihre Stimme gegeben und nicht der Einzelperson? Die dürften sich jetzt "verraten" fühlen. Wäre es nicht ehrlicher gewesen, das Mandat an einen Nachrücker zu übergeben, wenn man sich in einer Koalition nicht wohlfühlt?
Einen kleinen Beitrag zu mehr Bürgernähe sollten eigentlich auch unsere Seiten mit Fotos aller Stadtratsmitglieder in St. Ingbert und Blieskastel leisten. Diesen Anspruch werden sie leider nicht ganz erfüllen können. Es fehlen Kontaktdaten per Telefon und/oder E-Mail. Gar nicht mal so wenige Gewählte wollten das nicht. Heißt hier die Botschaft "Wähl mich, aber ruf oder schreib mich nicht an"? Der Verweis unserer Vertreter in den Kommunalparlamenten auf karge Sprechstunden der Fraktionen und die Öffentlichkeit der Sitzungen wird wenig helfen. Dazu müsste der überall festzustellende Trend zur nichtöffentlichen Beratung vieler Themen bis an die Grenzen des Kommunalrechtes umgekehrt werden. Denn wer ein öffentliches (Ehren)amt anstrebt, dürfte sich nicht nach der Wahl ins "Schneckenhaus" der Nichtöffentlichkeit zurückziehen.